Kim Jong-un auf Reisen

Nordkoreas Machthaber besucht Nachbarland China – Spekulationen über wirkliches Geburtsdatum des Diktators

Pjöngjang (dpa). Kim Jong-un gibt sich gern leutselig. Anders als sein Vater Kim Jong-il zeigt sich der aktuelle Machthaber Nordkoreas gerne unter Menschen, nimmt mit seiner Frau Ri Sol-ju an Konzerten und Sportveranstaltungen teil und hält öffent­liche Reden oder, wie zuletzt am Neujahrstag, Fernsehansprachen. Sein Geburtstag hingegen wird, anders als die der vorangegangenen Machthaber, nicht gefeiert. Warum? Unerklärlich. Wie alt er wirklich ist? Ungewiss.

Der 8. Januar 1984 gilt nach Angaben der Regierung des Nachbarstaats Südkorea als wahrscheinlichstes Geburtsdatum von Kim Jong-un. Just zu diesem Datum war der ­Diktator in diesem Jahr zu Besuch in China. Ungewöhnlich schnell berichten die nordkoreanischen Staatsmedien über die Reise. Noch bevor er am Dienstagmorgen mit ­seinem gepanzerten Zug in Peking eintraf, wussten die Menschen des abgeschotteten Landes schon, dass Kim in Sachen Gipfeldiplomatie unterwegs ist. Kein Wort verloren die Medien in den Berichten aber über seinen – womöglich – 35. Geburtstag.

In Südkorea wurde sogleich spekuliert, das stalinistisch regierte Nordkorea wolle sich mit der relativ raschen Information der eigenen Bevölkerung als normales Land präsentieren. Die Staatsmedien wollten zeigen, dass Nordkorea nicht viel anders als andere Staaten sei, was den Umgang mit solchen Angelegenheiten betreffe, kommentierte die Nachrichtenagentur Yonhap. Die schnelle Berichterstattung über die Reise gilt als Beweis dafür, dass sich Kim Jong-un im Stil und seinem Auftreten von seinem Vater Kim Jong-il unterscheidet.

Südkorea sieht die nach wie vor prekäre wirtschaftliche Gesamtsituation des Nachbarlandes als Grund dafür, warum Kims Geburtstag quasi nicht stattfindet. Da die Sanktionen gegen Nordkorea aufgrund seines Atomwaffenprogramms andauern, könnten demnach größere Feierlichkeiten an Kim Jong-uns Geburtstag eventuell auch ein Risiko sein. Als Kim im April 2012 seine erste öffentliche Rede hielt, verhieß er den Bürgern, die herrschende Arbeiterpartei werde sie nicht mehr zwingen, „ihren Gürtel enger zu schnallen“.

Als Kim im Juni des vergangenen Jahres bei seinem historischen Gipfeltreffen mit US-Präsident Donald Trump in Singapur eine Erklärung über Wege zur Beendigung des Atomstreits unterzeichnete, war damit für Nordkorea auch die Hoffnung auf den Beginn einer Ära des Wohlstands verbunden. Doch die Verhandlungen mit den USA sind derzeit festgefahren. Diese wollen so lange an den eigenen Strafmaßnahmen und den UN-Sanktionen gegen Nordkorea festhalten, bis das Land konkrete Schritte zur atomaren Abrüstung unternimmt. Pjöngjang sieht dagegen Washington am Zug und verlangt eine Lockerung der Sanktionen.

Mit der Führung in China, über das der größte Teil des nordkoreanischen Handels läuft, will sich Kim wohl nun vor einem geplanten zweiten Gipfel mit Trump abstimmen. Er braucht Rückendeckung. Zum Auftakt seines Besuches kam er am Dienstag in Peking zu einem einstündigen Gespräch mit Staats- und Parteichef Xi Jinping zusammen, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap, ohne eine Quelle für die Information zu nennen. Die Inhalte der Gespräche? Genauso unbekannt wie Kims wirkliches Geburtsdatum. Der südkoreanische Geheimdienst teilte vor dem Treffen jedoch mit, Kim werde mit Präsident Xi Jinping voraussichtlich auch über eine Lockerung von Sanktionen reden.

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Erstellt:
9. Januar 2019, 03:14 Uhr

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