Malinska in Kroatien

Magische Lost Places in kroatischem Urlaubsort

Nur eine Ruine kündet heute noch von der früheren Pracht des Haludovo Palace Hotel im kroatischen Badeort Malinska. Doch der Strand davor ist bei den Urlaubern ungebrochen populär.

Von der 1972 eröffneten Nobelherberge des Haludovo Palace Hotel ist nur eine ausgebeinte Ruine geblieben.

© imago/Depositphotos/torishaa

Von der 1972 eröffneten Nobelherberge des Haludovo Palace Hotel ist nur eine ausgebeinte Ruine geblieben.

Von Thomas Roser

Hinter dem grünen Teppich der dichten Vegetation sind die Überreste des legendären Glücksspieltempels auf der kroatischen Insel Krk von der Straße aus kaum zu erkennen. „Parking- 5 Euro“ weist im Norden des Küstenortes Malinska ein Schild plötzlich scharf nach links. Unzählige Graffiti überziehen verwitterte Betonfassaden: Von der 1972 eröffneten Nobelherberge des Haludovo Palace Hotel ist nur eine ausgebeinte Ruine geblieben.

„Wo kann man denn hier für das Parken bezahlen?“, fragt ein ratloser Familienvater, der mit seinem Sohn an der Hand über den verwaisten Parkplatz irrt. „Du musst nichts bezahlen. Nach fünf Uhr ist niemand mehr da“, entgegnet ihm ein Sonnenbrillenträger achselzuckend, bevor er mit seiner Badematte unter dem tätowierten Arm im Dickicht entschwindet.

Nichts ist mehr so, wie es einst war, im einst so exquisiten Haludovo-Hotel. Nur mit Mühe scheinen die brutalistischen Betonpfeiler ihre bröckelnde Last noch zu tragen. Als „hängende Gärten“ hatte der jugoslawische Stararchitekt Boris Magas einst die futuristische Lobby konzipiert. Nun überziehen herabgestürzte Verschalungen, Betonbrocken, angekokelte Balken und Möbelüberreste die kreisförmig angeordneten Mauern der früheren Sitzecken.

Der Gründer des „Penthouse“-Magazins hatte ein Geschäftsidee

1967 hatte das sozialistische Jugoslawien die Visumspflicht für ausländische Besucher aufgehoben: Entschlossen begann der Küstenstaat auf Deviseneinnahmen durch ausländische Touristen zu setzen. 1968 gab der staatliche Konzern Hoteli Brodokomerc in Rijeka den Bau eines 25 Hektar großes Luxusressorts auf Krk in Auftrag. Doch es war nach knapp vierjähriger Bauzeit vor allem der Einstieg eines schillernden US-Investors, der das Fünfsternehotel in die internationalen Schlagzeilen katapultierte: 45 Millionen Dollar pumpte Bob Guccione, der Gründer des „Penthouse“-Magazins, in das „Penthouse Adriatic Club Casino“.

Im Casino sollten die Puppen tanzen

Das Geschäftskonzept des Dauerrivalen von „Playboy“-Herausgeber Hugh Hefner war simpel: Flugzeugladungen zahlungskräftiger Glücksspieler aus aller Welt sollten eingeflogen werden, um im Penthouse-Casino des Haludovo-Palace-Hotels die Kugeln rollen – und die Puppen tanzen lassen. Zumindest in den ersten Monaten nach der Eröffnung im Juni 1972 ließen aus dem Westen angereiste Glücksritter am Haludovo-Strand tatsächlich kräftig die Dollars springen. 50 als sogenannte Penthouse-Häschen angeheuerte Hostessen aus New York betreuten gemeinsam mit lokalen Schönheiten die Gäste. Die ließen sich nicht lumpen: Die Zocker verputzten mehr als 100 Kilogramm Hummer sowie fünf Kilogramm Kaviar und leerten mehrere hundert Flaschen Champagner – an einem Abend.

Ein warmer Wind streicht vor dem mit Schutt blockierten Aufzug durch glaslose Fensterhöhlen. Ein geländerloses Treppentorso in der Lobby führt in schwindelnde Höhen. Schon wenige Monate nach seiner spektakulären Eröffnung entpuppte sich das Penthouse-Casino als gigantische Fehlinvestition. Die betuchten Auslandszocker reisten in weit geringerer Zahl an als von Guccione erhofft. Einheimischen war das Glücksspiel im sozialistischen Jugoslawien ohnehin verboten. Der US-Investor stieg aus. Doch auch ohne Penthouse-Glimmer und Glanz galt das exquisite Haludovo-Ressort fast zwei Jahrzehnte lang als eine der besten Adressen an der kroatischen Adria.

Mit dem Kroatienkrieg begann der rasche Abstieg

Heute huscht nur eine Eidechse über den von Gestrüpp überzogenen Tennisplatz. Aus der Ferne dröhnt der Bass wummernder Technorhythmen eines benachbarten Aquaparks durch die Überreste der verfallenen Strandbar. Es waren die Schrecken des Kroatienkriegs (1991-1995), die den Anfang vom Ende einleiten sollten. Während des Krieges wurden im Hotel Flüchtlinge einquartiert. Nach Kriegsende sollten nicht nur Plünderungen, sondern auch die fragwürdige Privatisierung und der rasche Wechsel zweifelhafter „Investoren“ für den Niedergang des Ressorts sorgen.

2018 bot ein armenisch-russischer Geschäftsmann der Kommune an, dem Komplex neues Leben einzuhauchen. Doch seine Auflage, den kompletten Küstenstrich zum hoteleigenen Privatstrand zu erklären, lehnten Anwohner und Stadtverwaltung ab. Man wollte den Zugang zum Meer behalten.

Ausgelassen planschen die Kinder in der Bucht am ausbetonierten Hotelstrand. „Gibt es hier irgendwo eine Dusche?“, fragt ein bleicher Strandnovize. Der Verfall des Hotels in seinem Rücken scheint derweil kaum mehr zu stoppen: Ein Investor zum Wiederaufbau ist auch angesichts der heute als viel zu klein geltenden Hotelzimmer nicht in Sicht. Doch lieber eine Ruine im gebräunten Rücken als ein nicht zugänglicher Privatstrand vor der Nase: Vor der ausgebeinten Fassade des Gästehauses dösen heute die Sonnenanbeter genauso entspannt auf ihren Matten wie die Schattensucher in den unter Pinien baumelnden Hängematten.

Von oben sieht man wie riesig der 25 Hektar große Hotelkomplex ist.

© imago/Depositphotos

Von oben sieht man wie riesig der 25 Hektar große Hotelkomplex ist.

Die Vegetation rund ums ehemalige Luxusressort wuchert alles zu, aber der Strand ist öffentlich – und sehr beliebt.

© imago/Depositphotos

Die Vegetation rund ums ehemalige Luxusressort wuchert alles zu, aber der Strand ist öffentlich – und sehr beliebt.

Nur mit Mühe scheinen die brutalistischen Betonpfeiler ihre bröckelnde Last noch zu tragen.

© imago/Depositphotos/torishaa

Nur mit Mühe scheinen die brutalistischen Betonpfeiler ihre bröckelnde Last noch zu tragen.

Freie Sicht auf die Adria durch leere Fensterrahmen

© imago/Pixsell/ /Boris Scitar

Freie Sicht auf die Adria durch leere Fensterrahmen

Besucher genießen einen  leisen Grusel im bröckelnden Beton.

© imago/Pixsell/Boris Scitar

Besucher genießen einen leisen Grusel im bröckelnden Beton.

Hier hat einer eine klare Meinung zum Thema Tourismus: Unzählige Graffiti überziehen die verwitterten Betonfassaden.

© imago/Pixsell/Boris Scitar

Hier hat einer eine klare Meinung zum Thema Tourismus: Unzählige Graffiti überziehen die verwitterten Betonfassaden.

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Erstellt:
10. September 2024, 16:10 Uhr
Aktualisiert:
15. September 2024, 10:59 Uhr

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