Folgen der Erderwärmung

Klimawandel gefährdet Artenvielfalt in den Tropen

Durch die Klimakrise haben sich die Temperaturmuster in zwei Dritteln der tropischen Schlüsselgebiete dramatisch verändert, stellt eine neue Studie fest und fordert „Klima-smarte“ Maßnahmen.

In zwei Dritteln der tropischen Schlüsselgebiete ermittelten die Forscher, dass dort im Vergleich zu früheren jährlichen Mittelwerten bereits neue Temperaturmuster zur Norm geworden sind.

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In zwei Dritteln der tropischen Schlüsselgebiete ermittelten die Forscher, dass dort im Vergleich zu früheren jährlichen Mittelwerten bereits neue Temperaturmuster zur Norm geworden sind.

Von Markus Brauer/Katharina Köhler (dpa)

Temperaturveränderungen durch die Klimakrise können dramatische Folgen für die Artenvielfalt auf der Erde haben. Ein Forscherteam kommt in einer neuen Studie zu dem Schluss: Ausgerechnet in fragilen Ökosystemen der Tropen machen sich veränderte Temperaturmuster inzwischen verstärkt bemerkbar.

 

 

 

 

Schlüsselgebiete der Biodiversität untersucht

Die Forscher der britischen Universitäten Exeter, Cambridge und Manchester untersuchten die bodennahen Temperaturverhältnisse in den Tropen – und zwar in sogenannten Schlüsselgebieten für Artenvielfalt oder auch KBAs (Key Biodiversity Areas). Als KBAs gelten Areale, die nach einem festgelegten Kriterienkatalog einen besonderen Stellenwert für den Erhalt der Biodiversität haben.

Dazu zählen beispielsweise Lebensräume vom Aussterben bedrohter Tiere und Pflanzen oder von Arten, die nur in lokal begrenzten Gebieten vorkommen. KBAs finden sich nahezu überall auf der Welt: Neben den Tropenwäldern unter anderem auch in Ozeanen oder Wüsten, aber auch in Deutschland, etwa im Rheingau oder Wattenmeer.

 

 

Neue Temperaturmuster in den Tropen entdeckt

Angesichts des aktuellen Massensterbens auf der Erde seien KBAs Schauplätze von zentraler Bedeutung, heißt es in der Studie. In zwei Dritteln der tropischen Schlüsselgebiete ermittelten die Forscher, dass dort im Vergleich zu früheren jährlichen Mittelwerten bereits neue Temperaturmuster zur Norm geworden sind.

In einzelnen Arealen lagen sogar rund 80 Prozent der Temperaturdaten außerhalb der ursprünglich üblichen Spanne. Dort haben sich also nahezu komplett neue Temperaturverhältnisse etabliert. „Unter dem Blätterdach der tropischen Wälder existiert eine reiche Artenvielfalt in einem sehr stabilen Klima“, erläutert Erstautorin Brittany Trew von der University of Exeter. Die Studie ist im Fachjournal „Conservation Letters“ erschienen.

 

 

Begrenzte Anpassungsfähigkeit vieler Arten

Gründe für die klimatische Stabilität sind demnach unter anderem die geringe Sonneneinstrahlung unterhalb der Baumkronen sowie kühlende Verdunstung. Die Temperaturschwankungen zwischen Minimal- und Maximaltemperaturen bleiben dadurch geringer als in offenen Lebensräumen ohne dichtes Blätterdach.

Die dort lebenden Arten seien durch Veränderungen in den Temperaturverhältnissen allerdings besonders gefährdet, betont Trew. Wandeln sich die stabilen Bedingungen, unter denen sie sich entwickelt hätten und die sie gewohnt seien, brächten diese Arten oft nur eine begrenzte Anpassungsfähigkeit mit.

 

 

Kritik an ungeeigneten politischen Maßnahmen

Die Fachleute sehen auch die Politik in der Verantwortung. Ihre Studie veröffentlichten sie im Vorfeld der Weltbiodiversitäts-Konferenz COP16, die vom 21. Oktober bis 1. November in Kolumbien stattfindet.

„Das politische und wirtschaftliche Budget, das für den Schutz der biologischen Vielfalt aufgewendet wird, ist erschreckend unzureichend“, resümiert Trew. „Wir brauchen ‚Klima-smarte‘ Maßnahmen, die diese wichtigen Lebensräume schützen.“ Insbesondere die Schlüsselgebiete, deren Temperatur sich bisher noch nicht allzu stark gewandelt hat, müssten der Studie zufolge besser geschützt, Abholzung verhindert und Wälder renaturiert werden.

Regionen in Afrika und Lateinamerika besonders gefährdet

Für ihre Analyse untersuchten die Forscher die Bodentemperaturen in tropischen Schlüsselgebieten weltweit aus einem Zeitraum von 30 Jahren. Dafür bezogen sie Temperaturmesswerte, Satellitendaten und Mikroklima-Modellierungen mit ein.

Besonders häufig von Temperaturveränderungen betroffen waren laut der Studie Schlüsselgebiete in Afrika und Lateinamerika. Weniger drastisch waren im Verhältnis die Veränderungen in Asien und Ozeanien.

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Erstellt:
15. Oktober 2024, 13:27 Uhr
Aktualisiert:
15. Oktober 2024, 17:47 Uhr

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