Corona-„Spaziergänge“: Kommunales Verbot bleibt in Kraft

dpa/lsw Karlsruhe/Stuttgart. Die Städte in Baden-Württemberg erlassen Verbote gegen nicht angemeldete Corona-„Spaziergänge“. Denn oftmals sind die als sogenannte Spaziergänge deklarierten Treffen rechtlich als Versammlungen zu werten. Viele Fälle landen deswegen vor Gericht.

Die Justitia ist an einer Scheibe am Eingang zum Oberlandesgericht zu sehen. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa/Symbolbild

Die Justitia ist an einer Scheibe am Eingang zum Oberlandesgericht zu sehen. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa/Symbolbild

Das Bundesverfassungsgericht hat es abgelehnt, ein kommunales Verbot unangemeldeter Corona-„Spaziergänge“ mit sofortiger Wirkung außer Kraft zu setzen. Die Karlsruher Richterinnen und Richter wiesen am Montag den Eilantrag eines Mannes ab, der die Allgemeinverfügung der Stadt Freiburg zu Fall bringen wollte. Sie ließen aber die Frage offen, ob ein vorsorgliches Versammlungsverbot mit der Bedeutung und Tragweite der grundgesetzlich geschützten Versammlungsfreiheit vereinbar sein kann. Die Klärung bleibe dem Hauptverfahren vorbehalten, hieß es in dem Beschluss, der am Nachmittag veröffentlicht wurde. (Az. 1 BvR 208/22).

Wie etliche andere Kommunen auch hatte die Stadt Freiburg am 7. Januar vorbeugend eine Allgemeinverfügung erlassen, die zum Monatsende wieder außer Kraft treten sollte. Darin wurden „alle mit generellen Aufrufen zu "Montagsspaziergängen" oder "Spaziergängen" in Zusammenhang stehenden, nicht angezeigten und nicht behördlich bestätigten Versammlungen und Ersatzversammlungen“ untersagt.

Zeitgleich teilte die Stadt Karlsruhe mit, dass sie ein seit Mitte Dezember geltendes Verbot von sogenannten Montagsspaziergängen im Stadtgebiet bis einschließlich 14. Februar 2022 verlängert. Laut der Allgemeinverfügung sind nicht angemeldete Kundgebungen oder Aufzüge, die als sogenannte Spaziergänge deklariert sind - rechtlich aber Versammlungen im Sinn des Versammlungsgesetzes sind - verboten.

Am Montag verlängerte auch die Landeshauptstadt Stuttgart das Verbot von allen nicht angemeldeten und als Spaziergänge deklarierten Demonstrationen gegen die Corona-Verordnung. Das Verbot gilt laut einer Pressemitteilung innerhalb des Cityrings – also dem von den Bundesstraßen B 14, 27 und 27a sowie der Straße vor dem Hauptbahnhof umgrenzten Bereich. Es tritt am 28. Februar 2022 außer Kraft, sofern es nicht vorher aufgehoben wird.

Auch der Oberbürgermeister von Ostfildern hat wie viele andere Rathauschefs unangemeldete Demos von Kritikern der Corona-Politik verboten - doch seine auf Twitter verbreitete Ankündigung löste eine wütende Protestwelle in sozialen Medien aus. In bestimmten Chatgruppen hieß es sogar, es gebe einen „Schießbefehl“ gegen die Demonstranten. OB Christof Bolay (SPD) und die Polizei Reutlingen widersprachen dieser Darstellung am Montag vehement. „Der Einsatz der Schusswaffe zur Durchsetzung eines Versammlungsverbots ist ausgeschlossen“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

Als Gegenpol zu den wöchentlichen Demonstrationen von Impfgegnern und Corona-Leugnern in Pforzheim hat am Montagabend eine Menschenkette aus rund 500 Teilnehmern ein Zeichnen für Zusammenhalt während der Corona-Pandemie in der Stadt gesetzt. Die Teilnehmerzahl nannte die Polizei. Zeitgleich kamen 5000 Kritiker der Corona-Schutzmaßnahmen unweit davon zusammen. Die angemeldete Versammlung verlief laut einem Polizeisprecher in großen Teilen in Form eines Aufzugs und friedlich.

© dpa-infocom, dpa:220131-99-920000/3

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Foto: Uli Deck/dpa/Archivbild

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Foto: Uli Deck/dpa/Archivbild

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Erstellt:
31. Januar 2022, 16:51 Uhr

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