Südwesten: Intensiv-Tests statt Quarantäne in Schulen
dpa/lsw Stuttgart. Ist Quarantäne für Kontaktpersonen bei einem Corona-Fall in Schulen und Kitas noch zeitgemäß? Die grün-schwarze Regierung hält tägliche Tests für genauso effektiv. Der Vorteil: Präsenzunterricht und Kita-Betrieb können einstweilen weitergehen.
Fünfmal Testen statt fünf Tage nicht in die Schule: Baden-Württemberg will die etwas stärker gelockerten Quarantäne-Regeln bei Corona-Fällen in Schulen und Kitas beibehalten. Das Land hält an den geplanten Intensiv-Testungen der Kontaktpersonen in den Klassen über fünf Tage hinweg fest - anders als es die Länderrunde erst am Montag mehrheitlich beschlossen hatte.
„Mit verstärkten Tests als Alternative zur Quarantäne erhöhen wir die Sicherheit und ermöglichen verlässlichen Schulunterricht in Präsenz“, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) am Mittwoch. Zuvor hatte die Landesregierung nach dem mehrheitlichen Beschluss der Gesundheitsminister der Länder vom Montag nochmal überprüft, ob die Regelungen angepasst werden müssen. Danach sollen alle Schülerinnen und Schüler vom 27. September an dreimal statt nur zweimal die Woche getestet werden, wie das Kultusministerium der „Schwäbischen Zeitung“ bestätigte.
Bund und die meisten Länder hatten bei der Quarantäne entschieden, dass symptomfreie Kinder, die als enge Kontaktpersonen in häusliche Isolation müssen, diese frühestens nach fünf Tagen mit einem negativen Test beenden können. Baden-Württemberg hat sich enthalten und will das zum Schulstart am Montag anders regeln: Statt Quarantäne sollen sich alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse fünf Tage lang mindestens mit einem Schnelltest täglich testen, sollte ein Mitschüler infiziert sein - geimpfte und genesene Schüler sind ausgenommen. Das infizierte Kind oder der Jugendliche muss sofort für 14 Tage zu Hause bleiben.
Die Kommunen begrüßten das Vorgehen. Der Chef des Landkreistags, Joachim Walter, sagte: „Mit dieser verantwortlichen und abgewogenen Entscheidung sind die Weichen für einen gelingenden Schulstart gut gestellt.“
Gesundheits- und Kultusministerium einigten sich zudem darauf, dass diese Regel nicht nur für weiterführende Schulen gelten soll, sondern auch für Grundschulen. Ursprünglich sollten sich Kontaktpersonen in Grundschulen nur einmal vor Wiederbetreten der Schulen testen lassen. In Kitas bleibt es dabei: Die Quarantäne von Kindern kann bei einem positiven Fall in der Betreuungsgruppe entfallen, wenn diese einmalig negativ getestet werden.
Grundsätzlich sei das Vorgehen von dem Beschluss der Gesundheitsminister gedeckt, ist man sich in der Regierung sicher. Es wird darauf verwiesen, dass auch andere Länder wie NRW, Sachsen oder Bremen ähnlich vorgingen wie der Südwesten.
Die Landesregierung will ihre Verordnung um weitere Regeln ergänzen: So sollen sich Beschäftigte in Schulen und Kitas, die nicht geimpft oder genesen sind, täglich morgens testen. Bei einem Corona-Fall sollen die anderen Schülerinnen und Schüler der Klasse so weit wie möglich - etwa in den Pausen - unter sich bleiben. Der Sportunterricht soll nur draußen und im Klassenverband stattfinden. Im Fach Musik soll während der fünf Tage auf Gesang und das Spielen von Blasinstrumenten verzichtet werden.
Außerdem gilt: Wenn sich ein Fünftel der Schülerinnen und Schüler einer Klasse innerhalb von zehn Tagen mit dem Coronavirus angesteckt hat, muss das Gesundheitsamt prüfen, ob nicht doch eine weitergehende Quarantäne angeordnet werden muss. Das gleiche gilt für Kitas.
Lucha sprach von einer Abwägung zwischen dem Recht auf Bildung, dem Wohlergehen der Kinder und Jugendlichen und der Sicherheit vor Corona. „Quarantäne und Isolation sind gerade für viele Familien mit Kindern eine enorme psychosoziale Belastung.“ Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) erklärte, das Ziel sei: „Schülerinnen und Schüler konsequent schützen und gleichzeitig - soweit es geht - die Teilnahme am Präsenzunterricht ermöglichen.“ Lucha und Schopper wiesen darauf hin, dass tägliche Tests eine gleichwertige Alternative zur Quarantäne sein sollen. Darauf deuteten erste Studien, etwa der Universität Oxford, hin.
© dpa-infocom, dpa:210907-99-124632/7