LKA-Chef Stenger erwartet Ende der Krawalle nach Corona
dpa/lsw Stuttgart. Vor allem im Mai und Juni haben regelmäßige Krawalle meist junger Menschen die Polizei in Alarmbereitschaft gehalten. Wochenende für Wochenende waren die Beamten im Einsatz. LKA-Chef Stenger hat eine Erklärung dafür, warum die Jugend ausgerechnet jetzt Dampf ablässt.
Die Ausschreitungen und Ruhestörungen in den vergangenen Wochen sind nach Auffassung von LKA-Chef Andreas Stenger auch direkte Folgen der Corona-Krise und werden mit Ende der Pandemie wieder nachlassen. Die Jugendlichen und Heranwachsenden könnten in der Masse nicht in Clubs und Diskotheken und träfen sich stattdessen im öffentlichen Raum, sagte der Präsident des Landeskriminalamts der Deutschen Presse-Agentur. „Das, was dann passiert, das hat ja immer auch eine gewisse situative Gruppendynamik.“ Er glaube, nach der Wiedereröffnung der Clubs und Diskotheken werde sich die Situation wieder entspannen.
In den vergangenen Wochen war es in Baden-Württemberg immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen jungen Menschen und der Polizei gekommen. Größere Gruppen hatten etwa am Stuttgarter Schlossplatz oder auf der Heidelberger Neckarwiese und in Freiburg randaliert. Dabei waren auch Polizisten verletzt worden, etwa durch Flaschenwürfe.
„Natürlich wird es immer junge Menschen geben, die destruktiv sind und sich ausleben wollen, aus welchen Gründen auch immer“, sagte Stenger. Manche Menschen hätten tiefgreifende Sozialisierungsdefizite. „Aber wir haben ohne Corona weniger Menschen, die die aggressive und gewalttätige Minderheit noch anfeuern und die Videos auf Instagram stellen, die also den wenigen Gewalttätigen und Destruktiven noch eine Bühne bieten.“
Hätten Clubs und Diskotheken geöffnet, wären um Mitternacht nicht mehr über 1000 zumeist junge Leute etwa auf der Neckarwiese in Heidelberg, so Stenger. „Es wird sich kaum gänzlich lösen lassen, aber es wird sich wie hoffentlich die Corona-Situation insgesamt entspannen.“
Auch das Land sieht einen möglichen Grund für die Krawalle in den mangelnden Alternativen. „Diskotheken und Nachtclubs bieten Gelegenheiten, soziale Aktivitäten in einem geregelten Rahmen wahrzunehmen“, heißt es in einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der AfD. Aufgrund der festen Strukturen seien in diesem Umfeld die Verhaltensmuster oft eingespielter als zum Beispiel im Rahmen von Treffen im Freien oder bei spontanen Feiern und Veranstaltungen. Ein sicheres Mittel gegen Krawalle ist das aber nicht: „Eine Verbindung zwischen der Schließung von Diskotheken und Nachtclubs mit der Entstehung der Auseinandersetzungen kann somit zwar angenommen werden, aber sicher kann dies nicht als alleinige Ursache im Rahmen dieses Geschehens gewertet werden“, heißt es in der Antwort weiter.
© dpa-infocom, dpa:210801-99-647276/2