Lebensbedrohliche Infektionskrankheit
Marburg-Virus in Hamburg? Was bisher bekannt ist
Der Aufenthalt eines Medizinstudenten in Ruanda sorgt kurz darauf im Tausende Kilometer entfernten Hamburg für helle Aufregung. Es stellt sich die Frage: Hat sich der 20-Jährige mit dem lebensgefährlichen Marburg-Virus infiziert? Ein Überblick, über das, was wir bisher wissen.
Von Markus Brauer/dpa
Wegen des Verdachts auf eine Ansteckung mit dem lebensbedrohlichen Marburg-Virus werden in Hamburg zwei Menschen medizinisch untersucht. Eine der beiden Personen hatte nach Angaben der Hamburger Sozialbehörde kurz zuvor in Ruanda in einem Krankenhaus gearbeitet, wo mit dem Virus infizierte Menschen behandelt worden seien.
Was ist das Marburg-Virus?
Die Marburg-Viruskrankheit wird dem Robert-Koch-Institut (RKI) zufolge durch das Marburg-Virus ausgelöst. Wie das Ebola-Virus ist auch das Marburg-Virus ein RNA-Virus aus der Familie der Filoviren. Das Erbmaterial (Genom) von RNA-Viren besteht aus RNA (Abkürzung für englisch: ribonucleic acid, Ribonukleinsäure).
Bislang kam die Marburg-Viruskrankheit im östlichen, zentralen und südlichen Afrika vor. 2021 identifizierten Wissenschaftler erstmals in Westafrika einen Patienten mit dieser Erkrankung.
Das Marburg-Virus kann hohes Fieber und Symptome wie Muskelschmerzen, Bauchkrämpfe, Durchfall und blutiges Erbrechen auslösen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) starben in den bisherigen Ausbrüchen 24 bis 88 Prozent der Erkrankten.
Wann gab es den letzten Ausbruch in Deutschland?
Nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde CDC gab es seit 1967 keinen Ausbruch der Krankheit mehr in Deutschland. Der Erreger trägt den Namen der mittelhessischen Stadt, weil sich dort 1967 Laborangestellte mit dem bis dahin nicht bekannten Virus bei Versuchsaffen infiziert hatten.
Den weltweit ersten bekannten Ausbruch der Krankheit gab es nach Angaben der Weltgesundheitsbehörde WHO in Deutschland. 1967 infizierten sich in Marburg 29 Menschen, von denen sieben starben.
Wie infizieren sich Menschen?
Menschen stecken sich durch „direkten engsten Kontakt von Haut oder Schleimhaut“ sowie direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten Infizierter wie Blut an und nicht über die Luft. Eines der Reservoirs und ein Überträger für das Marburg-Virus ist laut Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) der Nilflughund (Rousettus aegyptiacus).
Wie kam das Virus nach Hamburg?
Ein Medizinstudent hat in Ruanda in einem Krankenhaus gearbeitet, in dem mit dem Marburg-Virus infizierte Patienten behandelt werden. Der laut Medienberichten Mitte 20-Jährige reist mit dem Flugzeug nach Frankfurt und von dort mit dem ICE nach Hamburg. Unterwegs informiert er laut Sozialbehörde Ärzte in der Hansestadt und äußert die Sorge, dass er sich in Ruanda mit einer tropischen Krankheit infiziert haben könnte.
Amakuru mashya | Update Virusi ya Marburg - 01.10.2024 pic.twitter.com/QptNrGLdYo — Ministry of Health | Rwanda (@RwandaHealth) October 1, 2024
Welche Symptome zeigen Erkrankte?
- Der Student hat nach Feuerwehrangaben grippeähnliche Symptome und leidet unter leichter Übelkeit. Fieber habe er jedoch keines. Das Marburg-Virus kann hohes Fieber und Symptome wie Muskelschmerzen, Bauchkrämpfe, Durchfall und blutiges Erbrechen auslösen.
- Generell kann das Marburg-Virus kann bei infizierten Personen ein hämorrhagisches Fieber – schwere infektiöse Fiebererkrankungen, die mit Blutungen einhergehen – auslösen.
- Nach einer Inkubationszeit von zwei bis zu 21 Tagen Symptome können Symptome wie hohes Fieber, starke Kopfschmerzen und Muskelschmerzen sowie Erbrechen, Brustschmerzen, Halsschmerzen, Bauchschmerzen und schwere wässrige Durchfälle auftreten.
- Die Symptome werden zunehmend schwerer und können unter anderem massive Blutungen und Multiorganversagen umfassen.
Wie werden Infizierte behandelt?
- Im UKE werden beide in einen Spezialbereich für hochkontagiöse Infektionserkrankungen gebracht. Die Koordination für eine möglichst schnelle Diagnostik hat die für solche Fälle eingerichtete Fach- und Reaktionsgruppe Seuchenschutz des Öffentlichen Gesundheitsdienstes übernommen.
- Es gibt bislang weder eine spezifische Behandlung für die Marburg-Virus-Krankheit noch einen Impfstoff. Eine unterstützende Therapie wie die Rehydrierung mit oraler oder intravenöser Flüssigkeit und die spezifische Behandlung einzelner Symptome verbessern jedoch die Überlebenschancen.
Was ist mit den übrigen Zugreisenden?
Vorsorglich wurden die Kontaktdaten der Zugreisenden, die eventuell Kontakt zu den beiden hatten, aufgenommen. Quarantänemaßnahmen seien aktuell nicht notwendig, teilte die Behörde mit.
Laut Deutscher Bahn saßen durchschnittlich 275 Reisende in dem Zug. Bislang ist laut Sozialbehörde für Mitreisende keine Quarantäne nötig. „Vom Ergebnis der Diagnostik hängt nun ab, ob weitere Vorsichtsmaßnahmen und Schritte eingeleitet werden müssen.“ Welche das wären, ist noch nicht bekannt.
Wie reagierte die Hamburger Gesundheitsbehörde?
Das Gesundheitsamt entschied, den Studenten und seine Begleitung noch am Hauptbahnhof zu isolieren. Die Bundespolizei sperrte daraufhin zwei Gleise ab, die Feuerwehr rückte mit einem Infektions-Rettungsfahrzeug an und brachte beide in das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), wo sie in einem Spezialbereich weiter untersucht wurden. Dort seien umgehend alle medizinisch notwendigen Untersuchungen begonnen worden, heißt es. Innerhalb von 24 Stunden könne im Regelfall eine Vielzahl von Krankheiten diagnostiziert werden.
Wann war der letzte Ausbruch in Ruanda?
Erst kürzlich war in Ruanda das Marburg-Fieber ausgebrochen. Bisher seien zehn Patienten an der Viruserkrankung gestorben, berichtete Gesundheitsminister Sabin Nsanzimana auf der Plattform X. Insgesamt waren am 1. Oktober 29 Fälle bestätigt. Die 19 derzeit behandelten Patienten gehörten überwiegend dem medizinischen Personal an und seien isoliert.
Dass in Ruanda vor allem Mitarbeiter des Gesundheitswesens erkrankt sind, überrascht Maximilian Gertler, Tropenmediziner der Berliner Charité, nicht. „Das Perfide an der Infektion ist, dass es so unspezifisch anfängt, mit banalen Symptomen, die auch eine Malaria sein können oder ein grippaler Infekt“, erklärt der Arzt, der auch schon im Einsatz für eine Hilfsorganisation bei einem Ebola-Ausbruch gearbeitet hat. „Bei all diesen Dingen ist man immer versucht, als Pflegekraft oder ärztliche Kraft in der Notaufnahme schnell mal Blut abzunehmen.“ Dabei bestehe die Gefahr einer Virusübertragung.