Landesranking: In Backnang ist das Trinkwasser teuer
Im Ranking der privatrechtlichen Wasserversorger im Land belegen die Backnanger Stadtwerke einen der hintersten Plätze. Eine Aussicht auf große Verbesserungen gibt es nicht, denn die Rahmenbedingungen lassen kaum Spielraum zu.

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Wie viel das Trinkwasser aus dem Hahn kostet, kann sich im Rems-Murr-Kreis deutlich unterscheiden. Symbolfoto: Adobe Stock/samopauser
Von Lorena Greppo
Rems-Murr. Gerade im Sommer, wenn es heiß ist, soll man viel trinken. Damit das die Grenzen der Haushaltskasse nicht sprengt, wird als Spartipp gerne mit auf den Weg gegeben, doch anstatt abgefüllten Wassers aus dem Supermarkt jenes aus dem heimischen Wasserhahn zu trinken. Wie viel Geld man damit spart, hängt aber vom Wohnort ab. Denn je nach Versorger können die Preise ziemlich unterschiedlich ausfallen. Der SPD-Landtagsabgeordnete Gernot Gruber hat sich die Preise der privatrechtlich tätigen 84 Wasserversorger im Land und besonders jene im Rems-Murr-Kreis genauer angeschaut.
Gesagt sei hierzu, dass es in Baden-Württemberg mehr als 1000 Wasserversorger gibt. Allerdings sind die meisten nicht unter der Aufsicht der Landeskartellbehörde für Energie und Wasser, die im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft angesiedelt ist. Dort erfasst werden lediglich die nicht öffentlich-rechtlichen Betriebe, also jene Unternehmen, die auch Gewinn machen dürfen (siehe Infotext). Kommunen mit Eigenbetrieben tauchen hier also nicht auf, auch wenn ihre Preise womöglich höher liegen.
Platz 81 von 84 für Backnang
Beim Blick auf die Tabelle des Kartellamts zeigen sich deutliche Unterschiede: Während die Stadtwerke Backnang (Platz 81) und Winnenden (Platz 76) zu den teuersten privatrechtlichen Versorgern im Land gehören, punktet Waiblingen (Platz 14) mit vergleichsweise günstigen Preisen. Im Mittelfeld reihen sich die Stadtwerke Fellbach (Platz 32) und Schorndorf (Platz 66) ein. Dabei schwankt der Grundpreis von 3,64 Euro (Waiblingen) und 13,21 Euro (Backnang) und der Bezugspreis für 100 Liter zwischen 26 und 37 Cent.
Winnenden: Preisanstieg um 40 Prozent
Wie sich das konkret auswirkt, veranschaulicht Gruber an einem Beispiel: „Bei einem exemplarischen Jahresverbrauch für einen Vierpersonenhaushalt von 150000 Litern stehen schon mal 155 Euro mehr zu Buche, je nachdem, ob man den Hahn in Backnang oder in Waiblingen aufdreht.“ Landesweit variiere der beispielhafte Wasserbezugspreis zwischen 331 (Stadtwerke Emmendingen, im Breisgau) und 559 Euro (Hagnauer Gemeindewerke, in Friedrichshafen am Bodensee) – im Rems-Murr-Kreis zwischen 396 und 551 Euro.
Grundsätzlich seien die Trinkwasserpreise im Rems-Murr-Kreis in den vergangenen fünf Jahren um etwas mehr als 15 Prozent angestiegen – das entspreche den durchschnittlichen Preiserhöhungen in anderen Teilen des täglichen Verbrauchs. Eine Ausnahme gab es: „Die Stadtwerke Winnenden fallen mit einer deutlicheren Preiserhöhung auf“, berichtet Gernot Gruber nach der Analyse der veröffentlichten Wasserpreisdaten. Die dort derzeit verlangten 0,36 Cent pro Liter Wasser bedeuten im betrachteten Zeitraum einen Anstieg um fast 40 Prozent. So sei es auch zu erklären, dass Winnenden im Landesranking seit der Erhebung 2021 zehn Plätze eingebüßt hat. Währenddessen haben die Waiblinger Stadtwerke fünf Plätze gutgemacht, Backnang hat sich immerhin um einen Platz verbessert.
Anschluss an den NOW-Zweckverband wurde vor Jahrzehnten beschlossen
Doch woran liegt es, dass in Backnang die Preise höher sind? Stadtwerkegeschäftsführer Thomas Steffen erklärt: „Der Wasserpreis hängt überwiegend von den Bezugskosten beim jeweiligen Wasservorlieferanten ab.“ Die Stadtwerke Backnang beziehen mehr als 80 Prozent des Wassers vom Zweckverband Wasserversorgung Nordostwürttemberg (NOW), welcher im Vergleich zur Landeswasserversorgung und zur Bodenseewasserversorgung vergleichsweise hohe Wasserpreise hat. Die Entscheidung zum Anschluss an die NOW-Versorgung und die Mitgliedschaft in diesem Zweckverband sei in Backnang schon vor vielen Jahrzehnten getroffen worden und ein Wechsel sei beinahe unmöglich. Zum einen müsste ein neues Leitungsnetz erst gebaut werden, zudem kann man aus dem Zweckverband NOW nur mit Zustimmung aller anderen Mitglieder austreten.
Auf die Frage, wie viel Gestaltungsspielraum die Stadtwerke bei den Preisen haben, ist Thomas Steffens Antwort ebenfalls ernüchternd: relativ wenig. Schon jetzt sei man nicht darauf bedacht, große Gewinne zu erzielen, das Wasserergebnis der Stadtwerke sei in der Regel bei einer schwarzen Null. „Die Wasserversorgung ist klar im Bereich der Daseinsvorsorge angesiedelt und dient nicht der Gewinnmaximierung“, erklärt Thomas Steffen. An einer anderen Stellschraube möchte der Stadtwerkechef nicht drehen: „Wir könnten durch weniger Instandhaltungen und Investitionen die Kosten reduzieren, aber dies wäre langfristig ein Problem, da wir unser Wassernetz herunterwirtschaften würden.“
Aktuell keine Kostensteigerung vorgesehen
Auch von den steigenden Preisen im Bausektor sowie in Sachen Energie sind die Stadtwerke betroffen. Das spiegle sich auch im Wasserpreis. Über die vergangenen fünf Jahre lagen die Preiserhöhungen der Stadtwerke Backnang ziemlich genau bei den durchschnittlichen 15 Prozent, wobei der größte Anstieg erst 2023 stattfand. „Für 2024 rechnen wir aktuell mit keiner weiteren Kostensteigerung, da sich die Energiepreise wieder etwas beruhigt haben“, sagt Thomas Steffen. Die weiterhin hohen Baukosten und die inflationsbedingt deutlich angestiegenen Personalkosten wirkten hingegen unvermindert.
Kein Wechsel möglich Bei hohen Preisen einfach den Anbieter wechseln – das klingt zwar verlockend, ist aber bei der Wasserversorgung schlicht nicht möglich. Die Pressestelle des Landratsamts erklärt: „Grundsätzlich muss Trinkwasser über den jeweiligen Wasserversorger bezogen werden.“ Nur in seltenen Ausnahmefällen könne die Kommune einzelne Bürgerinnen und Bürger vom „Anschluss- und Benutzungszwang“ befreien. Dann nämlich, wenn sich jemand aus einer eigenen, privaten Quelle mit Trinkwasser versorgt.
Vergleich Das baden-württembergische Umweltministerium listet die Trinkwasserpreise (brutto) 2023 für Haushalts- und Kleingewerbekunden der privatrechtlich tätigen Wasserversorger in Baden-Württemberg auf. Die Tabelle ist online zu finden unter: https://t1p.de/Wasserpreise2023
Weitere Versorger In der Tabelle des Umweltministeriums sind jedoch nicht alle Kommunen zu finden. Das hat folgenden Hintergrund: Sie bieten eine öffentlich-rechtliche Versorgung mit Trinkwasser. Sie erheben folglich auch kein Entgelt, sondern eine Gebühr. Die Wasserpreise jener Kommunen werden nicht von einer übergeordneten Stelle erhoben, sondern müssten bei den jeweiligen Verwaltungen erfragt werden.