Knapp zwei Drittel des Geldes vom Digitalpakt ungenutzt

Der Umsetzungsstand für den Digitalpakt Schule im Rems-Murr-Kreis ist ernüchternd: Nur etwa für die Hälfte aller Schulen wurde der Medienentwicklungsplan eingereicht und freigegeben. Etwas mehr als ein Drittel der Mittel ist erst bewilligt worden.

Die Grundschule Spiegelberg ist bereits mit Tablets und Laptops ausgestattet worden. Die ihr zustehenden Fördermittel aus dem Digitalpakt sind bewilligt. Foto: Gemeinde Spiegelberg

Die Grundschule Spiegelberg ist bereits mit Tablets und Laptops ausgestattet worden. Die ihr zustehenden Fördermittel aus dem Digitalpakt sind bewilligt. Foto: Gemeinde Spiegelberg

Von Lorena Greppo

Rems-Murr. Bildung und Digitalisierung – beide Themenbereiche kommen in so ziemlich jeder Haushaltsberatung vor. So ziemlich jede Nation, jedes Bundesland, jede Kommune hat sich auf die Fahnen geschrieben, sich in diesen Bereichen stetig zu verbessern. Der Digitalpakt Schule verbindet beides: Allein in Baden-Württemberg stehen Fördergelder in Höhe von mehr als 65 Millionen Euro zur Verfügung, um die digitale Infrastruktur an den Bildungseinrichtungen zu verbessern. Umso erstaunlicher sind daher die Zahlen, die das Kultusministerium auf Anfrage des Landtagsabgeordneten Ralf Nentwich (Grüne) lieferte: Nur etwa die Hälfte aller Bildungseinrichtungen im Rems-Murr-Kreis haben bislang ein Freigabezertifikat für ihren Medienentwicklungsplan (MEP) erhalten. Von den gut 19,3 Millionen Euro, die den Schulen im Kreis zustehen, sind nur gut 7,2 Millionen Euro bewilligt und davon wiederum nur 1,7 Millionen Euro ausgezahlt worden.

„Der Ball liegt bei den Kommunen“, erklärt Nentwich, der auch als Sprecher für digitale Bildung fungiert. Das Land habe alles dafür getan, dass die Bewilligung der Mittel schnell gehe. Nur hätten viele Kommunen ihren MEP noch nicht vorgelegt. Viel Zeit bleibt ihnen dafür nicht mehr: Als Frist gilt der 30. April 2022. Liegen bis dahin die Anträge nicht bei der L-Bank vor, so wird das nicht beantragte Budget gestrichen und neu auf die Schulträger im Land verteilt. Durch die Coronapandemie und damit verbunden die verschiedenen Soforthilfeprogramme haben die Verwaltungen reichlich andere, drängende Themen zu bearbeiten gehabt, weiß Nentwich. „Daher wurden die MEPs oft nach hinten geschoben.“ Er habe das Gefühl, dass bei den Verantwortlichen zum Teil auch Unsicherheit vorherrsche. „Ich würde mir wünschen, dass die Kommunen da etwas mutiger sind“, so Nentwich. Gerade bei Arbeiten im Bereich der Infrastruktur habe man lange Vorläufe. „Da geht viel Zeit flöten.“ Das Förderprogramm erlaube es jedoch durchaus, die Gelder schon im Vorfeld auszugeben und den MEP nachzureichen, hebt er hervor.

Die Gemeinde Sulzbach gehört zu den Vorreitern bei der Beantragung

Gut gemacht habe es beispielsweise die Gemeinde Sulzbach an der Murr. Dort hat man sich schon im Sommer 2018 daran gemacht, den MEP zu erarbeiten (wir berichteten). Auch wurden die Fördermittel sowohl für die Lautereck-Realschule (224000 Euro) wie auch für die Gemeinschaftsschule (197600 Euro) früh beantragt und in vollem Umfang bewilligt. Nentwich hebt hervor, dass die Arbeiten zum größten Teil schon in Auftrag gegeben worden seien.

Neben Sulzbach haben noch drei weitere Kommunen aus dem Verbreitungsgebiet unserer Zeitung alle für sie vorgesehenen Mittel bewilligt bekommen: Allmersbach im Tal (47400 Euro), Kirchberg an der Murr (44400 Euro) und Spiegelberg (15100 Euro). Den größten Teil der Fördergelder haben auch Aspach (132320 Euro) und Burgstetten (33097 Euro) schon bewilligt bekommen, in Burgstetten wurden die Gelder sogar schon ausgezahlt.

Spiegelberg hat die neuen Geräte jüngst an die Schule übergeben

In Spiegelberg hat Bürgermeister Uwe Bossert jüngst die digitalen Endgeräte an Rektor Norbert Barthold übergeben. Alle Klassenzimmer an der Grundschule Spiegelberg sind jetzt mit internetfähigem TV und Soundbar sowie einer Dokumentenkamera ausgestattet. Die Lehrkräfte erhielten hierfür bereits schon Anfang des Jahres Laptops. Für den künftigen digitalen Unterricht wurden 20 iPads sowie fünf Laptops für die Schüler angeschafft. Ein Tabletwagen (Trolly) sorgt für eine geeignete Aufbewahrung, Transport und Ladefunktion der iPads. In den Klassenzimmern sowie im Rektorat waren hierfür umfangreiche elektrische Vorinstallationen erforderlich, heißt es vonseiten der Gemeinde. Die Gesamtinvestitionen betragen rund 60000 Euro. In dieser Sache sei es von Vorteil gewesen, dass die Kommune nicht so groß ist, erklärt Kämmerin Ina Krone. Der Schulleiter und die vier Lehrkräfte hätten sich auf kurzem Wege über die Bedarfe abstimmen können, der MEP sei daher rascher erstellt worden – mit Hilfe durch externe Berater. „Und für die Vergabesumme konnte man noch beschränkt ausschreiben“, so Krone. Etwa einen Monat nach Freigabe des MEP habe sie im August schon den Zuwendungsbescheid bekommen. Krone weiß aber auch: „Bei größeren Kommunen ist das eine andere Hausnummer.“ Das Förderprogramm sei nämlich ein „bürokratisches Monster“. Allerdings, hebt sie hervor, habe es einen Anschub für die Digitalisierung der Grundschule bewirkt.

Für die Stadt Backnang stehen aus dem Digitalpakt Schule gut 1,77 Millionen Euro bereit. Beantragt wurde davon jedoch noch nichts. „Bisher war bei der Antragstellung für Gelder aus dem Digitalpakt Voraussetzung, dass für die Schulen ein Medienentwicklungsplan vorliegt“, erklärt Pressesprecher Christian Nathan auf Anfrage. Aufgrund der vielfältigen zusätzlichen Aufgaben durch Corona sowohl bei den Schulen als auch bei der Stadtverwaltung sei die Bearbeitung der MEPs etwas ins Stocken geraten. „Die Arbeit daran wurde aber nun gemeinsam wieder aufgenommen und vorangetrieben“, versichert er. Da die Antragsvoraussetzungen modifiziert wurden und aktuell kein genehmigter Medienentwicklungsplan mit Antragstellung mitgeschickt werden muss, werde die Stadt Backnang noch in diesem Jahr Förderanträge für alle Backnanger Schulen stellen. „Die Medienentwicklungspläne der einzelnen Schulen müssen dann jedoch nachgereicht werden.“

19,3 Millionen Euro stehen dem Rems-Murr-Kreis zu

Ziele Mit dem Digitalpakt Schule unterstützt der Bund die Länder und Gemeinden bei Investitionen in die digitale Bildungsinfrastruktur. Ziel ist der flächendeckende Aufbau einer zeitgemäßen digitalen Bildungsinfrastruktur unter dem Primat der Pädagogik.

Fördermittel Laut Verwaltungsvereinbarung vom Mai 2019 stellt der Bund für Investitionen in die digitale Bildungsinfrastruktur fünf Milliarden Euro zur Verfügung. Als Folge der Coronapandemie wurde der Digitalpakt Schule im Jahr 2020 um drei Zusatzvereinbarungen (ZV) – Sofortausstattungsprogramm, Administration und Lehrendgeräte – im Umfang von insgesamt 1,5 Milliarden Euro erweitert. Den Schulen in Baden-Württemberg stehen demnach rund 845 Millionen Euro zu, auf den Rems-Murr-Kreis entfallen davon etwa 19,3 Millionen Euro.

Bewilligung In Baden-Württemberg wurden bisher 1348 Anträge in Höhe von 145 Millionen Euro bewilligt (Stand: Ende November). Im Rems-Murr-Kreis waren es bislang 39 Anträge in Höhe von 7,2 Millionen Euro.

Fristen Bis Ende April 2022 sollen alle Anträge des Schulträgers bei der L-Bank vorliegen. Ist das nicht der Fall, wird das nicht beantragte Budget gestrichen und neu verteilt. Bis Ende des Jahres 2024 müssen alle Maßnahmen beendet sein. Das heißt, alle Aufträge, Bestellungen und Verträge sind bis dahin zu erbringen. Bis Ende Märze 2025 muss alles vollständig bei der L-Bank abgerechnet sein.

Zum Artikel

Erstellt:
17. Dezember 2021, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen