Kampf gegen einen populären Parasiten

Die Gemeinde Weissach im Tal hat Interessierte zum Aktionstag „Weissach im Tal mistelt aus“ eingeladen. Am „Ausmisteln“ selbst beteiligen sich vor allem Mitglieder der Obst- und Gartenbauvereine. Die kostenfrei abzugebenden Misteln sind anschließend aber sehr schnell vergriffen.

Auf einem gemeindeeigenen Grundstück werden Obstbäume bei der Aktion von Misteln befreit.  Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Auf einem gemeindeeigenen Grundstück werden Obstbäume bei der Aktion von Misteln befreit. Foto: Alexander Becher

Von Carmen Warstat

Weissach im Tal. Nicht von ungefähr hat die „Ausmistelaktion“ der Gemeinde Weissach im Tal vor dem ersten Adventswochenende stattgefunden. Denn zum einen sind die Streuobstbäume um diese Zeit – bis auf die Misteln – kahl genug, um die Parasiten auch sehen und herausschneiden zu können. Zum anderen finden Misteln in der Weihnachtszeit gerne Verwendung zum Schmücken von Haus und Hof. Und so ergibt sich ein doppelter Nutzen aus der Maßnahme, zu der die Gemeinde Freiwillige aus allen Ortsteilen eingeladen hatte.

Als Gemeindevertreterin empfing Beate Zieker mehr als 20 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, darunter Mitglieder der Obst- und Gartenbauvereine Cottenweiler und Oberweissach sowie vereinzelt auch Privatpersonen. Bei anfangs eisiger Kälte mussten die Männer und Frauen teils ziemlich weit ins gemeindliche Grundstück im Bruckenhau (etwa 2,6 Hektar) und zum Teil auch recht hoch hinauf auf die Bäume.

Gedacht war die Aktion als Einstieg in einen Aspekt der Streuobstwiesenpflege, der bisher etwas zu kurz kam. Die Laubholzmisteln breiten sich aus und stellen eine ernst zu nehmende Gefahr für die ohnehin rückläufigen Streuobstbestände dar. Als immergrüne Halbschmarotzer sind sie „Mitspeisende“, die ihren Wirt schädigen, indem sie ihm Nährstoffe entziehen. Die verheerenden Folgen, gerade für den Obstanbau, sind unübersehbar. Deshalb hofft die Gemeinde auf viele Nachahmer auf den Privatgrundstücken und beabsichtigt, ihre Aktion in Zukunft jährlich zu wiederholen.

Die Unterstützung des Freundeskreises Streuobstwiesen dürfte ihr sicher sein: Vereinsübergreifend wurden schon eine Reihe von Aktivitäten gestemmt, etwa auch zum Tag des Schwäbischen Waldes. Landfrauen-, Heimat- und Albverein sowie auch hier die Obst- und Gartenbauvereine Cottenweiler und Oberweissach, außerdem der Verein der Gartenfreunde Oberweissach/ Bruch sind regelmäßig im Boot, wenn es gilt, etwas im Sinne der Nachhaltigkeitsstrategie der Gemeinde zu unternehmen. Stolz ist man auf Baumpflanzaktionen mit Schulkindern, auf den Biotoperlebnisweg sowie den Biodiversitätspfad, der am Brühlweg beginnend die Jüngsten zu einer Schatzsuche mit modernsten Mitteln einlädt und sieben Schatzkisten verspricht. Auch ein Apfelpresstag im Oktober gehört nun schon im dritten Jahr dazu. Dabei können private Streuobstwiesenbesitzer im Bauhof Unterweissach ihren eigenen Saft pressen und sofort abfüllen lassen.

Am „Ausmisteltag“ selbst wurde natürlich auch gefachsimpelt und Know-how weitergegeben. Die Vorstände der Obst- und Gartenbauvereine (OGV) Günter Wolf (Oberweissach) und Daniel Österle (Cottenweiler) leisteten Aufklärungsarbeit und motivierten. Dies ist auch Anliegen von Wilhelm König, der Kassier im OGV Oberweissach sowie Gemeinderat ist und für die Vernetzung aller Beteiligten eintritt. „Schützen durch nützen“ nennt er eine Devise der Obstbaumpflege, und Günter Wolf, der die Funktion des Vereinsvorstands seit 38 Jahren bekleidet, übersetzt: „Trinkt Most!“ Von Nachwuchssorgen der Vereine war die Rede, vor allem davon, dass niemand mehr Verantwortung übernehmen möchte oder kann. Günter Wolf, der älteste Teilnehmer der Aktion „Weissach mistelt aus“, geht auf die 90 zu. Mit Teleskopstangensäge entfernte er etliche Schädlinge – auf die Bäume klettern müssten nun die Jüngeren.

Für die Helfer hatte die Gemeinde im Rathaus zum Abschluss ein Vesper vorbereitet. Eine Selbstverständlichkeit, fand Beate Zieker, die sich gemeinsam mit allen Beteiligten über den Erfolg der Aktion freute. Die geschnittenen Misteln wurden kostenlos abgegeben und waren so begehrt, dass am Ende nichts übrig blieb.

Die verheerenden Folgen,
gerade für den Obstanbau,
sind unübersehbar.

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Erstellt:
27. November 2023, 10:30 Uhr

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