Parteiausschluss

Maaßen – die unendliche Geschichte

Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsschutzes hofft in der Auseinandersetzung um seinen Parteiausschluss auf Unterstützung aus dem Osten.

Hans-Georg Maaßen könnte  eine Verwarnung durch die Partei akzeptieren, will aber mit allen rechtlichen Mitteln gegen den Parteiausschluss kämpfen.

© dpa/Martin Schutt

Hans-Georg Maaßen könnte eine Verwarnung durch die Partei akzeptieren, will aber mit allen rechtlichen Mitteln gegen den Parteiausschluss kämpfen.

Von Norbert Wallet

Die Causa Hans-Georg Maaßen sorgt in der CDU für immer neue Unruhe – und nichts deutet auf eine Beruhigung hin. Im Gegenteil, die Lage wird immer unübersichtlicher. Eine Analyse der Situation.

Wie ist die aktuelle Lage?

Die CDU-Spitze hatte Maaßen eine Frist bis zum 5. Februar gesetzt, freiwillig aus der CDU auszutreten. Ihm wurde unter anderem vorgeworfen, der Partei durch „Äußerungen in der Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen“ Schaden zugefügt zu haben. Maaßen hatte etwa in einem Tweet behauptet, es gebe „treibende Kräfte im politischen-medialen Raum“, deren Stoßrichtung „ein eliminatorischer Rassismus gegen Weiße“ sei. In einem Interview sprach Maaßen zudem von einer „rot-grünen Rassenlehre“. Der Aufforderung ist Maaßen erwartungsgemäß nicht gefolgt. Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsschutzes verteidigte sich in einem 26-seitigen Schreiben. Er weist alle Vorwürfe von sich und ist allenfalls bereit, im Rahmen eines Parteiordnungsverfahrens eine Verwarnung „grundsätzlich zu akzeptieren“. Der CDU-Bundesvorstand hat daraufhin einstimmig das Ausschlussverfahren beschlossen. Offenbar als eine Art Retourkutsche haben nun mehrere südthüringische Kreisverbände den Parteiausschluss der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Karin Prien gefordert, die besonders vehement den Bruch mit Maaßen vorangetrieben hatte.

Wieviel Rückhalt hat Hans-Georg Maaßen in Thüringen?

Maaßen zählt darauf, dass er in der Ost-CDU Unterstützung findet. Besonders in Thüringen hat er Freunde. Vier südthüringische Kreisverbände hatten ihn auch 2021 als Bundestagsdirektkandidaten aufgestellt. Die anschließende Wahl hat den Landesverband erschüttert. Die thüringische CDU gewann nur einen Direktwahlkreis, die AfD dagegen vier. Die CDU landete hinter AfD und SPD als dritte Kraft im Land. In Thüringen wirkt auch noch eine andere Episode aus der Vergangenheit nach: Im Februar 2020 wurde überraschend der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit den Stimmen von Liberalen, CDU und AfD zum Regierungschef gewählt. Daraufhin schaltete sich die Kanzlerin vom fernen Südafrika aus ein, wo sie auf Staatsbesuch weilte: „Unverzeihlich“ nannte Merkel die Wahl mit den Stimmen der Union und forderte eine umgehende Korrektur. In der Landespartei kam das als Bevormundung an. Wenn Maaßen den Konflikt mit der Bundes-CDU zu einem Kampf gegen das Partei-Establishment ummünzt, findet das durchaus Resonanz. In seinem Antwortschreiben an den Bundesvorstand spricht er vom Versuch „eine Brandmauer in der CDU gegenüber all denen zu errichten, die den links-grünen Kurs der Parteiführung nicht mittragen wollen“. Wie sehr in der Partei Mentalitäten aufeinanderprallen, sieht man auch an einem jüngsten Ereignis. Das thüringische Mitglied im CDU-Bundesvorstand Mike Mohring trat im Apoldaer Karneval als Indianer auf und teilte ein Foto mit einem Motivwagen, dessen Aufschrift lautete: „Zigeunerschnitzel soll man nicht sagen – mit Gender-Sternchen sich dafür rumplagen. Wir pfeifen auf die Sprachpolizei – und fahr’n als Indianer an Euch vorbei.“ Zum ganzen Bild gehört allerdings auch, dass der Landesvorstand den Kurs der Parteiführung vollkommen unterstützt.

Der Angriff auf Karin Prien

Christopher Other, Vorsitzender des Kreisverbands Hildburghausen, und 20 Mitunterzeichner fordern den Ausschluss der Vize-Bundesvorsitzenden Karin Prien. Die hatte kurz vor der Bundestagswahl 2021 in der Talkshow von Markus Lanz gesagt, sie sei „von Leistungssportlern immer wieder fasziniert“. Das war auf den Ex-Biathleten Frank Ullrich gemünzt – dem SPD-Gegenkandidaten im Wahlkreis von Maaßen. Priens Äußerung sei „parteischädigend“. Der Angriff zielt direkt auf die Führung der Bundespartei. Er hat einen sehr heiklen Unterton. Maaßen wird immerhin vorgeworfen, sich „der Sprache aus dem Milieu der Antisemiten“ bedient zu haben. Prien ist selbst Jüdin, ihre Familie musste vor den Nazis aus Deutschland fliehen. Schwer zu glauben, dass diese Zuspitzung von den Antragsstellern nicht bewusst in Kauf genommen wurde. In der Sache hat der Vorstoß keine Chance, verschärft aber den Konflikt zusätzlich.

Die Aussichten

Es wird ein langes Verfahren vor sicher allen Instanzen der parteiinternen Schiedsgerichte geben. Die erste Stufe ist das Parteigericht in Erfurt. Die Partei muss nachweisen, dass ein erheblicher Verstoß gegen die Grundsätze oder Ordnung der Partei vorliegt, der zudem der CDU einen schweren Schaden zugefügt hat. Maaßen stünde zudem die zivilgerichtliche Überprüfung der Entscheidung offen. Das kann Jahre dauern. Viele Experten rechnen damit, dass ein Ausschluss Maaßens nicht gelingen wird.

Chancen und Risiken für die CDU

Das Risiko ist klar: Maaßen kann den Konflikt systematisch umdeuten und so eine Solidarisierung der rechtskonservativen Kräfte in der Partei bewirken. Das wäre eine schwere Belastungsprobe für die Partei. Andererseits bietet der Konflikt der CDU-Führung die Chance, ihr Bekenntnis zu einer offenen, toleranten, vielfältigen Gesellschaft zu unterstreichen. Die Strategen in der Parteiführung halten das – unabhängig vom Ausgang des Verfahrens – für eine einmalige Chance.

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Erstellt:
21. Februar 2023, 16:50 Uhr

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