Nationaler Tag des Chewing Gum in den USA
Klebriger Kult ums Kaugummi
Es ist nur ein Stück Kaumasse im Mund. Und doch ist es bis in die letzten Winkel der Zivilisation vorgedrungen. Mal als Pose, mal als Retter in der Not wurde das Kaugummi zum Begleiter unseres Lebens. Homepage an das Bubblegum.
Von Markus Brauer
Der 30. September wird von Fans der Nervennahrung und des Kaumuskeltrainings in den USA ganz dick angestrichen. Denn an diesem Tag wird der „National Chewing Gum Day“ begangen – der Nationale Tag des Kaugummis. Worum geht es bei diesem klebrig-zähen Anlass?
Klebemasse für die Welt
Zu behaupten, das Kaugummi hätte den Lauf der Welt verändert, wäre vielleicht zu hoch gegriffen. Doch hat es sich zweifellos an die Fersen der Menschheitsgeschichte geheftet – vielmehr geklebt – und ist fortan weder wegzukriegen noch wegzudenken.
Ein Meilenstein in seinem Siegeszug war der 27. Juli 1869, als ein gewisser Amos Tyler aus Ohio ein Patent für eine „verbesserte Kaugummi-Verbindung“ zugesprochen bekam. Es gilt als das erste gewerbliche Schutzrecht für die klebrige Masse. Gekaut aber hatte die Welt schon sehr lange vorher.
Schon der Steinzeit wurde gekaut
Der älteste bekannte Kaugummi-Vorläufer ist mehr als 9000 Jahre alt. Damals bissen Menschen im heutigen Skandinavien auf Birkenrindenpech, einer teerartigen schwarzen Substanz. Höchstwahrscheinlich wurde das Birkenpech zerkaut, um es „als Kleber“ für Werkzeuge und Waffen zu nutzen, erklärt Anders Götherström von der Stockholm University.
Die Menschen könnten die Stücke aber auch gekaut haben, „weil sie es mochten oder weil sie dachten, dass sie einen medizinischen Zweck haben“, fährt er fort. „Es gab mehrere Kaugummis, und sowohl Männer als auch Frauen kauten sie. Die meisten von ihnen scheinen von Teenagern gekaut worden zu sein.“
Kein Gehweg ohne Klebereste
Doch das Kaugummi schaffte es nicht nur zu den größten Sportveranstaltungen der Welt, sondern auch in Ausstellungshallen, Konferenzräume, auf Konzerte und die letzten Winkel der Erde. Selbst im Weltraum wurden Blasen gepustet bis es knallte.
Soldaten bekamen das Gummi im Krieg zwischen die Zähne. Nach dem Sieg über Nazi-Deutschland 1945 verteilten US-Truppen nicht nur Zigaretten, sondern auch Kaugummis an die Bevölkerung.
Die Klebemasse hat dabei die Angewohnheit, sich nicht nur an der Geschichte festzukrallen: Kein Gehweg kommt ohne die kleinen Flecken aus, die nur kurz weiß und schon bald schwarz sind.
Wer schon einmal eins in die Haare bekommen hat, weiß: Da muss die Schere ran (Öl oder Butter sollen es aber angeblich auch tun). Kein Wunder also, dass im sauberen Singapur Einfuhr und Verkauf der Gummis verboten sind.
Pfefferminz-Geschmack ist Dauerbrenner
Doch es geht nicht nur um Posen, sondern auch um Geschmack. Pfefferminz ist seit langem der Dauerbrenner im Angebot, doch es gibt so ziemlich alle Sorten. Einige braucht man nur zu riechen - und schon fühlt man sich ins Ferienlager aus Jugendzeiten zurückversetzt. Man kaute eins nach dem anderen und hoffte etwa, dass das Schicksal einen auf den Sitzplatz neben dem Mädchen mit dem süßen Pony katapultiert.
Spezialkaugummis helfen Menschen dabei, mit dem Rauchen aufzuhören oder lindern den Schwindel beim Reisen. Und wenn im Flugzeug der Druckausgleich auf die Ohren geht, kann das Kauen Wunder wirken.
Apropos Füllung
Heute ist die Kaugummibasis – auch Kaumasse genannt – ein Mix aus verschiedenen petrochemischen Grundstoffen: Kunststoffe wie Polyisobutylen und Polyvinylacetat (Ausgangsstoffe für Dichtungsmasse, Pflasterkleber und Sprengstoff), 50 bis 70 Prozent Zucker, Füllstoffe wie Aluminiumoxid sowie Kieselsäure und Zellulose. Nicht zu vergessen Weichmacher, Feuchthaltemittel, Antioxidantien, Aromen, Säuren, Farbstoffe und Emulgatoren.
Die Inhaltsstoffe sind weder gesundheitsförderlich noch natürlich. Sei’s drum. Kaugummis haben eine äußerst anregende Wirkung, was aber nicht mit den Ingredienzien zu tun hat, sondern mit der durch das Dauerkauen ausgelösten mechanischen Bewegung der Kaumuskulatur.
Dies verbessert nämlich die Blutversorgung des Kopfes und damit die Blut- und Sauerstoffversorgung des Gehirns. Zudem wird die dicht mit Nerven durchzogene Mundhöhle durch die Reizung angeregt und zugleich entspannt.