Kommentar: Debatte auf Kosten zweier Schüler
Kommentar: Debatte auf Kosten zweier Schüler
Von Wolf-Dieter Obst
Stuttgart - In die Trauer um einen tragisch ums Leben gekommenen zwölfjährigen Schüler mischt sich nun: Fassungslosigkeit. Noch während die Ermittlungen zu einem Streit zweier Mitschüler an einer Stadtbahn-Haltestelle in Hofen laufen, noch während eine Schule damit beschäftigt ist, die traumatisierenden Ereignisse bei der Schülerschaft, bei Eltern und Lehrern zu verarbeiten, und während in den sozialen Medien teils unflätige Hetze über angebliche „Fakten“ des Vorfalls hochkocht – ausgerechnet in diese Phase fällt nun ein politischer Sündenfall.
Der Tod des Zwölfjährigen wird – erkennbar unzulässig – vermischt mit einem Thema, das seit Jahren viel Zündstoff bietet: die Frage der Herabsetzung der Altersgrenze für die Strafmündigkeit. Die beginnt bei 14 Jahren. Und die soll nun, auch mit Verweis auf das tragische Ereignis in Stuttgart, bei dem ein 13-Jähriger der Verursacher gewesen sein soll, gesenkt werden. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ist in Berlin nun „klar für zwölf Jahre“.
Ins Spiel gebracht wurde diese Debatte in der Person von CDU-Landesjustizministerin Marion Gentges. Dabei hätte sie wissen müssen, dass der Fall nicht als Beispiel taugt. Einerseits greift sie Ermittlungen vor, andererseits haben Staatsanwaltschaft und Polizei klargestellt, dass die Erkenntnisse eher in Richtung Unfall gehen, eine Tötungsabsicht nicht erkennbar sei. Die Ministerin hat sich dennoch nicht deutlich dem Eindruck entgegengestellt, den Tod in Hofen womöglich zu instrumentalisieren. Dabei kann diese wichtige Debatte durchaus geführt werden – aber nicht auf Kosten zweier Stuttgarter Schüler.