IG Metall Wolfsburg

Ist Porsche schuld an der Misere des VW-Konzerns?

Der Gewinn und die Rendite des VW-Konzerns sind in diesem Jahr eingebrochen. Die IG Metall Wolfsburg wehrt sich dagegen, dies der Kernmarke Volkswagen anzulasten. Sie macht eine eigene Rechnung auf, bei der Porsche und Audi nicht gut aussehen.

VW-Betriebsratschef Daniela Cavallo übt scharfe Kritik an den Sparforderungen des Vorstands. 

© dpa/Moritz Frankenberg/Sven Hoppe, imago/Arnulf Hettrich

VW-Betriebsratschef Daniela Cavallo übt scharfe Kritik an den Sparforderungen des Vorstands. 

Von Klaus Köster

In den ersten neun Monaten dieses Jahres erzielte der VW-Konzern 12,9 Milliarden Euro Gewinn – das klingt nach viel, solange man es nicht ins Verhältnis zum gigantischen Umsatz von 237 Milliarden setzt. Denn dann bleibt nur eine niedrigere Rendite von 5,4 Prozent übrig – ein Rückgang um 1,5 Prozentpunkte.

Besonders ungünstig sieht die Bilanz bei der Kernmarke Volkswagen Pkw aus, die zwar für jedes dritte verkaufte Auto des Gesamtkonzerns steht, beim Gewinn aber nur jeden zehnten Euro einspielt. Das spiegelt sich auch in der mickrigen Rendite von 2,1 Prozent wider, die nach Aussage von Konzernfinanzchef Arno Antlitz den „dringenden Bedarf von erheblichen Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen“ zeige.

Ausgerechnet die Kernmarke als Mühlstein, der das gesamte Unternehmen in die Tiefe zu ziehen droht? Diese Aussage will die IG Metall so nicht stehen lassen – jedenfalls nicht ihre Geschäftsstelle am VW-Konzernsitz in Wolfsburg. Sie macht eine ganz andere Rechnung auf. Der deutliche Rückgang gegenüber dem Vorjahr liege „vor allem an Audi, Porsche und an den Finanzdienstleistungen“, erklärt die Organisation ihren Mitgliedern. Um das zu untermauern, verweist sie auf die im offiziellen Zwischenbericht aufgeführten operativen Ergebnisse der einzelnen Markengruppen.

Bei Porsche sinkt Gewinn schneller als bei Volkswagen

Das Fahrzeuggeschäft des VW-Konzerns ist in drei Markengruppen aufgeteilt: Das Segment Core besteht aus der Kernmarke Volkswagen sowie aus Škoda, Seat, Cupra und den Volkswagen Nutzfahrzeugen. Zur Markengruppe Progressive gehören die Marken Audi, Bentley, Lamborghini und Ducati, während das Segment Sport Luxury allein aus dem Autogeschäft der Porsche AG besteht. Alle drei Markengruppen mussten seit Jahresanfang deutliche Einbußen hinnehmen. Am geringsten war in der Tat der Gewinnrückgang bei der Markengruppe Core, deren operatives Ergebnis um 494 Millionen Euro sank. Schlechter lief es bei der Kernmarke Volkswagen Pkw, die ein Minus von 785 Millionen Euro verzeichnete.

Allerdings ist selbst dieser Rückgang noch immer deutlich geringer als die fast vier Milliarden Euro, die die beiden anderen Markengruppen beim Gewinn einbüßten. Allein der Gewinnrückgang bei der aus Porsche bestehenden Gruppe Sport Luxury ist mit mehr als 1,4 Milliarden Euro fast doppelt so hoch wie der bei Volkswagen Pkw. Bei der Markengruppe Progressive, die um Audi angesiedelt ist, kommt im Jahresvergleich ein Minus von 2,5 Milliarden Euro hinzu. Somit stehen Sport Luxury und Progressive zusammen für ein Minus von vier Milliarden Euro, das mehr als fünfmal so groß ist wie der Rückgang bei Volkswagen Pkw und fast achtmal so hoch wie der bei der Markengruppe Core. Hinzu kommen etwa Rückgänge von 701 Millionen Euro aus dem Chinageschäft, das nicht auf die einzelnen Marken verteilt wird, und aus der Finanzsparte von 422 Millionen Euro.

Warum stellt die Wolfsburger IG Metall eine Rechnung auf, bei der die Schwestermarken so schlecht wegkommen? Darauf geben die Aussagen des Finanzchefs bei der Vorlage der Geschäftszahlen eine Antwort, die die Notwendigkeit von Einsparungen bei der Kernmarke betonen. Das Unternehmen hat den Arbeitnehmervertretern bereits einen Forderungskatalog vorgelegt, der milliardenschwere Einsparungen etwa bei den Löhnen vorsieht. Auch will sich das Unternehmen betriebsbedingte Kündigungen vorbehalten und hat den Jahrzehnte alten Beschäftigungssicherungsvertrag gekündigt.

Porsche hat die weitaus höhere Rendite

Für die Geschäftszahlen von VW gibt es verschiedene Lesarten – der Vergleich der Entwicklung der operativen Ergebnisse ist eine davon. Anders sieht es aus, wenn man diese zu den erzielten Umsätzen in Beziehung setzt und die Frage aufwirft, wie viele Cent pro eingenommenem Euro als Gewinn übrig bleiben. Die Kernmarke Volkswagen Pkw liegt mit zwei Cent pro Euro hart an der Verlustgrenze, was allerdings auch an Kosten für den Personalabbau liegt, die in der Größenordnung von knapp einem Cent pro Euro liegen dürften. Nimmt man das Massensegment mit dem Titel Core hinzu, steigt die Rendite auf 4,4 Prozent, beim Audi-Segment Progressive liegt sie bei 4,5 Prozent.

Ganz anders sieht es trotz Krise bei dem Porsche-Markensegment Sport Luxury aus – dieses kommt trotz eines beträchtlichen Rückgangs um mehr als vier Prozentpunkte noch immer auf 14,6 Prozent. Von einem umgesetzten Euro bleibt somit bei Porsche sieben Mal so viel in der Kasse wie bei der Marke Volkswagen. Ohne Porsche würde der Konzern somit deutlich schlechter dastehen.

Doch man kann die Zahlen auch anders betrachten – und die Sichtweise der Wolfsburger IG Metall zeigt, wie stark sich der massive Druck auch auf den Umgang zwischen Konzernmarken auswirken kann.

Analyst scheint Gewerkschaft rechtzugeben

Als Rückenwind sieht der Betriebsrat eine Analyse des US-Analysehauses Bernstein an, wonach die Ergebnisse keine weitere Munition für das Argument des Managements lieferten, dass die Belegschaft Opfer in Form von Kostensenkungen bringen müsse. Allerdings gibt der Bernstein-Analyst Stephen Reitman keineswegs Entwarnung – vielmehr hält er die Widerstände gegen das Sparprogramm für zu stark, als dass sich der Konzern dafür verkämpfen sollte. Die Sparpläne seien „mutig“ – und begrüßenswert.

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Erstellt:
12. November 2024, 16:42 Uhr

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