Kommentar: Das Fanal von Wolfsburg
Kommentar: Das Fanal von Wolfsburg
Von Matthias Schmidt
Der Aufschrei war groß, als der damalige VW-Chef Herbert Diess vor drei Jahren eine gewaltige Zahl in den Raum stellte: 30 000 Stellen könnten durch die Transformation zur Elektromobilität wegfallen, orakelte Diess. Es war der Anfang vom Ende seiner VW-Karriere. Das Verhältnis zum Betriebsrat galt danach als zerrüttet, im Sommer darauf musste der Querschädel Diess gehen.
An seine Stelle trat der als Teamplayer gepriesene Oliver Blume. Er sollte im Auftrag der Familien Porsche und Piëch das Unternehmen möglichst im Konsens mit den Arbeitnehmervertretern führen. Das klappte weitgehend geräuschlos. Bis gestern.
Zwar nennen Blume und der VW-Markenchef Thomas Schäfer kein konkretes Abbauziel. Aber mit der Kündigung der bis 2029 vereinbarten Beschäftigungsgarantie werfen sie den Fehdehandschuh hin. Die Replik der IG Metall fällt harsch aus: „Wir brauchen keine kurzfristigen Rendite-Rambos.“ Um die 14 Milliarden Euro sollen eingespart werden, auch stehen erstmals in Deutschland Werksschließungen im Raum. Dass der Vorstand schlechte Standortbedingungen und neue Konkurrenz aus Fernost als Gründe nennt, ist ein Fanal für die gesamte deutsche Autoindustrie. VW mit seinem komplizierten Machtgefüge aber steckt besonders tief im Morast. Für Oliver Blume, den Doppelchef von VW und Porsche, hat die größte Bewährungsprobe seiner Karriere begonnen. Wolfsburg steht vor einem heißen Herbst.