Mama klebt ein und Papa kauft Melone
Große und kleine Fußballsticker-Sammler bei Panini-Tauschbörse – Beim Durchforsten der Doppelten entwickeln sich Gespräche
Nachdem andere Osiander-Filialen bereits gute Erfahrung mit dem Anbieten von Panini-Tauschbörsen gemacht haben, hat der Backnanger Ableger der Buchhandlung am Samstag erstmals Sammlern eine Plattform für den Tausch ihrer Fußball-Sticker geboten. Kinder und Erwachsene nutzten die Gelegenheit, ihren gesammelten Schatz an Bildchen zu erweitern. Die Aktion wird kommenden Samstag wiederholt.

© Pressefotografie Alexander Beche
Fußball verbindet, sagt man. Fußballer-Bilder sammeln auch: Ob Vater oder Sohn, das Sammelfieber hat sie alle gepackt. Foto: A. Becher
Von Nicola Scharpf
BACKNANG. Schon mal eine Woche lang jeden Tag Honigmelone gegessen? Nein? Die Familie von Jonas schon. Das süße, saftige Obst hat es nonstop gegeben, weil eine große Supermarktkette, die an der Kasse derzeit pro zehn Euro Einkaufswert ein Plastikkärtchen bedruckt mit dem Porträt eines Fußballers der deutschen Nationalelf verschenkt, beim Kauf von Lebensmitteln aus dem Angebot überdurchschnittlich viele Karten spendiert. Das ist nur eine Blüte, die der Sammeleifer treibt.
Die Plastikkärtchen haben Jonas und sein Vater Markus zu Hause gelassen. Denn in der Buchhandlung sind bei der Tauschbörse nur Panini-Abziehbilder gefragt. „Uns fehlen noch 75 Stück“, sagt Jonas. „Dir“, korrigiert ihn sein Vater, der also nicht der offizielle Sammler, aber beim Tauschen trotzdem engagiert dabei ist. Das Heft von 1986, als er selbst sammelte, hat er noch. Und der Sohnemann hat das Sammelheft von vor vier Jahren vollständig. 25 Bilder haben damals gefehlt, die nachbestellt wurden. Anlässlich der Weltmeisterschaft in Russland hat Jonas ein Display, das ist eine Pappbox, gefüllt mit 100 Tütchen voll Sammelaufklebern geschenkt bekommen. Zur Belohnung nach den Hausaufgaben durfte er immer zwei Päckchen öffnen. Die Pappkiste ist jetzt umfunktioniert, um darin doppelte Sticker aufzubewahren – akribisch nach Ländern sortiert, damit das Tauschen leichter fällt.
Blöd nur, dass andere Sammler andere Systeme haben. Adrielle beispielsweise hat ihre Doppelten in Briefumschlägen dabei: ein Umschlag für Bilder von 1 bis 100, der nächste von 100 bis 200 und so fort. So kommt man am weißen Tisch zwischen Gummibärchen und Salzbrezeln beim Durchforsten der Dubletten ins Gespräch. „Ich kenn dich irgendwo her“, sagt das Mädchen zu einem Jungen. „Bist du in der Schillerschule? In der ersten?“ Der 13-jährige Claudio, der mit seinem kleinen Bruder und einem Nachbarsjungen da ist, sagt: „Das Sammeln macht Spaß, weil man Leute trifft, die man sonst nicht so trifft.“
Die drei sind etwas enttäuscht: Untereinander haben sie längst getauscht, ein fremder Tauschpartner wäre gelegen. Der lässt aber auf sich warten. Und als er kommt, sammelt er nicht die Sticker, sondern größere Karten zum Einstecken. „Mir fehlen von 682 Aufklebern noch 40 Stück“, erzählt Claudio, der Fan von Bayern München ist und deswegen vor allem die Spieler seines Lieblingsvereins gut findet. „Boateng, Hummels und so.“ Munter erzählt er weiter: „Beim letzten Mal habe ich bei Panini Bilder nachbestellt und die falschen bekommen. Ich habe die 521 undeutlich geschrieben und sie haben die 527 geschickt.“ Claudios jüngerer Bruder Matteo, Fan von Drittligist Paderborn, findet, dass das Sammeln eine gute Vorbereitung auf die WM ist. „Bei der WM ist dann nur noch WM.“
Anlässlich des Welttags des Buches am 23. April hat die Buchhandlung Führungen für Schulklassen angeboten und dabei per Flyer auf die Panini-Tauschaktion aufmerksam gemacht. „Seitdem hängt der Flyer am Spiegel im Flur“, sagt einer der Jungs. Ein anderer: „Bei uns hängt er am Kühlschrank.“ Mutter Andrea Augenstein kann die Sammelleidenschaft ihres Sohnes Julian gut nachvollziehen. Selbst früher aktive Fußballerin, Stadion-Gängerin und Sammlerin von Rückblick-Bänden klebt sie heute die Sticker, die der Sohn sammelt, ein. Die Familie hat dank des Sammeleifers vom Opa die Rückblick-Bände seit 1954 vollständig – bis auf 1962. „Mir ist wichtig, dass Julian die Siegermannschaft von 1954 kennt“, sagt die Mutter.
Eine weitere Panini-Tauschaktion findet am Samstag, 16. Juni, von 11 bis 13 Uhr in der Buchhandlung Osiander statt.