Stromnetz kollabiert in Chile
Ist ein Blackout auch in Deutschland möglich?
Über Stunden ist in fast ganz Chile der Strom weg. Die Regierung reagiert mit einer Ausgangssperre und entsendet Soldaten. Nun scheint das Problem weitgehend behoben. Ist ein solcher Blackout auch in Deutschland denkbar? Und wären die Folgen?
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© AP/dpa/Matias Basualdo
Im Norden Chiles war eine Hochspannungsleitung unplanmäßig vom Netz gegangen, woraufhin weitere Leitungen im Land abgeschaltet worden mussten.
Von Markus Brauer/dpa
Nach stundenlangem Stromausfall in praktisch ganz Chile ist die Elektrizität weitgehend wieder hergestellt. Seit Mitternacht fließe der Strom für 90 Prozent der privaten Verbraucher wieder, hat die Aufsichtsbehörde für die Stromnetze in der Nacht zum Mittwoch (26. Februar) mitgeteilt.
Fast flächendeckender Stromausfall
Am Dienstagnachmittag (25. Februar) war demzufolge im Norden des Landes eine Hochspannungsleitung unplanmäßig vom Netz gegangen, woraufhin weitere Leitungen im Land abgeschaltet worden seien. Das löste einen fast flächendeckenden Blackout auf einem Gebiet mit einer Nord-Süd-Ausdehnung von gut 3000 Kilometern aus.
Betroffen waren 98 Prozent der Haushalte, also nahezu alle Einwohner des südamerikanischen Landes. Die Regierung verhängte für die Nacht eine Ausgangssperre und schickte 3000 Soldaten zur Verstärkung der Polizei auf die Straße, um zu verhindern, dass Verbrecher den Stromausfall nutzen könnten.
Blackout in Chile - was waren die Grüne?
In der Region Chico Norte sei eine Hochspannungsleitung unplanmäßig vom Netz gegangen, teilte die Aufsichtsbehörde für die Stromnetze mit. Daraufhin seien weitere Leitungen abgeschaltet worden, was zu dem massiven Stromausfall geführt habe. Nach den genauen Ursachen werde noch gesucht. „Es gibt keinen Grund zu glauben oder anzunehmen, dass ein Anschlag dahintersteckt“, erklärt Innenministerin Tohá.
„Das ist ein außergewöhnliches Ereignis, ein atypischer Systemausfall“, betont der Elektroingenieur Humberto Verdejo von der Universität von Santiago. „Aufgrund des Umfangs und der Komplexität dürfte es lange dauern, bis die Stromversorgung wieder hergestellt ist.“
Die U-Bahn in der Hauptstadt Santiago de Chile stellte den Betrieb ein. Das Verkehrsministerium warnte die Autofahrer im Großraum Santiago zur Vorsicht, da zahlreiche Ampeln ausfielen. „Es ist ein riesiges Problem, und wir versuchen, es so gut wie möglich zu lösen, aber wir können nicht zaubern“, erklärte Verkehrsminister Juan Carlos Muñoz.
Blackout in Deutschland - wie wahrscheinlich ist das?
Ein waschechter Blackout ist ein unkontrollierter, flächendeckender Zusammenbruch der Elektrizitätsversorgung. So etwas gilt in Deutschland als so gut wie ausgeschlossen.
Davon unterschieden werden Brownouts, wie das Umweltministerium erläutert, das in Baden-Württemberg auch für die Energiewirtschaft zuständig ist. Dann werde bei einem Engpass gezielt und mit zeitlichem Vorlauf für Verbraucher der Strom abgeschaltet, regional sowie zeitlich auf einige Stunden begrenzt.
Unkontrollierte, großflächige Stromausfälle halten weder die Politik noch die Energiewirtschaft oder die Bundesnetzagentur für realistisch. „Wenn überhaupt, dann könnte es zu einer kontrollierten, regional und zeitlich begrenzten Unterbrechung kommen“, heißt es vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).
Brownouts, die die Netze stabilisieren sollen, habe es aber auch in der Vergangenheit schon gegeben. „Technisch gesehen sind wir sehr gut vorbereitet.“
Die Bundesnetzagentur schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass es wirklich dazu kommen könnte, derzeit als sehr gering ein.
Blackout-Risiko und Versorgungssicherheit in Baden-Württemberg
Die Verantwortung für die lokale Stromversorgung obliegt in Baden-Württemberg der untersten kommunalen Ebene, wie eine Sprecherin des Innenministeriums erläutert. Jede Stadt, jede Gemeinde kümmert sich um sich selbst und trifft Vorkehrungen für einen größeren Stromausfall.
Im „Musternotfallplan Stromausfall“ des Karlsruher Regierungspräsidiums heißt es sinngemäß, dass bei flächendeckenden Stromausfällen nicht mit Nachbarschaftshilfe zu rechnen sei, „da alle verfügbaren Ressourcen im jeweiligen Bereich benötigt werden“.
Allerdings unterstützen übergeordnete Instanzen. So listet das Innenministerium im Handbuch „Krisenmanagement Stromausfall“ sehr detailliert auf, was etwa mit Blick auf Krankenhäuser, die Wasser- und Treibstoffversorgung oder Informations- und Kommunikationstechnik zu bedenken ist. Wiederum koordinieren manche Landkreise wie Heilbronn Vorbereitungen in den Kommunen. Ziel sei ein einheitliches Vorgehen.
Info: Wie informiert man sich bei einem Stromausfall?
Radio Wie man im Fall der Fälle reagieren sollte, ist auch eine Frage der Information: Etwa zu erfahren, ob der Stromausfall ein großes Gebiet umfasst und vielleicht lange anhalten könnte. Oder ob es nur ein paar Straßenzüge getroffen hat. Aber dafür braucht man ein Radio. „Wenn der Strom weg ist, dann sind die normalen Kommunikationsmittel weg. Das Mobilfunknetz kann relativ schnell zusammenbrechen», sagt Boris Michalowski, Katastrophenschützer im Landesdienst Berlin des Arbeiter-Samariter-Bundes. Der Router und der Fernseher zu Hause funktionieren nicht mehr. Sein Rat: Radio einschalten, darüber werden in solchen Notfällen von den Behörden Informationen verkündet.
Batteriebetrieben Wichtig ist natürlich, dass die Radios mit Batterien betrieben werden können. Der klassische Tipp für Notfälle sind Radios, die über eine Handkurbel aufgeladen werden. Das kann aber ganz schön mühsam sein. „30 Minuten kurbeln für eine 10-minütige Nachrichtensendung sind in den technischen Spezifikationen der Hersteller durchaus realistische Angaben“, berichtet Michael Fuhr vom Telekommunikationsportal teltarif.de.
Solarpanel Die Alternative mit Solarpanel braucht oft direkte Sonneneinstrahlung. Das kann an trüben Wintertagen schwierig werden. Fuhr rät daher zu Radios mit Batteriebetrieb oder USB-Ladebuchse, für die man entweder mehrere Sätze Ersatzbatterien zu Hause hat oder seine Powerbank regelmäßig auflädt.
Katastrophenschutz-Leuchttürme Boris Michalowski hat einen Extratipp: Finden Sie heraus, wo die so genannten Katastrophenschutz-Leuchttürme des Wohnortes sind. Dort bekommt man auch alle Informationen. Oder man findet Erste-Hilfe-Leistungen, wenn das nötig wird. Häufig handelt es sich bei diesen Leuchttürmen um die Rathäuser oder andere öffentliche Stellen, die über eine Notstromversorgung verfügen.