Vom Finanzpolster für Krise sind noch 3,4 Milliarden Euro da
dpa/lsw Stuttgart. Corona zieht sich hin. Derzeit hat Finanzminister Bayaz noch ein dickes Polster für eventuelle Risiken. Das weckt Begehrlichkeiten.
Baden-Württemberg hat noch einen Puffer von 3,4 Milliarden Euro für die Bewältigung der Corona-Krise. Die grün-schwarze Regierung hat seit Beginn der Pandemie den Topf für Haushaltsrisiken mit Hilfe neuer Schulden auf 10,7 Milliarden Euro angefüllt. Davon seien bis Ende vergangenen Jahres gut 5,4 Milliarden Euro abgeflossen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus dem Finanzministerium in Stuttgart. Für das laufende Jahr seien bisher Ausgaben von rund 1,9 Milliarden Euro aus dem Topf bewilligt. Damit hat das Land noch 3,4 Milliarden Euro zur Verfügung.
Minister mahnt zur Vorsicht
Finanzminister Danyal Bayaz zeigte sich optimistisch, dass das Polster genügt. „Stand heute gehen wir davon aus, dass unsere Rücklage reicht. Aber wir müssen vorsichtig sein“, sagte der Grünen-Politiker der dpa. „Ich bin weiterhin auch ein Risikomanager, die Pandemie belastet uns immer noch. Wir müssen auf Sicht fahren.“ Hintergrund ist, dass immer noch nicht ganz klar ist, wie die Pandemie weiter verlaufen wird.
Die grün-schwarze Koalition beschloss Ende 2021 einen Etat ohne neue Schulden, auch weil die Steuerschätzung ein Plus von 2,5 Milliarden Euro für dieses Jahr ergeben hatte. Es wurde in der Koalition aber angesichts des unklaren Verlaufs der Pandemie nicht ausgeschlossen, dass es im Notfall nochmal einen Nachtrag mit neuen Schulden geben könnte.
Kommunen warnen vor Rotstift
Die Kommunen warnten davor, dass nach zwei Jahren Corona-Pandemie viele Städte und Gemeinden in die roten Zahlen abzurutschen drohten. „Dadurch müssen unter Umständen auch angestrebte und längst erforderliche Projekte zurückgestellt werden“, hieß es vom Gemeindetag. Ohne höhere Hilfen werde es Städten und Gemeinden kaum gelingen, auch noch in Zukunftsaufgaben wie Bildung, Digitalisierung und Klimaschutz zu investieren.
Auch die SPD forderte die Regierung zu höheren Investitionen auf. SPD-Fraktionsvize Nicolas Fink sagte: „Es geht um unsere Kinder. Diese haben nach zwei Jahren der Pandemie einiges aufzuholen.“ Es müssten dringend mehr Lehrkräfte und Erzieherinnen eingestellt werden. Die FDP pochte darauf, dass mit übrigem Geld auch Schulden wieder getilgt werden müssten. Es bestehe „bei optimalem Verlauf der Pandemie nun die Hoffnung, eine große Summe der nicht in Anspruch genommenen Gelder wieder zurückführen zu können“, sagte der liberale Abgeordnete Stephen Brauer. Dies habe Bayaz im Landtag auch zugesagt.
Kostentreiber: Tests, Impfungen und Masken
Am meisten musste das Land bisher für die Bereitstellung von Tests, Impfungen und Schutzausrüstung ausgeben. Bis Ende 2021 sind 970 Millionen Euro abgeflossen, wie aus einer Aufstellung des Ressorts hervorgeht. Es gebe aber weitere Zusagen für dieses Jahr in Höhe von knapp einer Milliarde Euro für diese Zwecke. Hier könnte noch mehr auf das Land zukommen, etwa wenn die vierte Impfung oder eine Impfpflicht kommen sollte.
Muss das Land den Betrieben noch mehr unter die Arme greifen?
Der zweitgrößte Posten sind die Wirtschaftshilfen. Hier sind schon bis Ende vergangenen Jahres Mittel in Höhe von 1,4 Milliarden Euro ausgezahlt worden. Für dieses Jahr rechnet das Ministerium bisher mit einem weiteren Abfluss von etwa 360 Millionen Euro. Hier könnte es Mehrbelastungen geben, sollte das Land doch nicht so strikt auf die Rückzahlung der Corona-Soforthilfen pochen.
Hilfen für Kommunen, Kliniken und Schulen summieren sich
Die direkten Finanzhilfen für Städte und Gemeinden machen in der Rechnung 739 Millionen Euro aus. Daneben griff das Land den Uni-Kliniken unter die Arme, damit diese sich besser auf die Herausforderungen durch Corona einstellen können. Abgerufen wurden bisher 283 Millionen Euro, es sollen in diesem Jahr nochmal 261 Millionen Euro dazukommen.
Für die Entschädigung von Arbeitnehmern, die wegen Corona nicht arbeiten konnten und Verdienstausfall hatten, nahm die Regierung bis Ende 2021 rund 144 Millionen Euro in die Hand. Hier gehen die Finanzexperten davon aus, dass nochmal 112 Millionen Euro hinzukommen.
In der Liste der Ausgaben steht auch der Corona-Rettungsfonds für mittlere Firmen mit einem Volumen von einer Milliarde Euro. Da dieser aber von den Unternehmen nicht abgerufen wurde, nutzte die Regierung das Geld für eine Sondertilgung der Notkredite.
Darüber hinaus gab das Land bis Ende 2021 knapp 890 Millionen Euro für eine Reihe verschiedener Hilfen aus: Darunter finden sich IT-Maßnahmen, der Rettungsschirm für den Öffentlichen Nahverkehr, das Programm für Schüler mit Lernrückständen „Brigde the gap“ oder der Nothilfefonds für Kunst- und Kultureinrichtungen. Hier sind bisher noch weitere Ausgaben im laufenden Jahr in Höhe von 35 Millionen Euro angegeben.
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