Kulturwissenschaftler Bausinger ist 95 und neugierig
dpa/lsw Reutlingen. Der Kulturwissenschaftler Hermann Bausinger ist auch im hohen Alter für Neues offen. „Die Neugier ist bei mir einfach nie verloren gegangen“, sagte er dem „Reutlinger General Anzeiger“ anlässlich seines 95. Geburtstags an diesem Freitag. Der emeritierte Tübinger Professor, der in Reutlingen lebt, gilt als Ikone der Empirischen Kulturwissenschaft.
Durch die Corona-Zeit ist er nach eigenen Angaben gut gekommen. Was sich verändert hat durch die Pandemie, ist aus seiner Sicht die Wahrnehmung von Heimat: „Charakteristisch für Heimat ist, dass man sich in einem Raum bewegt, in dem alles selbstverständlich abläuft, in dem man sich nicht ständig erklären muss. Durch Corona haben sich gegenläufige Dinge entwickelt. Auf der einen Seite ist das Zuhause nicht nur für alte Menschen viel wichtiger geworden. Auf der anderen Seite ist geradezu eine Sucht entstanden, dieses Nur-im-eigenen-Raum-Sein zu überwinden und wieder mit anderen Leuten zusammenzutreffen.“
Am Sonntag will Bausinger mit einigen Freunden feiern. Wenn er über seine „Leibschäden“ hinwegkommt, kann er sich vorstellen, in den nächsten Jahren noch mal ein Buch zu schreiben. Dem Sterben sieht er mit „reflektierter Gleichgültigkeit“ entgegen, sagte er dem Blatt. „Ich bin Agnostiker. Ich mache mir kein Bild davon, was da alles kommen kann. Ich bin weitgehend überzeugt, dass das Ende das Ende ist.“
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