Cuffing Season
Kalte Tage, heiße Gefühle: Warum der Winter die beste Zeit für eine Beziehung ist
Ein Partner für die kalte Jahreszeit – danach suchen Singles in der sogenannten Cuffing Season. Psychologin und Love Coach Stella Schultner erklärt, warum wir uns im Herbst und Winter besonders nach Nähe sehnen.
Von Annika Mayer
Die Tage werden kürzer, die Temperaturen sinken. Vorbei sind die langen Sommertage, an denen man auf Festivals gefeiert hat und viel mit Freunden unterwegs war. Im Herbst und Winter stehen die Zeichen auf Gemütlichkeit: Unter der Lieblingsdecke kuscheln, Filmabende, Familienfeste. Aktivitäten, für die man gerne jemanden an seiner Seite hätte. Viele Singles sehnen sich gerade in den kalten Tagen nach Nähe und Zweisamkeit und suchen deshalb verstärkt einen Partner.
Diese Zeit im Jahr bezeichnet man auch als „Cuffing Season“. Der Begriff stammt aus den USA. „Handcuffs“ bedeutet übersetzt „Handschellen“: Es geht darum, sich an jemanden für die kalte Jahreszeit zu binden, um gemeinsam zu überwintern. Ist das Frühjahr da, geht man in einer typischen Cuffing-Season-Beziehung wieder getrennte Wege. Aber es können auch langfristige Verbindungen entstehen. „Es gibt auch Paare, die aufgrund der Cuffing Season zusammenkommen und sich nicht zwangsläufig im Frühling trennen“, sagt die Psychologin und Love Coachin Stella Schultner.
Im Herbst und Winter fühlen sich viele einsamer
Dass wir uns in der kalten Jahreszeit nach einer Partnerschaft sehnen, hat verschiedene Gründe. „Die Sonne fehlt uns sehr und da gehen natürlich auch ein paar Glückshormone flöten“, erläutert Schultner. „Der Wunsch, diese zum Beispiel durch körperliche Nähe wiederzugewinnen, ist total verständlich.“ Gleichzeitig fühlen sich viele Menschen in dieser Zeit einsamer, weil sie mehr Zeit zu Hause verbringen. Gerade die Weihnachtszeit sei zudem stark emotional aufgeladen und romantisiert: Händchen halten im Schnee, Küssen unter dem Mistelzweig, mit dem Partner Schlittschuh laufen. „Der Wunsch, dem Stereotyp zu entsprechen, ist vermehrt da“, so die Psychologin. Und die Feiertage stehen vor der Tür – und damit auch unangenehme Fragen von Verwandten, warum man eigentlich noch Single ist. „Solche Familiengespräche können Druck auslösen“, sagt Schultner.
Die Cuffing Season kann für Singles eine Chance sein, Geborgenheit in der dunklen Jahreszeit zu finden. Aber eine Kurzzeitbeziehung für den Winter birgt auch emotionale Risiken. Man kann sich immer verlieben, selbst wenn der andere das „Ablaufdatum“ klar kommuniziert. Außerdem bestehe in der Cuffing Season die Gefahr, dass man seine Ansprüche an eine Partnerschaft zurückschraubt, sagt Schultner. Und wer in dieser Jahreszeit einen Partner sucht, hat generell ein höheres Risiko, in einer kurzzeitigen Beziehung oder einer Situationship, also einer lockeren, undefinierten Verbindung, zu landen – weil eben auch die Menschen auf Partnersuche sind, die sich nur über den Winter hinwegtrösten wollen.
Tipps für die Cuffing Season
Wer eine Beziehung in der Cuffing Season eingehen möchte, sollte ehrlich zu sich selbst sein, rät Schultner. „Man sollte sich fragen, warum man sich gerade diese Person sucht. Möchte ich meine Einsamkeit stillen oder geht es mir wirklich um den Menschen? Und kann ich mir vorstellen, dass das eine Beziehung wird, die über den Frühling hinausgeht?“ Mit Blick auf die andere Person sollte man beobachten, ob sie echtes Interesse zeigt. Ob sie am eigenen Leben teilhaben möchte oder Zukunftspläne macht. Daran merke man, ob es die andere Person ernst meint.
Und wie kommt man als Single gut durch die dunkle Jahreszeit? „Gerade wenn man dazu neigt, sich einsam zu fühlen, sollte man darauf achten, wer das eigene Supportsystem ist. Sind es meine Freunde, meine Familie, meine Geschwister?“, sagt Schultner. Sie rät, Termine auszumachen: Um gemeinsam Plätzchen zu backen, auf den Weihnachtsmarkt zu gehen oder für einen Spieleabend.