Kreis mietet weiteres Haus in Backnang für Flüchtlinge an

Das Gebäude Kuchengrund 19 in Backnang wird vorerst eine Unterkunft für 60 Asylbewerber. Nach einem anvisierten Umbau sollen in der einstigen Arbeiterunterkunft im Industriegebiet Süd bis zu 140 Flüchtlinge Platz finden. Insgesamt entspannt sich die Lage in Backnang.

Der Landkreis hat die neue Gemeinschaftsunterkunft im Industriegebiet Süd vorerst bis Ende 2027 angemietet. Foto: Alexander Becher

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Der Landkreis hat die neue Gemeinschaftsunterkunft im Industriegebiet Süd vorerst bis Ende 2027 angemietet. Foto: Alexander Becher

Von Matthias Nothstein

Backnang. Sowohl der Rems-Murr-Kreis als auch die Stadt Backnang sehen sich im Moment beim Thema Flüchtlingsunterbringung gut aufgestellt. Bei der Stadt hängt dies mit zwei Faktoren zusammen. Erstens ist die Zuweisung von Flüchtlingen zurückgegangen. Zweitens stehen auf dem sogenannten Aurelis-Areal demnächst neue Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung. Ähnliches gilt für den Landkreis. Er hat in Backnang zwei neue Projekte im Feuer. Ganz aktuell hat der Landkreis in der Straße Kuchengrund 19 ein weiteres Haus angemietet. Dort können bis zu 140 Asylbewerber untergebracht werden. Und zweitens steht in der Öhringer Straße der Baubeginn für die neue Gemeinschaftsunterkunft kurz bevor.

Kuchengrund 19 Die Nachricht ist brandheiß. Der Landkreis hat im Backnanger Industriegebiet Süd in der Straße Kuchengrund 19 ein ehemaliges Gewerbegebäude angemietet. Dieses wurde zuletzt bereits als Arbeiterwohnheim genutzt. Insofern liegt eine Genehmigung für die Unterbringung von 60 Personen bereits vor. Doch der Landkreis hat größere Pläne. Das Gebäude soll umgebaut werden. Schwerpunkt der Arbeiten sind neue Sanitärräume und die geforderten Verbesserungen beim Brandschutz. Sobald diese Arbeiten abgeschlossen sind und die Nutzung abgesegnet ist, sollen dort bis zu 140 Flüchtlinge unterkommen. Steffen Blunck, der Fachbereichsleiter für die Flüchtlingsaufnahme im Rems-Murr-Kreis, kann noch keine Angaben machen, bis wann die Anlage bezugsfertig ist, dies hängt wesentlich von der Verfügbarkeit der Handwerker ab. Der Mietvertrag für das Objekt läuft bis Ende 2027.

Öhringer Straße Auch in der Öhringer Straße in Backnang plant der Landkreis eine neue Unterkunft für Geflüchtete. Auf einem freien Grundstück zwischen der B14 und der Kreuzung Öhringer Straße/Gaildorfer Straße soll bis September dieses Jahres eine Containeranlage mit 74 Plätzen entstehen. Da erfahrungsgemäß eine Belegung von 80 Prozent des Maximalwerts realistisch ist, rechnet Blunck damit, hier etwa 60 Flüchtlinge unterbringen zu können. Die Planungen für das Bauprojekt sind abgeschlossen, Ende August wird die Trafostation für die Stromversorgung gebaut. Bis Ende September sollen dann die Arbeiten für die Fundamente und die Entwässerung für die Containeranlage erledigt sein. Die ursprüngliche Planung sieht laut Blunck vor, die Anlage zum Jahresende in Betrieb nehmen zu können.

Aurelis-Areal Die Stadt Backnang ist mit ihrem Projekt auf dem Aurelis-Areal zwischen den Bahngleisen und der Maubacher Straße schon ein gehöriges Stück weiter. Dort stehen die Container bereits seit Wochen in Reih und Glied. Dieser Tage arbeitet ein Bagger noch an einem Abwasserkanal, damit auch das Regenwasser abgeleitet werden kann. Sobald alle Restarbeiten abgeschlossen sind, wird die Unterkunft in Betrieb genommen. Der Backnanger Verwaltungsdezernent Timo Mäule rechnet damit, dass Ende September dieses Jahres die ersten Asylbewerber einziehen können.

Berufliches Schulzentrum Seit November vergangenen Jahres ist die Notunterkunft beim Beruflichen Schulzentrum Backnang bezugsfertig. Dort hat der Landkreis Platz geschaffen für 436 Geflüchtete. Bislang steht die Unterkunft jedoch leer und das ist auch gewollt. Denn diese Unterkunft soll als Puffer dienen, wenn dem Landkreis kurzfristig und unvorhersehbar viele Flüchtlinge zugeteilt werden. Ein solcher Notfall könnte schneller eintreten, als allen Beteiligten lieb ist. Denn im Gegensatz zu den Städten und Gemeinden und zum Landkreis gelingt es dem Land nicht, die Kapazitäten hochzufahren. Steffen Blunck erinnert daran, dass die Landeserstaufnahmestelle (Lea) in Ellwangen zum Beispiel Ende 2025 geschlossen wird. Einen Ersatz zu finden ist sehr schwierig, wie das Beispiel Asperg zeigt, wo sich massiver Widerstand gegen eine neue Lea formiert hat.

Die Situation der Flüchtlingsunterbringung in Backnang ist laut Verwaltungsdezernent Timo Mäule nicht mehr so angespannt, wie sie es noch vor zwei oder drei Monaten war. Zwar erfolgen regelmäßig weitere Zuweisungen, „aber sie sind nicht mehr vergleichbar mit früheren Zahlen“. Mäule erklärt, dass die Zuweisungen im Mai und April zum Beispiel dazu geführt haben, dass die Stadt jeden Monat zusätzlichen Platz für 20 beziehungsweise 22 Flüchtlinge bereitstellen musste. Im Juni hingegen seien unterm Strich nur elf neue Asylbewerber zu versorgen gewesen. Mäule ist daher zuversichtlich, dass die Zuweisungsquote von weiteren 80 Flüchtlingen für dieses Jahr von der Stadt bewältigt werden kann, alleine schon aufgrund der freien Plätze im Aurelis-Areal.

Die Lage ist unter anderem auch deshalb relativ entspannt, weil die Stadt inzwischen Wohnungen für maximal 253 Personen angemietet hat. Zur Gesamtsituation sagt Mäule: „Ich bin froh und dankbar, dass der überwiegende Teil der Backnanger Bevölkerung noch so gut mitzieht und nach wie vor viel Verständnis für die Flüchtlinge und für die Maßnahmen der Stadt aufbringt. Das ist nicht als selbstverständlich vorauszusetzen.“ Sein Fazit: „Wir sind fürs nächste Jahr gut aufgestellt.“ Skeptischer sieht Steffen Blunck die Sache. Im April musste der Landkreis 55 Personen aufnehmen, aktuell 147. „Das ist fast eine Verdreifachung und war so weder angekündigt noch absehbar.“

Platz für 266 Flüchtlinge

Kapazitäten In den acht Unterkünften hat die Stadt Backnang Kapazitäten für 266 Asylbewerber.

Hohenheimer Straße 38:40

Hohenheimer Straße 38/2: 17

Etzwiesenberg 11: 76

Gartenstraße 67: 49

Stuttgarter Straße 56: 21

Fabrikstraße 5-1: 18

Schillerplatz 3: 45

Aurelis-Areal: 60

Aktuell sind in den acht städtischen Unterkünften 239 Personen untergebracht. Das bedeutet: Es gibt noch 27 freie Plätze in den städtischen Quartieren.

Herkunftsländer Die Flüchtlinge kommen aus 26 Ländern. Die meisten stammen aus Syrien (20 Prozent), Ukraine (13), Nigeria (13), Afghanistan (6), Irak, Eritrea, Serbien und Somalia (je 4).

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Erstellt:
28. Juli 2023, 06:00 Uhr

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