Münchener Sicherheitskonferenz
Krieg und Frieden: Das wichtigste Wahlkampfthema, über das niemand spricht
Im Bundestagswahlkampf geht es vor allem um Migration und Wirtschaft. Doch die Münchener Sicherheitskonferenz hat gezeigt: Die größte Herausforderung der nächsten Bundesregierung wird die Sicherheitspolitik sein, meint Hauptstadtkorrespondent Tobias Heimbach.
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© dpa/Kay Nietfeld
Am kommenden Sonntag wird ein neuer Bundestag gewählt. Die Herausforderung für die neue Regierung sind groß.
Von Tobias Heimbach
Am Wochenende schaute die Welt auf die Münchener Sicherheitskonferenz. Es wurden Pläne über ein Ende des Ukraine-Krieges diskutiert und der US-Vizepräsident schockierte die Europäer mit einer fast feindseligen Rede. Eine Woche vor der Bundestagswahl rückte damit die Außenpolitik in den Fokus der Aufmerksamkeit.
Ein seltener Moment. Denn bislang spielte das Thema im Wahlkampf kaum eine Rolle. Stattdessen wird vor allem über Migration, innere Sicherheit und ein wenig über Wirtschaft gesprochen. Das sind ohne Zweifel wichtige Themen, hier braucht es dringend Veränderungen.
Doch die größte Herausforderung der kommenden Bundesregierung liegt in der Außen- und Sicherheitspolitik. Dabei geht es nicht allein darum, mehr in die eigene Verteidigungsfähigkeit zu investieren. Die teils offen zur Schau gestellte Verachtung des US-Vizepräsidenten J.D. Vance für die Europäer zeigt: Es braucht nicht weniger als einen Umbau der gesamten europäischen Sicherheitsarchitektur.
Bedrohung durch Russland, Rückzug der USA – Europas Lage ist prekär
Man muss sich nur vor Augen führen, in welcher Lage der Kontinent ist: Russland führt seit Jahren einen brutalen Krieg gegen die Ukraine. Aus seinen imperialen Ambitionen macht Putin keinen Hehl. Seine Agenten spionieren Bundeswehrstandorte aus und versuchen die deutsche Bevölkerung durch Desinformation zu verunsichern. Zugleich sind die USA nicht länger bereit, für Europas Sicherheit zu garantieren. Die Lage ist klar: Europa kann sich nur auf Europa verlassen.
Damit die Europäer ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen, wird es entscheidend auf die nächste Bundesregierung ankommen. Sie muss eine Führungsrolle übernehmen, sich eng mit Frankreich, Polen und Großbritannien abstimmen. Das wird auch von anderen Ländern erwartet, das wurde in München klar. Europäische Interessen müssen von Europäern in Angriff genommen werden. Man kann nicht darauf warten, dass der US-Präsident ein Ende des Krieges in der Ukraine über die Köpfe der Europäer hinweg mit Putin verhandelt. Europa muss eigene Vorschläge und Konzepte entwickeln, wie man den Krieg beendet – immer in Abstimmung mit Kiew.
Auch nach innen muss die kommende Bundesregierung vermitteln. In den vergangenen Jahren hat die Politik die Erwartung geschürt, dass sich für die Bürger nichts ändert, egal welche Krisen um uns herum toben. Doch auch die Menschen in Deutschland müssen verstehen, wie ernst die Lage ist.
Jetzt ist nicht die Zeit für teure Wahlgeschenke. Die nächste Bundesregierung muss wahrscheinlich Geld einsparen und neue Schulden aufnehmen, um mehr in die Bundeswehr zu investieren. Man muss einen Wiedereinstieg in die Wehrpflicht finden. All das sind keine Projekte, mit denen sich eine Regierung beliebt macht. Doch sie sind notwendig.
Trotz aller Schwierigkeiten muss die Allianz mit den USA gepflegt werden
Hoffnung macht, dass Union, SPD und Grüne verstanden zu haben scheinen, dass etwas passieren muss. Zwei dieser Parteien werden wahrscheinlich nach der Wahl miteinander koalieren. Bei allen politischen Unterschieden haben Olaf Scholz (SPD), Friedrich Merz (CDU) und Robert Habeck (Grüne) verstanden, was die zentralen Herausforderungen sind.
Eine Aufgabe der kommenden Bundesregierung ist zudem, trotz aller Schwierigkeiten die Allianz mit den USA zu pflegen. Dass man mehr für die eigene Sicherheit tut, sollte nicht heißen, dass man Trump künftig trotzig gegenübertritt. Europas Gegner sitzt im Kreml, nicht im Weißen Haus.
Vielmehr könnte ein stärkeres Europa das transatlantische Verhältnis verbessern. Denn Trump respektiert Stärke. Die nächste Bundesregierung muss es schaffen, dass Europa zu neuer Stärke findet.