Kündigung von Ärztin wegen Kritik an Corona-Politik rechtens

dpa/lsw Freiburg. „Infektionsschutzgesetz = Ermächtigungsgesetz“, „Zwangsimpfung“ und „Wegnehmen der Kinder“ war in einer Kleinanzeige zu lesen. Aufgegeben hatte die eine Polizeiärztin. Als Konsequenz kündigte ihr das Land - das hatte nun ein Nachspiel vor dem Landesarbeitsgericht.

Eine zuvor gekündigte Polizeiärztin steht im Vorfeld einer Berufungsverhandlung gegen ihre Kündigung im Gericht. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Eine zuvor gekündigte Polizeiärztin steht im Vorfeld einer Berufungsverhandlung gegen ihre Kündigung im Gericht. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Eine Polizeiärztin hat eine Zeitungsanzeige geschaltet und darin das Infektionsschutzgesetz zur Eindämmung der Corona-Pandemie mit dem Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten von 1933 verglichen - dafür hat das Land Baden-Württemberg ihr gekündigt. Die Frau wehrte sich dagegen, scheiterte aber am Mittwoch in zweiter Instanz am Landesarbeitsgericht in Freiburg.

Die Kündigung nach der öffentlichen Kritik an der Corona-Politik sei wirksam, teilte das Gericht mit (Az.: 10 Sa 66/21). Die Ärztin habe gegen ihre Pflicht zur Rücksichtnahme auf Interessen des beklagten Landes verstoßen - insbesondere gegen die Pflicht, sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen.

Das Gericht habe die Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zugelassen, sagte ein Gerichtssprecher. Zwar könne die Frau dagegen Beschwerde einlegen. Sie habe aber angekündigt, darauf zu verzichten.

Unter ihrem Namen hatte sie nach Angaben des Gerichts im Herbst 2020 eine Kleinanzeige in einer kostenlosen Sonntagszeitung veröffentlicht, die überschrieben war mit „Infektionsschutzgesetz = Ermächtigungsgesetz“. Unter anderem ist in der Annonce zudem von „Zwangsimpfung“ die Rede, und es gibt einen Verweis auf eine Demonstration vor dem Bundestag gegen das Infektionsschutzgesetz.

Das Land Baden-Württemberg habe die ordentliche Kündigung vor allem mit mangelnder Eignung der Klägerin für die Tätigkeit als Polizeiärztin begründet, hieß es. Zudem habe sie arbeitsvertragliche Pflichten verletzt. „Zu den Treuepflichten gehöre es, den Staat, die Verfassung und staatliche Organe nicht verächtlich zu machen. Die Überzeugung der Klägerin sei nicht durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt“, teilte das Gericht weiter mit.

Die Klägerin sah das anders. Sie sei der Auffassung gewesen, dass ihr außerdienstliches Eintreten für die Wahrung der Grundrechte keine Verletzung ihrer Pflichten gegenüber dem Arbeitgeber sei, hieß es.

Der Deutschen Presse-Agentur hatte Anette Franz aus Lahr (Ortenaukreis) vor der Verhandlung mitgeteilt, sie stehe wie die deutsche Polizei für die freiheitliche demokratische Grundordnung. Mit ihrer Anzeige habe sie „anscheinend hellseherische Fähigkeiten“ gehabt: Sie verwies unter anderem auf die geplante Impfpflicht und darauf, dass Quarantäneverweigerer zwangsweise untergebracht wurden. In ihrer Anzeige war auch von „Gefängnis“ die Rede.

Nach dem Urteil teilte Franz der dpa mit: „Seit Mai 2020 trete ich jeden Samstag für die Wahrung unserer wunderbaren Grundrechte ein.“ Sie wisse nicht, ob man sich noch aktiver und klarer zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen könne.

Schon das Arbeitsgericht Freiburg war allerdings der Argumentation des Landes gefolgt und hatte die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Dagegen legte die Klägerin Berufung ein.

Das Land hatte der Polizeiärztin im vergangenen Sommer auch fristlos gekündigt, weil sie laut Gericht unrichtige Gesundheitszeugnisse ausgestellt haben soll. Diese Kündigung sollte am 31. März vor dem Arbeitsgericht Freiburg verhandelt werden. Da die erste Kündigung aber nun wirksam ist, dürfte die zweite ohne Bedeutung sein.

© dpa-infocom, dpa:220202-99-946359/4

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Erstellt:
2. Februar 2022, 14:17 Uhr

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