Kretschmann: Schulschließungen nur, wenn nichts mehr geht

dpa/lsw Stuttgart. Schulschließungen sind für Regierungschef Kretschmann Ultima Ratio. Erst bei sehr, sehr hohen Inzidenzen sei überhaupt daran zu denken. Lehrerverbände raten hingegen von einer solchen „Ausschließerei“ ab.

Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, spricht. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild

Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, spricht. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild

Trotz der verschärften Corona-Lage will das Land die Schulen so lange wie möglich geöffnet lassen. Schulen würden erst geschlossen, „wenn gar nichts anderes mehr geht, bei Inzidenzen, wie wir sie in Sachsen haben, bei etwa 2000“, hatte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Wochenende am Rande des Grünen-Landesparteitags in Heidenheim gesagt.

Der Schwarzwald-Baar-Kreis stellt mit einer 7-Tage-Inzidenz von 1030 den traurigen Rekord ein. Seit Samstag starben weitere 14 Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus, wie aus dem Bericht des Landesgesundheitsamtes vom Sonntag hervorgeht. Knapp 4600 weitere Corona-Fälle wurden gemeldet.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft betonte, zwar habe der Verzicht auf Schulschließungen oberste Priorität. Aber eine „Ausschließerei“ wie die von Kretschmann sei auch nicht hilfreich, sagte Landeschefin Monika Stein. Sie warnte davor, sich mit Sachsen zu vergleichen. Ein großer Unsicherheitsfaktor sei auch die neue Virusvariante Omikron. Für alle Beschäftigten in Kitas und Schulen müssten FFP2-Masken kostenlos bereitgestellt werden. Dies verlangt auch die SPD-Landtagsfraktion.

Deren Chef, Andreas Stoch, hält wie Kretschmann Schulschließungen für das allerletzte Mittel im Kampf gegen das Virus. „Es kann aber auch nicht sein, dass die Landesregierung den Gesundheitsschutz von Kindern und Jugendlichen, aber auch Lehrkräften, komplett ausblendet“, fügte Stoch hinzu. Abhängig von der Infektionslage vor Ort müsse auch über differenziertere Lösungen entschieden werden können, etwa über Wechselunterricht.

Der Chef-Epidemiologe des Landesgesundheitsamts, Stefan Brockmann, geht davon aus, dass die Schulen im Südwesten ohne Lockdown und Verschärfung der Quarantänemaßnahmen durch die Weihnachtszeit und die Ferien kommen werden. „Es wäre falsch zu sagen, dass mit den Kindern und Jugendlichen die vierte Corona-Welle steht oder fällt“, sagte Brockmann der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ (Samstag). Er glaube nicht, dass Schulschließungen das Zünglein an der Waage würden. Er erwarte, dass die Schulen im Südwesten regulär in die Weihnachtsferien gehen und mit dem Unterricht im neuen Jahr starten könnten, sagte Brockmann.

In der Debatte über Verbote und Einschränkungen hatten zuletzt die Lehrkräfte der baden-württembergischen Gymnasien gefordert, auch Schulschließungen nicht mehr auszuschließen. „Jede Überlegung zur Sicherung des Schulbetriebs muss jetzt auf den Tisch“, hatte der Landesvorsitzende des Philologenverbands Baden-Württemberg (PhV BW), Ralf Scholl, gesagt. „Auch Schulschließungen dürfen angesichts der Corona-Infektionslage kein Tabu mehr sein.“ Der Verband vertritt nach eigenen Angaben rund 9000 Gymnasiallehrerinnen und -lehrer in Baden-Württemberg.

© dpa-infocom, dpa:211206-99-271540/2

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Erstellt:
6. Dezember 2021, 05:14 Uhr

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