Hannover Messe

Industrieschau in stürmischen Zeiten

Firmenchefs erscheinen persönliche Kontakte auf der Messe in Hannover jetzt besonders wichtig. Es gibt aber auch Unternehmen, die Fachmessen vorziehen.

Die weltweit wichtigste Industriemesse werde der Wirtschaft „wieder neue Impulse geben“ , ist man sich bei der Leitung der Hannover Messe sicher.

© Imago/Arnulf Hettrich

Die weltweit wichtigste Industriemesse werde der Wirtschaft „wieder neue Impulse geben“ , ist man sich bei der Leitung der Hannover Messe sicher.

Von Ulrich Schreyer

So mancher Mittelständler aus dem Südwesten ist schon seit Jahrzehnten dabei: „Bereits in den sechziger Jahren betrachtete mein Vater die Industriemesse in Hannover als Tor zur Welt“, erinnert sich Susanne Kunschert, Geschäftsführerin des Automatisierungs- und Sicherheitstechnik-Spezialisten Pilz aus Ostfildern.

Etwa 4000 Aussteller, darunter etwas mehr als 1200 aus Deutschland, werden dieses Jahr vom 31. März bis zum 4. April ihre Produkte präsentieren. Eine Prognose, wie viele Besucher kommen, macht die Messe nicht. „Das wäre ein Blick in die Glaskugel,“ meint eine Sprecherin. Die weltweit wichtigste Industriemesse werde der Wirtschaft aber „wieder neue Impulse geben“ – durchaus nötig angesichts der weltweiten politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten.

IHK: Perfekte Bühne

„Die Hannover Messe ist für die Unternehmen aus unserer Region ein wichtiger Schauplatz“, sagt Claus Paal, der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart. Die Industrieschau biete „die perfekte Bühne, um Innovationen zu zeigen und neue Märkte zu erschließen. Besonders wichtig könnte dies etwa „für Autozulieferer sein, die neue Kunden brauchen“.

Lapp: Blick nach Asien

Zu den 225 Unternehmen aus Baden-Württemberg, die in Hannover ausstellen, gehört auch der Kabelhersteller Lapp aus Stuttgart (5700 Mitarbeiter, 1,8 Milliarden Euro Umsatz). „Ja sicher“, meint Lapp-Chef Matthias Lapp auf die Frage, ob in schwierigen Zeiten eine Messe wie in Hannover besonders wichtig sei. Gerade jetzt gelte es, sich mit Geschäftspartnern persönlich zu treffen. Die Messe sei ein Highlight mit internationaler Bedeutung. „Vor allem in Asien sehen wir wichtige Wachstumsmärkte“. Auch mit Blick auf Kunden in China oder Indien meint Lapp, soziale Medien seien wichtig, „aber sie ersetzen nicht das persönliche Gespräch.“

Festo: Gerade jetzt persönliche Gespräch wichtig

„Die aktuellen geopolitischen Entwicklungen zeigen, wie wichtig stabile Wirtschaftsbeziehungen und vertrauensvolle Partnerschaften sind“, meint auch Thomas Böck, der Vorsitzende des Esslinger Automatisierungsspezialisten Festo (2023 rund 2,6 Milliarden Euro Umsatz, 20 600 Beschäftigte). „Gerade in Zeiten globaler Unsicherheiten bietet die Hannover Messe eine wertvolle Plattform, um den direkten Dialog mit den internationalen Partnern zu fördern“. Festo, dieses Jahr bereits zum 78. Mal in Hannover vertreten, will dort Innovationen vorführen – und direkte Rückmeldungen von den Besuchern am Stand erhalten.

Pilz: Ausstellung in der Wasserstoffwelt

Der Traditionsaussteller Pilz (Umsatz 2023 rund 430 Millionen Euro, 2500 Mitarbeiter) kommt zwar wieder nach Hannover, präsentiert sich dieses Jahr aber in einem anderen Umfeld: Statt in der Halle mit den Themen „Smart Manufacturing-Automation & Sensortechnik“ stellt Pilz diesmal im Themenbereich „Hydrogen + Fuel Cells Europe“ aus. Der Grund: Das Unternehmen mit seiner Erfahrung mit der Sicherheit in der industriellen Produktion will sein Wissen nun auch beim Umgang mit Wasserstoff unter Beweis stellen. „Wasserstoff ist für uns eine wichtige strategische Industrie“, sagt Susanne Kunschert.

Ziehl-Abegg: Messe kommt gerade richtig

„Wenn in manchen Regionen der Welt die Konjunktur lahmt, sind wir verstärkt auf der Suche nach neuen Anwendungen und Geschäftskontakten“, berichtet Joachim Ley. „Da kommt eine Hannover Messe gerade richtig“, meint der Vorstandsvorsitzende des Ventilatoren- und Elektromotorenherstellers Ziehl-Abegg aus Künzelsau (2024 rund 893 Millionen Euro Umsatz aktuell 5300 Mitarbeitende). Zudem könne eine solche Messe die Bekanntheit steigern – bei möglichen Kunden ebenso wie bei gesuchten Fachkräften. Diesen werden nicht nur Ventilatoren gezeigt – sie können bei E-Sport-Spielen erleben, dass eine Messe keine bierernste Veranstaltung sein muss.

EBM-Papst: Fort aus Hannover, Vorzug für Fachmessen

Anders als Ziehl-Abegg hat sich der traditionelle Aussteller EBM-Papst aus dem hohenlohischen Mulfingen (2,4 Milliarden Euro Umsatz, 14 000 Beschäftigte) dieses Jahr gegen Hannover entschieden. „Auf Fachmessen finden wir Kunden und machen Geschäfte“, meint ein Sprecher, „Hannover ist gut für das Image und die Kontaktpflege“. Aussteller, die die Reise an die Leine antreten, meiden Fachmessen keineswegs.

Schmalz: Diskussion über Messe-Zukunft

Ähnlich wie für EBM-Papst stehen auch für den Vakuumtechnikspezialisten Schmalz aus Glatten bei Freudenstadt (Umsatz etwa 280 Millionen Euro, 1800 Mitarbeiter) zumindest dieses Jahr Fachmessen im Vordergrund. „Diese werden derzeit sehr gut von Besuchern angenommen“, berichtet Geschäftsführer Kurt Schmalz. „Dort erreichen wir unsere branchenspezifischen Zielgruppen treffsicher“. Immerhin: Schmalz, bis zu diesem Jahr ebenfalls ein traditioneller Aussteller unter dem Hermesturm, gehört einer von der Messe ins Leben gerufenen Arbeitsgruppe an. Diese soll sich mit der Zukunft der Industrieschau beschäftigen. Eines sagt Schmalz schon jetzt: „Hannover wird sich auch in den nächsten Jahren als starke Plattform für die deutsche Messelandschaft behaupten“.

Die Weltmesse der Industrie

AusstellerAuch dieses Jahr werden wie schon 2024 rund 4000 Aussteller nach Hannover fahren. Das Partnerland, dem traditionell besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird, ist diesmal Kanada.

BesucherIm vergangenen Jahr kamen rund 130 000 Besucher auf die Messe. Eine Prognose für dieses Jahr gibt es nicht. Vor Jahren war die Besucherzahl noch weit höher. So kamen etwa 2014 rund 174 000 Besucher. Soziale Medien können nach Meinung der Aussteller aber persönliche Gespräche nicht ersetzen.

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Erstellt:
28. März 2025, 18:12 Uhr

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