Jodtabletten stehen hoch im Kurs

Offenbar decken sich manche Leute mit den Präparaten ein, um im Falle einer atomaren Katastrophe gewappnet zu sein.

Symbolfoto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Symbolfoto: A. Becher

Von Bernhard Romanowski

Rems-Murr. Im Zuge des Ukrainekriegs kam es aus in den vergangenen Wochen zu einem Ansturm und teilweise zum Ausverkauf von Jodtabletten in den Apotheken. So zumindest schilderte es Landrat Richard Sigel am Montag den Kreispolitikern in einer Ausschusssitzung in Waiblingen.

Grund für den Ansturm auf das Medikament sei die Angst in der Bevölkerung vor einem atomaren Vorfall. „Aufgrund der Entfernung zur Ukraine ist eher nicht damit zu rechnen, dass bei uns eine Einnahme von Jodtabletten erforderlich ist. Es muss sich aber kein Bürger einen Vorrat an Jodtabletten anlegen“, betonte der Landrat hierzu. Der Rems-Murr-Kreis und seine Kommunen seien auf den Fall eines atomaren Vorfalls vorbereitet. Bereits 2021 wurden laut Kreischef ausreichend Jodtabletten an die Städte und Gemeinden verteilt. Sigel: „Diese stellen im Notfall die Ausgabe der Jodtabletten an die Bevölkerung sicher. Der Katastrophenschutz des Landes und des Landkreises informieren die Bevölkerung im Ereignisfall und treffen alle notwendigen Maßnahmen. Die Jodtabletten stehen Sigel zufolge landesweit und in ausreichender Anzahl zur Verfügung – die Kreisverwaltung nennt hier die Zahl 35 Millionen – und werden im Bedarfsfall an festgelegten Ausgabestellen in den Kommunen verteilt.

Ayse Yavuz hält die Hamsterkäufe für sinnlos und egoistisch

Dass tatsächlich eine enorm hohe Nachfrage nach den Jodtabletten besteht, bestätigt Ayse Yavuz als Filialleiterin der Easy-Apotheke in Backnang. „Wir haben kaum noch welche da. Wann wir wieder welche nachbekommen, ist derzeit nicht absehbar“, so Yavuz. Sie hält gar nichts davon, dass sich etliche Kunden jetzt damit eindecken. Yavuz: „Das ist nicht sinnvoll und zudem egoistisch jenen Leuten gegenüber, die auf die Medikamente angewiesen sind, wie etwa Schwangere oder andere Menschen.“ In der Backnanger Apotheke im Gesundheitszentrum sind die handelsüblichen Jodtabletten weiterhin erhältlich. „Es gab vor rund einer Woche eine starke Nachfrage. Das hat mittlerweile wieder nachgelassen“, teilt Thomas Förster mit. Offenbar hat sich herumgesprochen, dass die normal dosierten Jodtabletten etwa zur Behandlung von Schilddrüsenkrankheiten gar nicht den Effekt bringen können, den manche sich davon versprechen. „Da müsste man schon Hunderte von einnehmen“, so der Apotheker weiter. An die hoch dosierten Kaliumiodid-Tabletten komme man indessen nur schwierig heran, so Förster.

Katja Ganser kann in ihrer St.-Walterich-Apotheke am Marktplatz keinen Ansturm auf die Jodtabletten verzeichnen, wie sie auf Nachfrage berichtet. „Wenn jetzt Hamsterkäufe losgehen, wäre das Wahnsinn. Man muss doch an seine Mitmenschen denken“, entfährt es ihr spontan. Für eine echte akute Notlage durch einen Katastrophenfall seien entsprechende Vorkehrungen getroffen, um die Bevölkerung mit solchen Mitteln auszustatten, sagt Ganser und stützt damit die Aussage des Landrats. Von einer Kontingentierung, also einer mengenmäßig eingeschränkten Abgabe, wie sie im Falle einer Katastrophe angeordnet würde, könne derzeit überhaupt keine Rede sein. Auch Lieferengpässe, wie sie aktuell auch im pharmazeutischen Sektor zu beobachten sind, seien für Jodtabletten zurzeit nicht gegeben – anders als beispielsweise bei dem Wirkstoff Tamoxifen, der in der Therapie von Brustkrebs eingesetzt wird. „Das müssen wir gerade aus dem Ausland importieren, was normalerweise nicht möglich ist“, erklärt Ganser. Sie rät auch aus fachlicher Sicht davon ab, sich mit den Jodpräparaten zu bevorraten, wie sie es nennt. Ihr Tipp: „Ruhe bewahren und an die anderen Menschen denken.“

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Erstellt:
16. März 2022, 06:00 Uhr

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