Lesepiraten lichten am Montag den Anker

Von Florian Muhl

BACKNANG. Erstmals stachen im Jahr 2009 Grundschüler mit den Lesepiraten in See. Zehn Jahre später feiert das Projekt einen runden Geburtstag. In zehn Jahren haben sich rund 5000 Mädchen und Jungen aus Backnang und umliegenden Gemeinden an dem Projekt beteiligt, bei dem die Kinder den Umgang mit der Tageszeitung kennenlernen, das Lesen üben und auch den Zugang zum journalistischen Alltag erhalten. Das Projekt begeistert die Dritt- und Viertklässler für Schrift und Sprache.

„Bei unseren Grundschulprojekten entdecken die Schüler spielerisch die Tageszeitung. Vier Wochen lang erhalten sie täglich ihr persönliches Exemplar und lernen die lokale Tageszeitung als wichtiges und spannendes Informationsmedium kennen“, sagt Wilhelm Maassen. Der ausgebildete Lehrer, der vor fast 30 Jahren das Unternehmen Promedia Maassen gegründet hat, begleitet und betreut mit seinem Team aus medienpädagogischer Sicht das Projekt Lesepiraten. Sein Institut arbeitet mit Schulen im ganzen Bundesgebiet zusammen.

Warum überhaupt ein Zeitungsprojekt für die Jüngsten? „Heute werden auch Grundschüler mit zahlreichen Informationen konfrontiert“, sagte Maassen beim Vorbereitungsseminar in den Räumen der BKZ. Der Pädagoge sprach von einer Medienüberflutung. Die Mädchen und Jungen schauen Fernsehen, hören Radio, lesen Zeitung und beschäftigen sich mit ihrem Smartphone oder Computer. Viele Stunden davon auch allein. Das heißt ohne Aufsicht. Und genau darin sieht er eine Gefahr. Deshalb sei es sehr wichtig, „die Kinder an die Hand zu nehmen“. Man müsse den Schülern erläutern, dass nicht jede Information, die sie erhalten, auch stimmen muss. Sind die Informationen geprüft? Wie kann man sie überprüfen? Die Kinder müssten lernen, mit dem unüberschaubaren Angebot an Informationen auch umzugehen.

Auch die Lehrer, die sich bereits zum wiederholten Male zum Lesepiraten-Projekt angemeldet hatten, bestätigten, dass sie mit dem Materialangebot mehr als zufrieden sind. „Super“, „einfach klasse“, „ganz toll und aktuell“ war zu hören. Angesichts dieses Lobes war es für den Promedia-Chef ein Leichtes, zunächst sein Institut und dann das Projekt detailliert vorzustellen. Folgende Ziele nannte Maassen, die das Projekt Lesepiraten verfolgt: Es soll die Lesekompetenz fördern, Medienkompetenz vermitteln und die Meinungsbildung anregen. Zudem soll es die Handlungskompetenz fördern und auch Identität stiften.

Die Backnanger Kreiszeitung hat ebenfalls einiges für Schüler und Lehrer zu bieten. Jedes Mädchen und jeder Junge, das sind in diesem Jahr insgesamt 575, erhält ein eigenes Zeitungsexemplar in die Schule geliefert, jeden Tag, kostenlos und vier Wochen lang. Zudem haben die Lehrer die Möglichkeit, einen E-Paper-Zugang zu erhalten. Darüber hinaus wird – bei Interesse – die BKZ während des gesamten Projektzeitraums auch an die Eltern frei Haus geliefert. „Das macht keine andere Zeitung in Deutschland“, sagte Maassen. Jedenfalls kenne er keine. Zudem kann sich jede Klasse einen Redakteur zu sich in die Schule einladen, der dann aus dem Alltag eines Journalisten berichtet, das Zeitungsmachen erklärt und Fragen beantwortet. Und es gibt den Fotowettbewerb „das kreative Klassenfoto“, bei dem es für die ersten Plätze kleine gefüllte Schatztruhen zu gewinnen gibt.

Jetzt also geht’s am Montag wieder los. Maassen und sein Team freuen sich darauf: „Die Zeitung hat viel zu bieten, was den Spaß am Abenteuer Lesen weckt beziehungsweise bewahrt. Lokale Berichterstattung schafft Identität und Nähe, Kindernachrichten sorgen für Aha-Effekte und Wissen stärkt schließlich das Selbstvertrauen.“ Durch die spielerische Auseinandersetzung mit der Tageszeitung und den kreativen Umgang mit Sprache würden Schüler ihre Fähigkeiten in den Bereichen Sprechen, Schreiben, Lesen sowie Umgang mit Texten weiterentwickeln. Der Pädagoge wünschte allen Lehrern viel Spaß.