Kretschmann und Kubicki streiten wegen der Impfpflicht

dpa Stuttgart. Kommt die Impfpflicht für alle? In der FDP regt sich Widerstand. Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann weiß deshalb nach eigenen Angaben, warum er lieber mit der CDU regiert.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat den Widerstand innerhalb der FDP gegen eine allgemeine Impfpflicht scharf kritisiert. „Die Aussage von Wolfgang Kubicki, dass es vielen Impfpflichtbefürwortern um Rache und Vergeltung gehe, ist schlichtweg verantwortungslos und völlig ungeeignet, um die Debatte inhaltlich angemessen zu führen“, sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.

Kretschmann sagte, er sei froh, dass die FDP immerhin der Impfpflicht für das Personal in Einrichtungen wie Kliniken und Pflegeheimen zugestimmt habe und sich auch FDP-Chef Christian Lindner inzwischen für eine allgemeine Impfpflicht ausspreche. „Aber wir müssen jetzt sehen, wie sich das entwickelt mit den Gruppenanträgen“, sagte er. „Jetzt kann man nur darauf hoffen, dass es eine Gruppe gibt, die eine Mehrheit hat für eine Impfpflicht.“ Er lasse aber nicht locker und prüfe, ob man das auch über den Bundesrat einspeisen könne.

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfang Kubicki hatte kürzlich Befürworter einer allgemeinen Corona-Impfpflicht scharf kritisiert und ihnen Rache an Ungeimpften als Motiv unterstellt. Gegen die Kritik Kretschmanns verteidigte er sich: „Die Menschenwürdegarantie unserer Verfassung gilt auch für Ungeimpfte“, sagte Kubicki den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montag). „Dass dieses unverrückbare Wesenselement unseres Gemeinwesens nun zum Teil infrage gestellt wird, halte ich für hochgradig besorgniserregend“, erklärte Kubicki. „Das sollte auch Ministerpräsident Kretschmann, der in der Vergangenheit selbst ja unverhältnismäßige Anti-Corona-Maßnahmen gefordert hat, zu denken geben.“

Der FDP-Politiker riet Kretschmann zudem dringend, in der Debatte um die Impfpflicht „mehr auf die Zwischentöne zu hören“. Er habe ausdrücklich betont, dass die politische Diskussion über die Impfpflicht in der Regel von Fairness und Respekt getragen sei, sagte Kubicki. „Mich besorgt aber, wenn in der allgemeinen Debatte erklärt wird, Ungeimpfte sollten nicht mehr Weihnachten feiern, sollten die Kosten einer möglichen ärztlichen Behandlung selbst tragen oder sollen gar in Kauf nehmen, im Zweifel nicht behandelt zu werden.“

Über eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus soll der Bundestag voraussichtlich im kommenden Jahr in freier Abstimmung ohne Fraktionsdisziplin entscheiden. Unter anderem hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen, aber auch FDP-Chef Lindner geht nach eigener Aussage in diese Richtung. Die Ampel-Koalition will keinen eigenen Gesetzentwurf vorlegen, sondern setzt auf fraktionsübergreifende Gruppenanträge im Bundestag.

Kubicki und weitere FDP-Abgeordnete hatten sich dagegen zuletzt in einem Antragsentwurf klar gegen eine solche Pflicht ausgesprochen. Mittlerweile sind laut Kubicki mehr als 30 Parlamentarier beteiligt. Bereits beschlossen hat das Parlament, dass Beschäftigte in Einrichtungen mit besonders schutzbedürftigen Menschen wie Pflegeheimen und Kliniken bis Mitte März 2022 nachweisen müssen, dass sie geimpft oder genesen sind.

Kretschmann hält die FDP, mit der seine Partei im Bund regiert, für den deutlich schwierigeren Koalitionspartner im Kampf gegen die Corona-Pandemie als die CDU. „Einer der Gründe, warum ich im Land mit den Christdemokraten koaliere: Weil ich mit denen in der Corona-Politik in den grundsätzlichen Fragen auf einem gemeinsamen Nenner bin“, sagte er. „Wir ziehen da von vorneherein am selben Strang.“

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hingegen habe alle Maßnahmen der Landesregierung gegen das Virus bislang für überzogen gehalten und Instrumente wie Ausgangssperren sogar als Unfug bezeichnet, kritisierte Kretschmann. „Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht das erfreulicherweise ganz anders gesehen.“

© dpa-infocom, dpa:211227-99-512007/3

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Erstellt:
27. Dezember 2021, 05:56 Uhr

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