Knapp 56.000 Teilnehmer bei Corona-Demos am Montagabend
dpa/lsw Stuttgart. Sie gehen oft ohne Plakate und Trillerpfeifen durch Innenstädte, um ihren Unmut zu zeigen: Die Teilnehmer von Demos gegen die Corona-Maßnahmen verstoßen damit mitunter gegen Versammlungsverbote. Zehntausende zählte die Polizei nun erneut - und ein Projektil.
Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie hat das Innenministerium am Montagabend 381 Versammlungen und Aufzüge in Baden-Württemberg gezählt - so viele wie nie zuvor. „Es beteiligten sich rund 55.900 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, was dem Niveau der Vorwoche entspricht“, berichtete Minister Thomas Strobl (CDU) nach Angaben seines Hauses am Dienstag dem Kabinett in Stuttgart. Die höchste Teilnehmerzahl im Südwesten betrug am 24. Januar rund 74.000. Damals waren es 26 Versammlungen weniger als am Montagabend.
Das Gros der Demos (330) richtete sich gegen die Maßnahmen in der Corona-Pandemie. 307 davon waren nicht angemeldet. Die Veranstaltungen verliefen weitgehend friedlich. Den meisten Zulauf habe es in Pforzheim (3000 Teilnehmende), Balingen im Zollernalbkreis (1700) und Ravensburg (1100) gegeben. Rund 51 Gegenveranstaltungen mit in der Spitze bis zu 300 Teilnehmern in Tübingen und Lörrach seien ebenfalls insgesamt friedlich geblieben. Diese Veranstaltungen werben häufig für Solidarität in der Pandemie - etwa mit einer Menschenkette.
Etwa 2500 Polizistinnen und Polizisten waren im Einsatz. 83 Strafverfahren etwa wegen Körperverletzung oder Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie 198 Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten wurden eingeleitet. Die Beamten stellten 215 Personalien fest und erteilten 75 Platzverweise. In Schopfheim (Kreis Lörrach) sei eine Polizistin leicht verletzt worden, in Heidelberg ein Demonstrant. In Göppingen sei eine Demonstrantin durch ein Luftgewehr-Projektil getroffen worden. „Die Umstände hierzu sind Bestandteil eines Ermittlungsverfahrens des Polizeipräsidiums Ulm“, sagte Strobl.
Der Minister hatte sich vergangene Woche mit einem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, an die kommunalen Spitzenverbände gewandt und den Zusammenhalt in der Pandemie betont. „Daran ändert auch eine kleine, aber laute Minderheit nichts, die sich nicht an die Regeln hält, die Versammlungen nicht anmeldet und bei angeblichen Spaziergängen die Behörden austricksen will“, heißt es in dem Brief. „Wir sehen auch, wie rechtsextreme Gruppen und Verschwörungsideologen versuchen, das Demonstrationsgeschehen zu instrumentalisieren, wie Menschen, die völlig legitim ihre Meinung zum Ausdruck bringen, beeinflusst und für eigene Zwecke missbraucht werden sollen.“
Wer eine nicht angemeldete oder verbotene Versammlung leitet, begehe eine Straftat, erläuterte Strobl in dem Schreiben. Wer an einer verbotenen Versammlung teilnimmt, begehe eine Ordnungswidrigkeit. Diese könne mit zu bis 500 Euro Bußgeld geahndet werden.
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