Grünes Licht für Klimaschutzgesetz

dpa/lsw Stuttgart. Nach über zehn Jahren Kretschmann ist der Südwesten beim Ausbau der erneuerbaren Energien noch längst nicht da, wo die Grünen eigentlich hinwollen. Nun soll das Tempo erhöht werden.

Im Landtag von Baden-Württemberg wird eine Sitzung abgehalten. Foto: Uwe Anspach/dpa/Archivbild

Im Landtag von Baden-Württemberg wird eine Sitzung abgehalten. Foto: Uwe Anspach/dpa/Archivbild

Häuslebauer haben noch sieben Monate Zeit, um sich darauf einzustellen: Wer ein neues Haus bauen will, muss vom 1. Mai nächsten Jahres an eine Solaranlage auf seinem Dach installieren lassen. Das sieht das neue Klimaschutzgesetz vor, das am Mittwoch in Stuttgart im Landtag beschlossen wurde. Neben der Koalition aus Grünen und CDU stimmte auch die SPD dafür, FDP und AfD votierten dagegen. Das Gesetz sieht auch vor, dass Hausbesitzer vom 1. Januar 2023 an bei einer grundlegenden Dachsanierung eine Photovoltaikanlage einbauen lassen müssen. Es ist das erste große Gesetzesprojekt von Grün-Schwarz in dieser Wahlperiode. FDP und AfD kritisierten, die Solarpflicht sei unsozial und werde das Bauen und Wohnen verteuern.

In dem Gesetz sind außerdem ehrgeizigere Ziele zur Reduzierung der klimaschädlichen Treibhausgase verankert. So soll das Land bis 2040 klimaneutral werden - bisher waren 90 Prozent bis 2050 das Ziel. Damit will das Land fünf Jahre schneller sein als der Bund und bis dahin nur noch so viele Treibhausgase ausstoßen wie wieder gebunden werden können. Grün-Schwarz will auch die Windkraft stark ausbauen, bei der Baden-Württemberg zuletzt kaum vorangekommen ist. Nachdem Umweltexperten bei einer Anhörung bezweifelten, dass die geplanten Maßnahmen der Regierung ausreichen, um die Klimaziele zu schaffen, legten die Fraktionen von Grünen und CDU nochmal nach.

Das Klimaschutzgesetz sieht vor, dass zwei Prozent der Fläche für Windenergie und Photovoltaik in den Regionalplänen festgelegt werden sollen. Umweltverbände hatten eine Erhöhung auf mindestens drei Prozent gefordert, um den zukünftigen Energiebedarf decken zu können. Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) sagte: „Wir brauchen Flächen, Flächen, Flächen. Wir brauchen mindestens zwei Prozent, um die Versorgung sicherzustellen.“ Viele Firmen, die hier investieren wollten, fragten häufig nach, ob es auch genug grüne Energie im Land gebe. Die erneuerbaren Energien seien auch ein Standortfaktor.

Für die CDU sagte Raimund Haser zu den Flächenzielen: „Lassen Sie uns doch erstmal anfangen. Wir sollten nicht den zweiten Schritt vor dem ersten tun.“ Aber klar sei: Man müsse weitaus mehr tun als jetzt im Gesetz stehe. Der FDP-Abgeordnete Frank Bonath sagte, viele Häuslebauer könnten sich eine Solaranlage nicht leisten. Zudem sei die Solarpflicht ein „Bürokratie-Aufbauprogramm“, weil es so viele Vorschriften gebe. „Es braucht keinen staatlichen Dirigismus. Unser Land kann viel, wenn man es lässt.“

Der AfD-Abgeordnete Joachim Steyer, von Beruf Gas- und Wasserinstallateur, sagte: „Ich weiß, was ein Haus von einem Luftschloss unterscheidet.“ Es sei falsch, die Windkraft im Südwesten voranzutreiben, wo doch im Norden der Wind viel stärker sei. Die AfD sei überzeugt, dass man ohne Atomkraft nicht auskomme.

Grüne, CDU und SPD stimmten einem Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zu, dass das Land bei seinen eigenen Gebäuden deutlich stärker mit gutem Beispiel vorangehen soll. Grün-Schwarz legte einen eigenen Forderungskatalog mit sieben Punkten vor, mit dem die Landesverwaltung ihren Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid schneller verringern soll. Demnach soll die Landesverwaltung mit ihren etwa 8000 Gebäuden bis 2030 „netto-treibhausgasneutral“ sein.

Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz sagte der dpa: „Bei Verwaltungsneubauten ist künftig der sogenannte Plusenergiestandard das Maß der Dinge.“ Das heißt, dass die Gebäude eine positive Energiebilanz aufweisen sollen. Zudem dringen die Fraktionen darauf, dass bis spätestens 2030 alle geeigneten Dachflächen bei Landesgebäuden mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet sein sollen. Zudem sollen alle landeseigenen Gebäude schnellstmöglich auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung umgestellt werden.

Der SPD-Abgeordnete Gernot Gruber hielt Grün-Schwarz vor, hier lange geschlafen zu haben. Nur 170 Landesgebäuden hätten ein Solardach, im vergangenen Jahr seien nur 12 dazugekommen. Hier gebe es großen Nachholbedarf, den vor allem die CDU lange nicht gesehen habe. CDU-Fraktionschef Manuel Hagel sagte nun: „Wir wollen, dass das Land als Vorbild voran geht. Wenn Bürgerinnen und Bürger immer mehr dazu beizutragen, unser Klima zu schützen, muss erst recht das Land hier einen größeren Beitrag leisten.“

© dpa-infocom, dpa:211005-99-491406/5

Die Mehrheit der Hausdächer in der Stuttgarter Innenstadt haben keine Solaranlagen. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Die Mehrheit der Hausdächer in der Stuttgarter Innenstadt haben keine Solaranlagen. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

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Erstellt:
6. Oktober 2021, 02:44 Uhr

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