Urteil nach Farbattacke auf Hauptversammlung
Porsche mit Kunstblut beschmiert – so teuer wird die Aktion für die Aktivistin
Erst beschmierte sie einen Panamera mit roter Farbe, dann legte sie sich mit der Richterin an – am Ende wurde die Aktivistin verurteilt. Bei ihrer Aktion ging es um Porsches Rolle in der NS-Zeit.
Von Peter Stolterfoht
Möglicherweise hätten die Angeklagte Franziska F. und Richterin Katrin Pfeffer in Saal 3 des Amtsgerichts Bad Cannstatt eine gemeinsame Verhandlungsbasis gefunden. Doch nach dem ersten abgelehnten Antrag der 24-Jährigen war von ihrer Seite aus an ein konstruktives Miteinander nicht mehr zu denken. Dabei stritt die Angeklagte gar nicht ab, auf der Hauptversammlung von Porsche einen Farbanschlag verübt zu haben.
Franziska F. wurde es untersagt, eine im Zuschauerraum anwesende Bekannte als ihren Rechtsbeistand einzusetzen. Was mit der unterschiedlich interpretierbaren Regelung Ablehnung fand, dass die Person nicht über das notwendige juristische Fachwissen und die Distanz zum Fall verfüge. Die richterlichen Ablehnungen weiterer Anträge führten zu Unmutsreaktionen der Unterstützer sowie zu drei Saalverweisen.
Mit Kunstblut beschmierter Porsche Panamera
Unwidersprochen blieb von Fransziska F. über die Prozessdauer von zwei Stunden der gegen sie bestehende Vorwurf. Zur Last gelegt wurde ihr, am 28. Juni 2023 in der Stuttgarter Porsche-Arena während der Hauptversammlung des Sportwagenherstellers eine Protestaktion durchgeführt zu haben. Dabei hat die Angeklagte offenkundig einen Becher mit Kunstblut auf einen Porsche Panamera geschüttet und versucht, sich mit Sekundenklebstoff an das Fahrzeug zu kleben. Dabei entstand ein Schaden in Höhe von 450 Euro.
Offenbar zu spät hatte Porsche zunächst den Vorfall zur Anzeige gebracht. Vor Gericht landete die Sache erst, nachdem die Staatsanwaltschaft ein öffentliches Interesse festgestellt hatte. Am Ende entsprach die Richterin der Forderung der Staatswaltschaft, die nicht vorbestrafte Franziska F. wegen Sachbeschädigung zu einer Strafe von 1600 Euro zu verurteilen, aufgeteilt in 40 Tagessätzen zu je 40 Euro.
Das Motiv für die Tat blieb dagegen weitgehend unerwähnt. Die Aktion stand unter dem provokanten Motto: „Nazi-Erben enteignen“ mit dem Untertitel „Porsche war ein Kriegsverbrecher“. Ein Vorwurf, den die heute Verantwortlichen und die Familie Porsche zum entsprechenden Handeln bewegen soll, so die Idee hinter der Störaktion.
Die braune Vergangenheit von Porsche
Demgegenüber steht die Tatsache, dass sich Porsche seiner braunen Vergangenheit im NS-Staat schon seit geraumer Zeit stellt, und dass keine Versuche erkennbar sind, etwas unter den Teppich zu kehren. Eine ergebnisoffene Aufarbeitung des Lebens und Wirkens von Ferdinand Porsche wurde vor Jahren in Auftrag gegeben.
Der Historiker Wolfram Pyta kommt zum Ergebnis, dass Ferdinand Porsche ohne Skrupel die unternehmerischen Möglichkeiten genutzt hat, die sich ihm als „Hitlers Lieblingskonstrukteur“ eröffneten. Dabei wiegt am schwersten, dass Zwangsarbeiter unter menschenverachtenden Bedingungen für die eigenen Unternehmensziele schamlos ausgenutzt wurden.
Keine Hinweise lassen sich laut Pyta allerdings finden, dass diesem Handeln Porsches die rassistische Überzeugung und der Vernichtungswille eines Nazitäters zugrunde liegt. Dennoch wurde vom Unternehmen unlängst eine weitere Überprüfung angeregt, um eine historische Zweitmeinung einzuholen. Das Ergebnis soll kurz vor der Veröffentlichung stehen.
Dazu kommt, dass der 1951 verstorbene Ferdinand Porsche im VW-Konzern schon lange nicht mehr als unantastbares Denkmal begriffen wird. In dessen tschechischer Geburtsstadt Vratislavice war es die VW-Tochter und Porsche-Schwester Skoda, die das Geburtshaus des berühmten Sohnes gekauft und in ein Museum umgebaut hat. Von ignoranter Heldenverehrung kann dort keine Rede sein, weil die dunkle Seite des begnadeten Konstrukteurs ganz offen zutage tritt.