Karla Spagerer mit 92 älteste Wahlfrau in Bundesversammlung

dpa Mannheim. Karla Spagerer (92), Zeitzeugin der Nazi-Zeit, ist stolz darauf, als ältestes Mitglied der Bundesversammlung bei der Wahl des Bundespräsidenten dabei zu sein. Als die SPD ihr die frohe Kunde überbracht habe, sei sie wie vom Donner gerührt gewesen. „Da ist mir die Spucke weggeblieben, das passiert mir nicht oft“, erzählt die überzeugte Sozialdemokratin aus dem Mannheimer Arbeiterviertel der Deutschen Presse-Agentur. Die SPD in Baden-Württemberg habe wohl würdigen wollen, dass sie in ihrem Alter noch immer Schulen besucht und dort über die Schrecken der Nazi-Zeit berichtet. Dass sie mit Jahrgang 1929 am Sonntag die älteste Wahlfrau sein wird, hat das Tagungsbüro des Bundestags der SPD bestätigt.

Karla Spagerer steht vor ihrem Wohnhaus. Foto: Uwe Anspach/dpa

Karla Spagerer steht vor ihrem Wohnhaus. Foto: Uwe Anspach/dpa

In der Bundesversammlung sitzen neben den Abgeordneten des Bundestags auch Abgesandte der 16 Landtage. Das können neben Parlamentariern auch Prominente oder andere Menschen mit besonderen Verdiensten sein. Karla Spagerer erzählt, dass sie sich erst seit dem Tod ihres Mannes vor sechs Jahren so richtig politisch einmische. Sie war 68 Jahre lang mit Walter Spagerer verheiratet, der sich bei der IG Metall, der SPD und für den Fußballclub Waldhof Mannheim engagierte. Die Motivation für ihr spätes Eingreifen sei das Erstarken der AfD gewesen, sagt sie. „Da habe ich gegen kämpfen wollen.“

Zu den derzeitigen Spitzenpolitikern hat die resolute 92-Jährige eine klare Meinung, auch zu Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, dem sie ihre Stimme geben will. „Das ist ein sehr angenehmer Mann.“ Dass das CDU-Mitglied Max Otte als AfD-Kandidat antritt, findet Spagerer unerhört: „Die CDU müsste den hochkant rausschmeißen.“ Bei Kanzler Olaf Scholz findet die Genossin gut, dass er „ruhig bleibt und nicht so aufgeregt ist“. Dass Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) sich in den Ukraine-Konflikt mit Russland einmischt, geht ihr mächtig auf den Geist. „Der soll seinen Mund halten, der hat seine Zeit gehabt.“

© dpa-infocom, dpa:220209-99-39418/2

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Erstellt:
9. Februar 2022, 05:49 Uhr

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