Jugendsprache
Jugendliche wählen „Aura“ zum Jugendwort des Jahres
Was esoterisch klingen mag, hat für junge Leute eine andere Bedeutung. Vor allem Sportlern wird in sozialen Medien oftmals eine „Aura“ zugeschrieben. Knapp dahinter landet ein kontroverser Begriff.
Von red/dpa
Jugendliche haben „Aura“ zum „Jugendwort des Jahres“ 2024 gekürt. Bei einer Abstimmung des Langenscheidt-Verlags lag „Aura“ auf dem ersten Platz unter den drei Top-Begriffen. Das Siegerwort, das eine besondere Ausstrahlung und das Charisma einer Person bezeichnet, wurde bei der 76. Frankfurter Buchmesse live verkündet. In der Jugendsprache wird der Begriff „Aura“ häufig auch scherzhaft genutzt.
„Aura“ als geflügeltes Wort im Sport
In sozialen Medien ist der Begriff besonders im Sport-Kontext verbreitet. So wird Sportlern oder Trainern eine Aura zugesprochen. Zum ersten Mal fand das Wort nach Angaben von Langenscheidt im Jahr 2020 seinen neuen Gebrauch: in einem Artikel der „New York Times“ über den niederländischen Fußballer Virgil van Dijk. Seitdem sei „Aura“ im Sport zu einem geflügelten Wort geworden.
In der Jugendsprache kommt auch eine negative Aura oder „Minusaura“ vor, etwa durch einen peinlichen Fehltritt. „Ich dachte, es gibt keine Stufe mehr und bin gestolpert – minus 50 Aura“, nennt Langenscheidt als ein scherzhaftes Beispiel.
Debatte um Wort auf zweitem Platz
„Aura“ landete den Angaben zufolge hauchdünn vor „Talahon“ auf dem ersten Platz. „Talahon“ ist abgeleitet vom arabischen „Tahal lahon“, übersetzt: „Komm her“. Der Begriff bezeichnet junge Männer, die gefälschte Luxusklamotten tragen und mit Bauchtasche, Trainingshose und Goldkette durch die Innenstadt laufen, um sich wichtig zu machen.
Gemeint sind oft auch junge Männer mit Migrationshintergrund. Der Begriff sorgte in diesem Jahr für Kontroversen und teils rassistische Diskussionen über Migration und Jugendkultur. Eingeordnet wird das Wort dabei zwischen Rassismus, Ressentiment und Selbstironie. „Verknallt in einen Talahon“ gilt zudem als erster KI-gemachte Song in den deutschen Charts.
Langenscheidt: Nicht eindeutig negativ besetzt
Der Verlag Langenscheidt sieht dagegen keine eindeutig negative Besetzung des Wortes und strich es daher nicht aus der Abstimmung. Die Begründung: Auch die angesprochene Gruppe selbst, junge Männer mit stereotypischer Optik, bezeichne sich scherzhaft so, ohne diskriminierende Bedeutung, hieß es.
Den dritten Platz belegt „Schere“: Die neue Bedeutung des Wortes oder „Schere heben“ stamme vom Online-Spielen und aus der Streaming-Szene. Damit gesteht man sich ein, einen Fehler gemacht zu haben oder eine Schuld auf sich zu nehmen. In diesen Fällen „hebt man die Schere“, um sich dazu zu bekennen und es zuzugeben.
Abstimmung durch Jugendliche statt Jury-Kür
Das „Jugendwort des Jahres“ gibt es seit 2008. Damals wurde „Gammelfleischparty“ als Synonym für eine Ü-30-Party gekürt. Im vergangenen Jahr hatte „goofy“ das Rennen gemacht. Es beschreibt eine tollpatschige, alberne Person oder Verhaltensweise.
Die Zahl der eingereichten Abstimmungen lag laut Verlag erneut im hohen sechsstelligen Bereich. Seit dem 30. Juli stimmten Jugendliche im Vorfeld in zwei Runden über ihr Lieblingswort ab. Zuvor hatte der Verlag Vorschläge gesammelt. In der letzten und entscheidenden Phase der Abstimmung stieg die Zahl der Einreichungen um elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Erst seit 2020 wählen Jugendliche zwischen 11 und 20 Jahren allein das Jugendwort des Jahres. In vorherigen Jahren hatte die Jury-Auswahl der Jugendwörter unter Jugendlichen oftmals für Verwunderung oder Amüsement gesorgt. Aufsehen erregte in den vergangenen Jahren „Tagesschau“-Sprecherin Susanne Daubner, die für die sozialen Netzwerke Beiträge über die jeweiligen „Jugendwort“-Anwärter machte.