Rezeptideen für Weihnachtsbäume
Lecker, ein Tannenbaum!
Zu Weihnachten finden etliche Bäume den Weg in unsere Wohnzimmer. Aber muss man sie nach den Feiertagen wegwerfen? Nadelbäume lassen sich in der Küche vielseitig einsetzen. Bei Bio-Ware eignet sich der Weihnachtsbaum auch zum Essen.
Von Sandra Markert
Sehr verwundert geschaut hat der Christbaumverkäufer, als Katharina Güls ihm vergangenes Jahr im Dezember die Frage stellte: „Ist der Baum auch wirklich bio? Wir würden ihn nämlich gern essen!“ Dann hat er genickt und gesagt: „Sie können mit Ihrem Baum machen, was Sie wollen.“
Das tat Katharina Güls dann auch. Die Motivation der Kräuterpädagogin aus Weingarten: An der Tradition eines echten Weihnachtsbaumes festhalten („Weil ich auf den Duft nicht verzichten möchte“), ihn nach den Weihnachtstagen aber nicht einfach entsorgen oder verfeuern, sondern möglichst nachhaltig verwerten.
Als Pulver werden Tannennadeln ein gutes Würzmittel
Also knabberte sie an den Nadeln. Ob des harten und piksigen Mundgefühls entschied sie sich dann aber schnell dazu, das Grün als Pulver zu verarbeiten. „Und das ist ein unglaublich gutes Würzmittel, egal ob für salzige oder süße Gerichte“, schwärmt Katharina Güls. Der Geschmack von Tannen- oder Fichtennadeln sei aromatisch, harmonisch, aber nicht aufdringlich. „Das hat mich wirklich erstaunt, man erwartet eher einen herben, harzigen Geschmack.“
In den letzten Monaten hat sie mit dem Pulver aus den Weihnachtsbaumnadeln, die zuerst getrocknet, mit der Küchenmaschine klein gemahlen und dann durch ein Sieb gestrichen werden, Käsegebäck und Vanilleeis gewürzt, Tannenbaisers gebacken und Tannennadeltee getrunken. Nun sind die Nadeln langsam aufgebraucht und Katharina Güls freut sich auf einen neuen Weihnachtsbaum als Gewürz für die Küche.
Victoria Lorenz, ebenfalls Kräuterpädagogin, beschäftigt sich schon seit einigen Jahren mit der kulinarischen Verwertung von Nadelbäumen. Darauf gekommen ist sie aus der Not heraus. Lorenz ist mit ihren Kursen in München unterwegs. Mitten in der Stadt ist es schwer, Ecken zu finden, die nicht auch Hunde nutzen. Also orientierte sie sich weg von den Kräutern auf dem Boden. An den Nadelbäumen gefiel ihr, dass sie das ganze Jahr über grün sind – und sehr intensiv und vielfältig im Geschmack.
Fichte schmeckt zitronig
„Fast alle Nadeln entpuppten sich als wahre Aromabomben. Fichte schmeckt zitronig, Weißtanne eher mandarinig, Douglasie orangig“, sagt Victoria Lorenz. Besonders angetan hat es ihr der grapefruitartige Geschmack der Küstentanne, die in den hiesigen Wäldern aber leider nicht zu finden sei.
Anfängern rät sie daher, mit der Fichte zu starten. Voraussetzung sei natürlich, dass man die heimischen Nadelbäume unterscheiden könne. „Zumal es mit der Eibe echt giftige gibt. Da sind schon wenige Gramm Nadeln tödlich“, sagt Victoria Lorenz. Auch Thujen, die in vielen Gärten als beliebte Heckenpflanze wachsen, sind giftig.
Rezept für Fichtenbutter
- 250 Gramm Butter aus dem Kühlschrank nehmen und weich werden lassen.
- 2-3 Esslöffel frische Fichtennadeln sehr fein schneiden oder mit einem Pürierstab kurz anmixen.
- Unter die Butter heben.
- Mit einer Prise Salz und optional einem halben Esslöffel Zitronenschalenabrieb oder Granatapfelkernen mischen.
- In ein Glas füllen und im Kühlschrank ein paar Stunden durchziehen lassen.
- Aufs Butterbrot, zum Backen oder für Grillgerichte verwenden.
Wer im Wald sammelt, für den gelten zudem das Bundesnaturschutzgesetz sowie Landeswaldgesetze. Demnach darf nicht mehr als ein Handstrauß voll an Kräutern, Zweigen, Blumen, Pilzen oder Beeren für den eigenen Bedarf aus dem Wald mitgenommen werden. „Wer mit Nadelbäumen kochen oder backen möchte, braucht aber ohnehin nur wenige Zweige, denn das ist ja mehr ein Gewürz denn eine Hauptzutat“, sagt Victoria Lorenz.
Um ein Gefühl für den intensiven Geschmack der Nadeln zu bekommen empfiehlt Lorenz, sich zunächst an Fichtenbutter zu probieren, eine Art winterliche Kräuterbutter. Und ganz ähnlich wie bei den Kräutern, stecken auch in den Nadeln der Nadelbäume viele Vitamine und Mineralstoffe. „Hinzu kommen die ätherischen Öle, denen auch viele gesunde Wirkungen nachgesagt werden“, sagt Victoria Lorenz.
Wer es nicht in den Wald schafft, kann vor Weihnachten auch bequem wie Katharina Güls im Wohnzimmer ernten – vorausgesetzt der Baum stammt aus biologischem Anbau. „Weihnachtsbäume sind ja eigentlich keine Lebensmittel und werden ordentlich gespritzt und gedüngt“, sagt Victoria Lorenz. Den beliebtesten Weihnachtsbaum der Deutschen, die Nordmanntanne, empfindet sie allerdings als nicht so aromatisch. „Ausprobieren kann man es aber auf jeden Fall trotzdem“, so Lorenz.
Zum Backen und Kochen verwendet sie am liebsten frische Nadeln wegen des Aromas. „Von Kräutersalz, über gebeizten Fisch, bis hin zu Plätzchen, Cocktails oder Smoothies habe ich schon so ziemlich alles mit verschiedenen Nadelbäumen ausprobiert“, sagt Victoria Lorenz. Auch sie nutzt die Nadeln gern in Pulverform, etwa um damit Desserts zu verzieren oder Zuckerguss für die Weihnachtsplätzchen grün zu färben.
Aber auch abseits von der Küche schätzt Victoria Lorenz den aromatischen Duft von Nadelbäumen. Sie stellt Räuchermischungen her, Massageöle und Badesalze. Während Nadelbäume in der Küche erst in den vergangenen Jahren so langsam als Gewürz bekannter werden, sind sie in der Natur-Apotheke schon lange im Einsatz.
Auch das Holz vom Weihnachtsbaum lässt sich nachhaltig verwerten
Fichtennadeln etwa werden schon lange aufgrund der nachgesagten entzündungshemmenden und schleimlösenden Wirkung bei Erkältungen angewendet. Victoria Lorenz genießt gerade in der oft stressigen Vorweihnachtszeit gern auch einfach so mal ein Nadelbad. „Wenn ich dabei den Duft von Fichtennadeln aufsauge, ist das fast so, als stünde ich tatsächlich im Wald.“
Katharina Güls hat mit ihrem diesjährigen Weihnachtsbaum noch mehr vor. Nachdem die nachhaltige Verwertung der Nadeln geklappt hat, soll diesmal auch das Holz dran sein. Sie hat gesehen, dass man daraus ganz einfach Knöpfe machen kann, ein Quirl für die Matschküche der Kinder, Kleiderhaken oder einfach kleine Schnitzprojekte mit ihrem Sohn. „Das Holz ist ja schön weich, da fällt uns bestimmt was ein“, sagt Katharina Güls. Hauptsache, der Weihnachtsbaum werde nicht einfach nur schnöde im Grünmüll entsorgt.