Angriff auf AfD: Nein zu Kandidaten für Landeszentrale

dpa/lsw Stuttgart. Verschärfte Gangart gegen die AfD: Die anderen Fraktionen im Landtag verweigern ihr den Einzug in das Aufsichtsgremium der Landeszentrale für politische Bildung. Diesmal soll die Front halten.

Ein AfD-Luftballon hängt an einem Band. Foto: Marcus Brandt/dpa/Symbolbild

Ein AfD-Luftballon hängt an einem Band. Foto: Marcus Brandt/dpa/Symbolbild

Es ist ein Déja-vu: Vor der Sommerpause stand im Landtag die Wahl eines AfD-Kandidaten in den Verfassungsgerichtshof des Landes an. Nachdem die AfD angekündigt hatte, den Bewerber stets aufs Neue aufstellen zu wollen, kam er schließlich doch durch. Die Folge: Bundesweite Empörung vor allem bei Grünen und SPD mitten im Bundestagswahlkampf. Am Donnerstag stand nun eine ähnliche Wahl an: Die AfD wollte zwei Kandidaten in das Kuratorium der Landeszentrale für politische Bildung entsenden. Doch diesmal war die Antwort: Nein.

Uli Sckerl, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, der sich im Juli noch heftige Kritik aus der eigenen Partei anhören musste, gab den Hardliner: „Wir brauchen keine Brunnenvergifter wie Sie, deswegen lehnen wir Ihre Wahl ab“, rief der 70-Jährige der AfD zu seiner Rechten zu. In der letzten Wahlperiode habe man drei AfD-Vertreter in das Kuratorium entsandt. Diese hätten ihr Amt missbraucht, um die Landeszentrale „madig“ zu machen. Ihr Ziel sei gewesen, die Landeszentrale abzuschaffen.

Neben den Grünen lehnten auch CDU, SPD und FDP die Bewerber der AfD für das Kuratorium ab. Das Gremium soll die Überparteilichkeit der Landeszentrale sicherstellen. Die AfD warf den anderen Fraktionen ein unwürdiges Spiel vor. „Wie lange soll dieser Affenzirkus in den nächsten fünf Jahren eigentlich noch gehen?“, fragte der Abgeordnete Anton Baron. Die vorgeschlagenen Kollegen seien „sehr kompetent“. AfD-Fraktionschef Bernd Gögel kündigte an, die Wahl immer wieder auf die Tagesordnung des Landtags zu setzen. Das Nein sei „wirklich unterirdisch“.

Aber die Grünen wollen der AfD diesmal keinen Millimeter mehr entgegenkommen. Er habe seine Lektion aus dem Juli gelernt, sagte Sckerl der Deutschen Presse-Agentur. Die beiden jetzigen AfD-Bewerber Daniel Lindenschmid und Hans-Peter Hörner seien völlig inakzeptabel. „Der eine AfDler – Hans-Peter Hörner - tauchte Anfang des Jahres in einem durchgestochenen Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz zum Zusammenhang zwischen AfD und Rechtsextremismus auf.“

Lindenschmid habe sich „im Umfeld der inzwischen vom Verfassungsschutz beobachteten Identitären Bewegung“ getummelt. „Er war auch Angehöriger des Landesvorstandes der Jungen Alternative bis zu deren Beobachtung durch den baden-württembergischen Verfassungsschutz. Heute gibt er den Biedermann.“ Dies zeige: „Die AfD und diese Kandidaten sind weder wählbar noch tragbar. Bei dieser Haltung bleiben wir - auch in künftigen Abstimmungsrunden.“ Man sei sich mit den anderen Fraktionen außer der AfD einig, dass eine Wahl der Rechtspopulisten in das Kuratorium hochproblematisch wäre. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke bestätigte, er sehe nirgendwo eine Mehrheit für einen AfD-Kandidaten.

Die Wahl für den Verfassungsgerichtshof im Juli hatte bundesweit für Empörung gesorgt. Damals hatten sich die meisten Abgeordneten der anderen Fraktionen enthalten, sodass der Bewerber der AfD knapp gewählt wurde. Die SPD betonte, sie habe geschlossen gegen den AfD-Kandidaten gestimmt. Sckerl sagte damals, man habe eine „Nominierungs-Dauerschleife“ verhindern wollen. Außerdem habe man der AfD nicht ständig eine Bühne bieten wollen.

Schon am Donnerstagvormittag lieferten sich die anderen Fraktionen mit der AfD eine Redeschlacht. Anlass war die Debatte über Hasskriminalität. Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand warf der AfD vor: „Sie sind diejenigen, die diesen gesellschaftlichen Klimawandel betreiben, indem Sie daran arbeiten, ein gesellschaftliches Klima der Enthemmung, der Feindseligkeit und der Verrohung zu etablieren, weil das genau ihr Geschäftsmodell ist.“ Die AfD beklagte in der hitzigen Debatte mehrfach, in Wirklichkeit werde gegen sie gehetzt.

Die Rechtspopulisten mussten zuletzt bei der Landtags- und der Bundestagswahl im Südwesten Einbußen hinnehmen. In der letzten Legislatur hatte es in der AfD-Fraktion heftige Flügelkämpfe und mehrere Austritte gegeben. Gögel versprach im Mai eine andere Art des Umgangs im Parlament. Die Abgeordneten verhalten sich bislang deutlich zurückhaltender als in den vergangenen Jahren.

© dpa-infocom, dpa:211007-99-516641/4

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Erstellt:
7. Oktober 2021, 16:13 Uhr

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