Umbau der Konzernführung

Jünger, forscher, männlicher – Das ist der neue Mercedes-Vorstand

Von bisher drei Frauen im Führungsgremium des Stuttgarter Autoherstellers bleibt nach dem Umbau im kommenden Jahr nur eine übrig: Vertriebschefin Britta Seeger wird Personalvorständin. Was von ihr und den drei neuen Männern erwartet wird.

Drei Neubesetzungen und ein Wechsel: Britta Seeger (Zweite von links) wird bei Mercedes Personalvorständin, neu in die Führungsspitze kommen Mathias Geisen, Olaf Schick und Oliver Thöne (von links).

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Drei Neubesetzungen und ein Wechsel: Britta Seeger (Zweite von links) wird bei Mercedes Personalvorständin, neu in die Führungsspitze kommen Mathias Geisen, Olaf Schick und Oliver Thöne (von links).

Von Matthias Schmidt

Drei Neuzugänge und ein Ressortwechsel: Mercedes-Benz verjüngt im kommenden Jahr kräftig die Führungsriege des Stuttgarter Autokonzerns. Die bisherige Vertriebsvorständin Britta Seeger (55) wird danach als einzige Frau im Vorstand übrig bleiben – und sich einer Männerphalanx gegenüber sehen. Sie übernimmt das Personalressort, das in Zeiten des verstärkten Spardrucks weiter im Fokus stehen wird. Aber auch auf den anderen neu vergebenen Chefsesseln werden keine Ruhekissen bereitgelegt.

Als Jüngste eines Trios von Sechzigern im Vorstand verlässt die bisherige Personalchefin Sabine Kohleisen zu Ende April 2025 das Unternehmen. „Im Sinne des Unternehmens und um die Verjüngung des Vorstands zu beschleunigen“ lege die 60-Jährige ihr Mandat zum 30. April nieder, heißt es in einer Mitteilung von Mercedes. Dem Vernehmen nach hat man sich einvernehmlich geeinigt, den im kommenden Jahr auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern.

Britta Seeger wird Arbeitsdirektorin

Ihre Nachfolgerin Britta Seeger steht vor anspruchsvollen Aufgaben. Die Transformation der Autoindustrie schlägt sich in großen Veränderungen im Personalbereich nieder. Für die Produktion von Elektrofahrzeugen werden weniger Arbeitskräfte gebraucht, gleichzeitig steigt der Druck zu Kosteneinsparungen. Auch mögliche Produktionsverlagerungen an ausländische Standorte könnte es zu managen gelten. Dabei gilt es die Vorgaben und die Ansprüche des Betriebsrates auszutarieren. Tiefe Einblicke in die rechtlichen Fallstricke der Mitbestimmung hat Britta Seeger schon beim Umbau der Vertriebsorganisation bekommen: Der bevorstehende Verkauf der letzten konzerneigenen Autohäuser wurde nur durch weit reichende Zugeständnisse an die Beschäftigten möglich.

„Britta hat ihren Bereich sehr konsequent umgebaut, fit für die Zukunft gemacht und immer zuallererst an die Belange unserer Kundinnen und Kunden gedacht“, kommentiert Mercedes-Vorstandschef Ola Källenius den Wechsel. Er freue sich sehr, „auch künftig eng mit Britta zusammenarbeiten zu können“.

Mathias Geisen übernimmt den Vertrieb

An die Spitze des Vertriebs rückt zum 1. März 2025 der 46-jährige Mathias Geisen. Der Essener, der 1998 als dualer Student zu Daimler kam, hat in den vergangenen Jahren die Van-Sparte des Konzerns zu zweistelligen Umsatzrenditen geführt. Er wurde wie auch der künftige China-Chef Oliver Thöne schon seit einiger Zeit als potenzieller Kandidat für die höchste Führungsebene gehandelt. Beide gelten als Vertraute von Källenius und wurden gezielt von ihm gefördert.

Der Deutsch-Schwede an der Spitze des Unternehmens schätzt den Elan jüngerer Manager – einschließlich deren Bereitschaft zu offener Kritik auch an Beschlüssen von höchster Stelle. Sowohl Geisen wie Thöne wird nachgesagt, damit nicht gespart zu haben, wenn auch immer streng an der Sache orientiert und im Ton kontrolliert.

Geisen tritt unprätentiös auf und kann mühelos im Rap-Tempo über unterschiedlichste Geschäftsfelder referieren. Nach vielen Stationen – unter anderem im Vertrieb der G-Klasse und an verschiedenen US-Standorten – ist er tief im Konzern verankert. Besondere Nähe zu Källenius gewann er als Leiter der Strategieabteilung in einer Zeit, in der Luxusorientierung, Elektrifizierung und Digitalisierung in den Fokus gerückt wurden. Nun steht er mit dem von Britta Seeger begonnenen Umbau des Vertriebs, der Einführung des Agenturmodells und dem Ausbau der Online-Vermarktung samt dem Verkauf der Autohäuser vor neuen großen Aufgaben.

Oliver Thönes große Baustelle China

Der erst 40 Jahre alte Oliver Thöne übernimmt eine der größten Baustellen, die sich bei Mercedes zuletzt aufgetan haben. In China wurden im laufenden Geschäftsjahr zwei Grundpfeiler der strategischen Annahmen des Vorstands erschüttert. Erstens hat sich gezeigt, dass auch das Luxussegment nicht immun gegen konjunkturelle Krisen ist. Selbst die Gutbetuchten sparen vor dem Hintergrund der Immobilienkrise beim Kauf teurer Autos. Zweitens kommt der Markt für hochpreisige Elektroautos nicht in Fahrt. Er entwickelt sich vielmehr von unten, und dies unter großem Konkurrenzdruck durch die einheimischen Autohersteller wie dem Marktführer BYD.

Hubertus Troska (64), der das Chinageschäft in Grandseigneur-Manier aufgebaut und durch besonders ertragsstarke Jahre geführt hat, übergibt dem Nachfolger deshalb einen Markt, der in Teilen neu erobert werden muss. Thöne bringt dabei seine Erfahrung als erfolgreicher Produktverantwortlicher ein: Er leitete die Einführung der neuen S-Klasse, die in den Nach-Coronajahren höchst erfolgreich verlaufen ist.

Zuletzt sorgte Thöne als Leiter der Produktstrategie für einen Richtungswechsel, der sich aber erst in den Modellen der kommenden Jahre zeigen wird. Anders als das wenig nachgefragte elektrische Spitzenmodell EQS werden sich die Mercedes-Limousinen und SUVs der kommenden Jahre wieder stärker am Auftritt der erfolgreichen Verbrennermodelle orientieren, samt einer wuchtig gestalteten Fronthaube.

Olaf Schick kehrt zurück

Im Unternehmen gilt es als offenes Geheimnis, dass Renata Jungo Brüngger (63) den Weggang ihres Vertrauten Olaf Schick zu Continental 2023 stark bedauert hat. Der heute 52 Jahre alte Jurist aus Tübingen hatte bei der vergleichsweise geschmeidigen Bewältigung der Dieselaffäre eng an ihrer Seite gestanden. Nun kehrt er im Oktober 2025 als ihr Nachfolger im Vorstandsamt für Integrität, Governance und Nachhaltigkeit zurück.

Bis dahin hat er bei Conti noch gut zu tun. Neben dem Rechtsressort verantwortet Schick dort auch die Finanzen. Zu seinen Aufgaben gehört es, die Zulieferersparte vom Reifengeschäft abzuspalten und für den Börsengang vorzubereiten. „Die Vorbereitung des Spin-offs von Automotive und die Neugestaltung von Continental sind wegweisende Aufgaben, denen ich mich bis zu meinem Ausscheiden mit Freude und mit vollem Einsatz widmen werde“, sagt Schick. .

Auch er schöpft aus langjähriger Daimler- und Mercedes-Expertise. Von 2017 bis 2020 war er Chief Compliance Officer der Daimler AG, danach für Finanzen und Controlling des China-Geschäfts zuständig. Besondere Aufmerksamkeit wird voraussichtlich der Bereich Nachhaltigkeit beanspruchen, der für Jungo Brüngger eine Herzensangelegenheit war. Hier gilt es den selbstformulierten Anspruch von Mercedes, die verschärften Vorschriften und die wirtschaftlichen Zwänge auszubalancieren.

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Erstellt:
12. Dezember 2024, 10:02 Uhr

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