Kommentar: Eklatantes Führungsvakuum
Kommentar: Eklatantes Führungsvakuum
Von Knut Krohn
Die Willkommenskultur in Europa ist endgültig Geschichte. Nirgends hätte das deutlicher werden können als auf dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte den Grundton in einem Papier bereits vor dem Treffen vorgegeben. Über schärfere Asylgesetze, schnellere Rückführungen von Migranten oder Abschiebezentren in Drittstaaten wäre vor einigen Monaten noch heftig gestritten worden. In Brüssel wurden die Punkte nun geräuschlos abgenickt. Die schnelle Einigung täuscht eine nicht vorhandene Geschlossenheit vor. In der Gipfelerklärung wird festgehalten, dass die Migration eine europäische Antwort braucht, doch die Realität sieht anders aus. Immer wieder preschen Länder mit Alleingängen vor.
Tonangebend in der Frage der Migration aber ist Italiens Premierministerin Giorgia Meloni. Über Jahre litt das Land, weil die EU das Problem nicht mit der notwendigen Konsequenz angegangen wurde. Mit dem Abschiebezentrum in Albanien hat sich Meloni nun zum Alleingang entschlossen. Zwar hat ein Gericht in Rom nun geurteilt, dass die Aktion unrechtmäßig sei, doch das Signal dieser harten Gangart ist deutlich.
Meloni kann sich solche Schritte erlauben, weil in Europa im Moment ein eklatantes Führungsvakuum herrscht. Die Regierungen in Berlin und Paris sind vor allem mit sich selbst beschäftigt. Das ist fatal für einen Kontinent in Krisenzeiten.