Ministerin will trotz Delta Präsenzpflicht nach Schulferien
dpa/lsw Stuttgart. Noch zehn Tage Schule, dann sind Sommerferien im Südwesten. Aber wie geht es am 13. September weiter, wenn Delta die Inzidenz nach oben treibt? Die Ministerin will neue Schulschließungen unbedingt vermeiden - doch in der Corona-Krise kam es schon öfter anders.
Trotz der Gefahr einer vierten Corona-Welle im Herbst geht Kultusministerin Theresa Schopper davon aus, dass es nach den Sommerferien wieder Präsenzpflicht an den Schulen gibt. „Wir haben es fest vor“, sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag in Stuttgart. Sie sei sehr zuversichtlich, dass die „Korsettstangen der Sicherheit“ ausreichten, um in Vollpräsenz in die Klassenzimmer zurückzukehren. Schopper sprach sich dafür aus, die Inzidenz nicht mehr als einzigen Maßstab für Corona-Auflagen zu nehmen, um Schulen offen lassen zu können. Da die Sommerferien erst Mitte September enden, habe man aber noch Zeit, das Infektionsgeschehen zu beobachten. Die SPD hielt der Ministerin vor, noch kein schlüssiges Konzept zu haben, um den Präsenzunterricht abzusichern.
Schopper rechnet damit, dass viele ungeimpfte Kinder und Jugendliche sich mit der aggressiveren Deltavariante anstecken werden. „Delta wird sich in den Schulen breitmachen, da muss man sich nichts vormachen.“ Allerdings zeichne sich ab, dass es bei Schülerinnen und Schülern nur leichte Verläufe wie Husten oder Schnupfen gebe. Es sei übertrieben, an Schulschließungen zu denken, wenn Kinder und Jugendliche im Wesentlichen „einen Packen Taschentücher“ bräuchten. Zwar müsse man noch genau schauen, ob es sogenannte Long-Covid-Folgen bei Jüngeren gebe. Sie sei aber zuversichtlich, dass die Deltavariante keine Schüler und Schülerinnen „niederstreckt“.
Die Ministerin hält es deshalb nicht für nötig, dass die Schulen wieder geschlossen werden müssen, wenn die Inzidenzen „in die Höhe schnellen“. Bisher müssen gemäß der Bundesnotbremse bei einer Inzidenz von 165 die Schulen geschlossen werden. Für die Notbremse sei entscheidend gewesen, dass die Krankenhäuser nicht überlastet werden sollten. Wenn sich aber künftig vor allem Kinder und Jugendliche ansteckten und milde Verläufe hätten, sei das eine andere Lage.
Der SPD-Bildungsexperte Stefan Fulst-Blei widersprach der Ministerin: „Offenbar unterschätzt Frau Schopper die Delta-Variante. Während die Wissenschaft sehr eindringlich warnt, legt Grün-Schwarz bei den Schulen weiter die Hände in den Schoß. Offensichtlich hat die Landesregierung aus dem Jahr 2020 rein gar nichts gelernt.“ Er erneuerte die Forderung der SPD, Luftfilter in allen Klassenzimmern zu installieren. Grün-Schwarz hat angekündigt, den Kommunen als Schulträgern 60 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, um Filtergeräte oder CO2-Ampeln anzuschaffen. Das sei zu wenig und werde der Lage nicht gerecht, sagte Fulst-Blei.
Schopper machte deutlich, dass auch für Lehrkräfte Präsenzpflicht gelte. „Wir gehen davon aus, dass alle Lehrer einsetzbar sind, weil alle ein Impfangebot hatten.“ Wer sich nicht mit einem Attest entschuldige, müsse in die Schule kommen. Zwar dürfe man aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht nachfragen, welche Lehrerinnen und Lehrer sich haben impfen lassen. Die Rückmeldung aus den Schulen sei aber so, dass wohl die meisten Pädagogen sich haben impfen lassen.
Nach den Ferien gebe es zwei Wochen Maskenpflicht, um zu verhindern, dass Urlaubsrückkehrer das Virus einschleppen. Zudem werde weiter zweimal die Woche getestet. Die Tests seien neben den Impfungen der Lehrkräfte auch der entscheidende Unterschied zur Lage im Lockdown von Weihnachten bis Pfingsten.
Die Kultusministerin kündigte zudem an, dass im kommenden Schuljahr auch wieder mehr Zusatzangebote möglich sein sollen. „Die Kohorten werden sich immer mehr mischen im kommenden Jahr.“ Derzeit prüfe man, ob zum Beispiel Chöre, Theater-AG oder Jugend trainiert für Olympia wieder zugelassen werden. Sie deutete an, dass dies mit bestimmten Schutzmaßnahmen wieder möglich werden könnte.
Für die AfD erklärte der Sprecher für Bildung, Rainer Balzer: „Am Prinzip des Präsenzunterrichts darf nicht, ja darf nie mehr gerüttelt werden.“ Klar sei: „Wir werden das mutationsfreudige Virus nicht los. Unser Immunsystem wird mit ihm leben lernen und wir können das auch.“
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