Krieg in der Ukraine
Kiews Freunde zu Gast in Brüssel
Drei hochrangige Treffen zur Unterstützung der Ukraine finden in diesen Tagen statt. Damit kämpft Europa auch gegen den eigenen Bedeutungsverlust in dieser Krise.

© AFP/NICOLAS TUCAT
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas wirbt immer wieder für mehr Unterstützung für die Ukraine. Doch nicht immer stößt sie damit auf offene Ohren.
Von Knut Krohn
Von der Welt kaum bemerkt, werden in Brüssel in diesen Tagen die Weichen für die Zukunft der Ukraine gestellt. Allein die Zahl der Treffen ist beeindruckend, allerdings schwebt für die Europäer über allem die ungewisse Frage, welche Rolle sie in Zukunft bei der Beilegung des Konfliktes spielen werden. Im Moment verfolgen sie die Verhandlungen zwischen den USA, Russland und der Ukraine über eine Waffenruhe allenfalls von der Seitenlinie. Wenig spricht im Moment dafür, dass sich das schnell ändert.
Donald Trump ist ein Unsicherheitsfaktor
Ähnlich wie für die Weltwirtschaft, ist auch im Fall der Ukraine das sprunghafte Verhalten Donald Trumps ein Unsicherheitsfaktor. Der US-Präsident überschüttet Europa mit Spott und nimmt die milliardenschwere EU-Unterstützung der Ukraine zur Beseitigung der Kriegsschäden und beim Wiederaufbau des Landes nicht zur Kenntnis. Dazu gehört etwa der europäisch-ukrainische Assoziationsrat, der sich am Mittwoch traf und weitere finanzielle Hilfe organisierte. Unterzeichnet wurden etwa mehrere Abkommen über Kredite der Europäischen Investitionsbank (EIB) für die Wiederherstellung der ukrainischen Wasserversorgung, Fernwärme und weiterer Infrastruktur.
Für die Koordination der Hilfe Kiews im militärischen Kampf gegen Russland trifft sich am Donnerstag in Brüssel die sogenannte Koalition der Willigen. Diese Runde wurde von Frankreich und Großbritannien ins Leben gerufen, nachdem der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj beim Treffen im Weißen Haus von Donald Trump gedemütigt wurde. Im Zentrum der Diskussionen stehen die Fragen, was Europa für eine mögliche Waffenruhe beitragen und wie später die Sicherung eines Friedens auch ohne die USA aussehen könnte. Doch die Vorstellungen der Teilnehmer gehen dabei weit auseinander. Paris und London sprechen offen über europäische Friedenstruppen in der Ukraine – wissend, dass dies ohne die Rückendeckung aus den USA ein fast unmögliches Unterfangen ist.
Ein Hoffnungsschimmer aus den USA
Die ungewisse Unterstützung Washingtons wird auch beim dritten Treffen am Freitag in Brüssel eine zentrale Rolle spielen. Die Ukraine-Kontaktgruppe zur Koordinierung der Hilfe für Kiew ist der einzige Rahmen, an dem auch die USA teilnehmen. Einen kleinen Hoffnungsschimmer gab es, als US-Außenminister Marco Rubio beim Treffen der Nato-Außenminister vorige Woche das Bekenntnis zu dem Verteidigungsbündnis bekräftigte. Eine Absprache zwischen den USA und ihren europäischen Partnern über ein gemeinsames Vorgehen in der Ukraine-Politik zeichnet sich dennoch nicht ab.
Widerstand durch Viktor Orban
Auch aus diesem Grund ist die Zukunft der Kontaktgruppe, an der sich mehr als 50 Länder beteiligen, mehr als fraglich. Von europäischer Seite wird allerdings alles getan, die USA weiter in diesem Rahmen zu halten, auch wenn Washington nach dem Amtsantritt von Trump die Führung abgegeben hat. Der neue US-Verteidigungsminister Pete Hegseth wird nach Angaben aus dem Pentagon am Freitag virtuell an der Sitzung teilnehmen.
Beitritte zu Nato und EU in weiter Ferne
Nicht mehr auf der Tagesordnung in Brüssel stehen aber die ganz großen Fragen: der Beitritt der Ukraine zur Nato und der Europäischen Union. Donald Trump hat dem Ansinnen, Kiew in das Verteidigungsbündnis aufzunehmen, bereits eine Abfuhr erteilt. Und trotz anderslautender Versicherungen wird auch in der EU die Erweiterungsfrage im Moment wegen Aussichtslosigkeit nicht angetastet. Ein Grund heißt Viktor Orban. Ungarns Premierminister hatte sich vor fast anderthalb Jahren zwar nicht gegen den Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine gesperrt, doch seinen Widerstand hat er nicht aufgegeben. Nun hat Orban verkündet, dass er die Ungarn in einer Volksbefragung darüber abstimmen lassen will, ob das Nachbarland ein Teil der EU werden soll. Schon jetzt läuft eine Kampagne der Regierung, die im Falle eines Beitritts von einer Welle der Kriminalität und des Drogenschmuggels in Ungarn warnt.