Von Type 405 bis Vollkorn
Mehl ist nicht gleich Mehl: Das kleine Mehl-Einmaleins
Ob Pizza oder Biskuit, Panade oder Béchamelsauce: Ohne Mehl sind viele Köstlichkeiten nicht denkbar. Vor allem beim Backen gilt: Mehl ist nicht gleich Mehl. Wissenswertes über die wichtige Zutat.
![Mehl ist nicht gleich Mehl: Das kleine Mehl-Einmaleins An Zöliakie erkrankte Menschen vertragen Brot aus Dinkelteig. Denn obwohl es Gluten enthält, hat es eine andere Zusammensetzung als Weizenmehl.](/bilder/an-zoeliakie-erkrankte-menschen-vertragen-brot-aus-873661.jpg)
© dpa/Christin Klose
An Zöliakie erkrankte Menschen vertragen Brot aus Dinkelteig. Denn obwohl es Gluten enthält, hat es eine andere Zusammensetzung als Weizenmehl.
Von Katja Sponholz (dpa)/Markus Brauer
Wer immer nur zu Nummer 405 greift, macht etwas falsch. Wer meint, Kleber hat immer mit Basteln zu tun, der irrt. Und wer sagt, dass er auf bestimmte Typen steht, spricht möglicherweise von seinen Backvorlieben.
Es gibt viel zu wissen, wenn es ums Mehl geht. Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um die verschiedenen Sorten:
Welche Mehlarten gibt es?
Grundsätzlich wird zwischen Brotgetreiden (wie Weizen und Roggen) und Nichtbrotgetreiden (wie Reis, Hirse, Amaranth und Quinoa) unterschieden. Zunehmend besinnen sich Landwirte auch wieder auf seltenere Getreidearten wie Emmer und Dinkel.
„Innerhalb der einzelnen Getreidearten gibt es unzählige Sorten“, sagt der Brot-Blogger Lutz Geißler. In der Regel werden in der Mühle verschiedene Sorten einer Art gemischt, um Qualitätsschwankungen auszugleichen. Daraus werden Vollkorn- oder Typenmehle gemahlen.
Was bedeutet die Type?
- Die unterschiedlichen Mehlsorten werden in Typen eingeteilt – in Deutschland nach einer DIN-Norm. „Jede Mehltype wird durch eine der Mehlbezeichnung nachgestellte Zahl charakterisiert“, erklärt Geißler. Also etwa Weizenmehl 405.
- Die Type ist ein Maß für den Schalenanteil im Mehl. Sie kennzeichnet den Mineralstoffgehalt in Milligramm bezogen auf 100 Gramm trockene Ausgangsmasse.
- T 550 bedeutet demnach: 550 mg Mineralstoffe pro 100 g Mehl. „Je höher die Type, umso kleiner das Brotvolumen, umso mehr Wasser muss in den Teig, und umso intensiver schmeckt das Brot.“
Sagt die Type auch etwas über die Feinheit des Mehls aus?
„«Überhaupt nicht“, erläutert Bäckermeister und Brot-Sommelier Florian Lutz aus Ludwigsburg. „Type und Mahlgrad des Mehls haben grundsätzlich erst mal nichts miteinander zu tun.“ Auch Vollkorn-Mahlerzeugnisse, die typenlos sind, kann man in verschiedene Feinheitsgrade einteilen.
Die Feinheit wird vielmehr über die Bezeichnung definiert. Steht "Mehl" auf der Verpackung, muss jedes Körnchen kleiner als 180 µm (0,18 mm) sein. Gröber sind Dunst, Grieß und Schrot.
Warum hat Vollkornmehl keine Type?
Beim Vollkornmehl wird das gesamte Korn vermahlen. Da die Type nur den Mineralstoffgehalt angibt und das Verhältnis von Schale zu Mehlkörper im Korn je nach Sorte und Erntejahr schwanken kann, lässt sich für Vollkorn keine Type definieren.
Der größte Unterschied zu anderen Mehltypen ist laut Florian Lutz, dass der komplette Keim enthalten ist. Deshalb enthalte es besonders viele Vitamine und ungesättigte Fettsäuren.
Ist Vollkornmehl besonders gesund?
Florian Lutz: „Es ist ernährungsphysiologisch wertvoller.“ Denn sonst würde der Umkehrschluss lauten, dass Weizenmehl 405 ungesund sei. „Das ist aber nicht der Fall. Es geht darum, wie und in welcher Menge ich es konsumiere.“
Schließlich könne auch eine Scheibe Vollkornbrot mit dicker Schokocreme ungesünder sein als ein gutes Weißbrot vom Handwerksbäcker, das mit Hüttenkäse und Tomate belegt sei.
Was hat es mit Gluten im Mehl auf sich?
- Gluten ist ein Sammelbegriff für eine Reihe natürlich vorkommender Eiweiße, die in bestimmten Getreidesorten enthalten sind. Allerdings nicht nur in Weizen, sondern auch in Roggen, Gerste und Dinkel.
- Manche Menschen leiden an einer Glutenunverträglichkeit (Zöliakie): einer Autoimmunerkrankung, bei der Gluten den Dünndarm schädigt. Der Vorteil von Dinkel ist laut Florian Lutz der, dass es auch von diesen Menschen vertragen werde. „Es enthält sogar mehr Gluten als Weizen, hat aber eine andere Zusammensetzung.“
- Gluten wird oft als „Klebereiweiß“ bezeichnet, da es für die elastische und dehnbare Konsistenz von Teigen verantwortlich ist. Je nach Backwerk und gewünschtem Effekt sollte man daher auch das Mehl auswählen.
Was eignet sich für welches Produkt?
- „Ab 550er gilt die Regel: Je höher die Type, umso schlechter die Kleberqualität, also umso weniger locker das Gebäck“, betont Lutz Geißler. Der Klebergehalt ist zu erkennen am Proteingehalt in der Nährwerttabelle. Die Kleberqualität ist allerdings nicht auf der Verpackung abzulesen – höchstens bei Spezialmehlen quasi „verschlüsselt“ in Form von Gebäckempfehlungen.
- Die Qualitätsunterschiede sind innerhalb einer Type von Hersteller zu Hersteller, Erntejahr zu Erntejahr und Sorte zu Sorte extrem unterschiedlich.
- Generell gilt: Weizenmehl 405 ist ein Konditoreimehl mit eher schlechten Klebereigenschaften, deshalb passend etwa für Mürbeteige oder Biskuitmassen, aber nicht zum Backen mit Hefe oder Sauerteig.
- Als kleberstärker gilt Weizenmehl 550 oder Dinkelmehl 630. Das eignet sich für besonders fluffiges Gebäck wie Brötchen, Hefekuchen, Zopf, Croissant, Baguette, Weiß- und Toastbrot.
- Type 405 ist somit kein Allrounder, der für alles passt. „Man sollte immer mindestens zwei Mehltypen im Haus haben“, rät Lutz Geißler. Denn sobald man mit Hefeteig arbeitet, reicht die 405 nicht mehr aus.
Was verbirgt sich hinter Tipo 00?
Hierbei handelt es sich um eine italienische Mehltype aus Weizen. Sie entspricht vom Mineralstoffgehalt dem deutschen 405er-Weizenmehl, hat allerdings einen stärkeren Kleber und bietet sich je nach Kleberqualität sehr gut für Pizza, Ciabatta oder Croissants an. Tipo 00 ist laut Florian Lutz leicht zu verarbeiten. „Allerdings kann man auch genauso mit Typ 405 oder 550 arbeiten.“
Eine Ausnahme bei der Verwendung seines Mehls macht Lutz allerdings beim Backen von Baguette und Croissants: Statt wie üblich eigenes Mehl aus der Region zu benutzen, verwendet er dafür französisches Mehl. Nicht zuletzt deshalb, weil sich nach seinen Worten auch Boden, Klima und angebaute Weizensorte auf das Produkt auswirkten.
Kann man statt Weizen- auch einfach Dinkel- oder Vollkornmehl nehmen?
Da gibt es durchaus Unterschiede. „Meistens kann man Weizen- durch Dinkelmehl eins zu eins ersetzen, in niedrigen Typenbereichen geht das relativ gut“, so Florian Lutz.
Damit das Dinkelgebäck nicht zu trocken werde, sollte man jedoch die Flüssigkeit in kleinen Schritten anpassen und vor allem die Teigruhezeiten verlängern, da die Wasseraufnahme von Dinkel schlechter ist als von Weizen. „Auch sollten die Knetzeiten verkürzt werden, da das Klebergerüst von Dinkel empfindlicher ist.“
Weizenmehl durch Vollkornmehl zu ersetzen, ist schwieriger, weil Vollkornmehl viel mehr Mineral- und Ballaststoffe besitzt. „Dadurch hat es mehr Quellstoffe und zieht deutlich mehr Flüssigkeit“, erläutert der Bäckermeister. Angepasst werden müssen dann Flüssigkeit, Teigruhe und Zubereitungszeit.