Kein Einkauf ohne Ritt auf dem Elefanten
Die häufig vor Einkaufsmärkten aufgestellten Unterhaltungsgeräte sind für viele Kinder das Highlight. Dass das so ist, haben sie der Murrhardter Firma Bastiansen zu verdanken, die die Reittiere und Fahrzeuge aufstellt, vermietet, verkauft, repariert und auf ihren Touren so einiges erlebt.

© Alexander Becher
Einen Rucksack voll mit Werkzeug hat Andreas Bastiansen immer dabei, um die Unterhaltungsgeräte zu reparieren oder zu warten. Beim Hubschrauber in der Backnanger Innenstadt kontrolliert er als erstes den Münzeinwurf. Fotos: Alexander Becher
Von Nicola Scharpf
Murrhardt/Backnang. Seine Lichter blinken so einladend, orange und rot und blau. Welches Kind möchte sich da nicht in den Hubschrauber setzen, der vor der Volksbank in der Backnanger Innenstadt aufgestellt ist, und eine Runde auf und ab fliegen? Oder das Reittier vor dem Edeka in Großaspach, das so große Ähnlichkeit hat mit Disneys Hund Pluto, es verführt doch so sehr zu einem kleinen Ritt. Am Ausgang der BayWa lockt ein Truck zum Einsteigen und Losfahren, im Kaufland sind es sogar ein Elefant, ein Hubschrauber und ein Auto. 50 Cent einwerfen oder einen Euro und los geht die vergnügliche Bespaßungsfahrt, die für viele Kinder oft das Highlight ist, wenn ihre Eltern die Besorgungen erledigen. Sie dauert eine Minute und 30 Sekunden, so sind die meisten Geräte eingestellt.
Es gibt auch Kinder, denen genügt sogar das Reinsetzen, auch wenn sie den Hubschrauber nicht mit Münzen füttern dürfen. „Ich schmeiß nie etwas rein, die haben auch so ihren Spaß damit“, sagt beispielsweise ein Vater aus Rudersberg, der zusammen mit seinen beiden Söhnen an einem Nachmittag im Advent am Hubschrauber haltmacht. Beim Gerät vor der Baywa handhabe er es genauso. „Sonst gibt es nur Theater“, befürchtet er, was passieren könnte, wenn seine Sprösslinge auf den Geschmack eines ruckelnden, wackelnden, auf- und absteigenden Fahrgeräts kommen. Je nachdem, was er gerade vorhabe, sei er froh, wenn ein Gerät die Aufmerksamkeit seiner Söhne fessele – oder eben nicht. Als der Vater seine Jungs zum Aussteigen auffordert, folgen sie ihm fast klaglos und gehen ihres Weges.
Manche Kinder gewinnen ihr Reittier so lieb, dass sie kein anderes wollen.
Hinter den elektronischen Unterhaltungsgeräten steckt die Firma Bastiansen aus Murrhardt-Karnsberg, die seit 40 Jahren auf Kinderreitgeräte, Kinderspielecken, Hüpfburgen, Show Games und Warenautomaten spezialisiert ist. Im kompletten süddeutschen Raum stellen Andreas Bastiansen und sein Team Elefant, Hubschrauber und Co. auf, vermieten und verkaufen sie, reparieren, renovieren und warten sie. Der gelernte Kaufmann, der sich technisch und elektrotechnisch weitergebildet hat, kommt bei seinen Touren von Kunde zu Kunde rum und erlebt einiges. Denn für die Kinder ist so ein Reittier oft viel mehr als nur ein Spaß von anderthalb Minuten Dauer. Andreas Bastiansen erzählt zum Beispiel von dem großen Pferd, das in Senden vor einem Supermarkt steht und zwei Kümmerer hat: Ein Opa besucht es zusammen mit seinem Enkel jeden Samstag. Die beiden suchen die Ursache, wenn das Pferd mal nicht funktioniert. Dann stecken sie es in die Steckdose ein, wenn der Strom fehlt, oder versuchen, Papierstücke herauszupulen, wenn der Münzeinwurf verstopft ist. „Der Opa guckt nach allem“, freut sich Bastiansen.

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Vergnüglicher Flug zu viert: Unterhaltungsgeräte sind bei Kindern das Highlight – besonders wenn sie blinken oder sich sogar auf und ab bewegen wie der Hubschrauber vor der Backnanger Volksbank. Ist er überladen, steigt er laut Andreas Bastiansen nicht hoch.
Auch die Kinder gewinnen ihr Reittier oft sehr lieb – so sehr, dass Andreas Bastiansen Modelle, die er zum Austausch mitgenommen hatte, wieder an ihre ursprünglichen Standorte zurückbringen musste. „Das kommt vor, dass mich meine Kunden informieren und sagen: Die Kinder kommen nur wegen dem Pluto, den darf man nicht wegnehmen.“ In einer Mall, in der Bastiansen mehrere Geräte inklusive eines im Kreis fahrenden Zuges aufgestellt hat, hat er beobachtet, dass die Zugfahrt zum morgendlichen Alltagsablauf dazugehört: Kinder mit Rucksäcken und Ranzen kommen, fahren eine Runde und setzen dann ihren Weg zur Schule und in den Kindergarten fort.
Malls und Einkaufszentren mit Unterhaltungszonen steuert Bastiansen oft früh am Morgen an, um die aufgestellten Geräte zu warten oder zu reparieren, weil er da mehr Ruhe hat. Denn sobald er mit Werkzeug und Ersatzteilen anrückt, ist er sonst umringt von Kindern und überhäuft von ihren Fragen. Die Kontaktmöglichkeiten sind an jedem Gerät angebracht, sodass Bastiansen per WhatsApp, E-Mail oder über einen QR-Code von den Nutzern direkt erfährt, wenn das Pferd mal nicht galoppiert, das Karussell sich nicht dreht oder das Auto nicht startet. „Es gibt nette Anrufe, wenn die Kinder traurig sind, weil ihr Reittier nicht fährt. Aber manchmal sind es wirklich aggressive Anrufer, vor allem männliche Anrufer. Manchmal rufen auch die Kinder selbst an, das kommt vor.“ Werkzeug hat Andreas Bastiansen in seinem Van immer dabei und Ersatzteile wie Keilriemen, Elektrobox, Netzteil und Münzeinwurf ebenfalls. Sogar ein Ersatzgerät ist immer mit on tour, für den Fall, dass eine Reparatur vor Ort nicht möglich ist und das Gerät mit nach Karnsberg in die Werkhalle muss.
Als sie noch klein waren, waren seine eigenen Kinder seine Testfahrer.
Der Münzeinwurf ist das Erste, was Bastiansen bei defekten Geräten kontrolliert. Dann fischt er Pappe, zurechtgeschnitten in Form von Münzen, heraus oder Einkaufschips und ähnliches. Wer hat schon auch immer das passende Kleingeld einstecken, um den lieben Kleinen die Fahrt zu ermöglichen? In größeren Unterhaltungszonen stehen Geldwechsler bereit, die Euro in Token umwandeln, damit die Nachbargeschäfte nicht als Wechselstuben herhalten müssen. Häufig baut Bastiansen inzwischen auch kontaktlose Bezahlmöglichkeiten in die Geräte ein.
Andreas Bastiansen hat selbst zwei mittlerweile erwachsene Söhne, der jüngere Sohn ist gelernter Elektriker und arbeitet in der Firma mit. „Als sie klein waren, waren sie meine Testfahrer. Am liebsten mochten sie Geräte, die ein Gesicht haben“, sagt Andreas Bastiansen darüber, dass der Geschmack von Kindern und Erwachsenen oft auseinandergeht: Wenn sich der Geschäftsführer eines Marktes einen schicken schwarzen Porsche aufstellt, weil er ihn selbst schön findet, heißt das nicht unbedingt, dass das bei den Kindern ankommt. „Kinder mögen die Klassiker: Pferd, Lokomotive, Feuerwehr. Oder Lizenzgeräte wie zum Beispiel von Cars.“ Bastiansen merkt, ob Geschäftsführer selbst Kinder haben oder nicht. Halten sie es für profitabler, den Platz vor dem Laden mit einer Palette Kohle zu füllen oder stellen sie eine Kinderlokomotive auf? Bastiansen gibt zu bedenken: „Die Kinder sind die Kunden von morgen.“