Prozess um Drogerie-Millionen

Mehr als eine Familiensache

Es geht um viele Millionen – Erwin Müller siegt gegen seine Adoptivkinder vor Gericht. Doch die mit seiner Person verbundene Erbfrage bleibt unbeantwortet, sagt Rüdiger Bäßler.

Wie geht es weiter bei der Drogerie-Kette Müller?

© dpa/Zucchi Uwe

Wie geht es weiter bei der Drogerie-Kette Müller?

Von Rüdiger Bäßler

Der Drogerieunternehmer Erwin Müller muss seinen drei erwachsenen Adoptivkindern kein Pflichterbe auszahlen. Mit dem Richterspruch vom Montag endet ein Verfahren, das nicht um des Klatsches innerhalb einer Reichenfamilie und ihrer ans Licht gekommenen Sottisen willen interessant war. Vielmehr ging es um die Ermittlung der Frage, die Erwin Müllers Ehefrau Anita im Vorfeld selber medienwirksam aufgebracht hatte: Ob die Ulmer Drogeriekette wirklich „platt“ wäre, würde diese Zivilklage gegen das Unternehmerehepaar Erfolg haben.

Müller ist persönlich haftender Gesellschafter

Erwin Müller fungiert innerhalb seiner verzweigten operativen Unternehmen praktisch ausnahmslos als persönlich haftender Gesellschafter. Das ist in dieser wirtschaftlichen Größenordnung selten und grundsätzlich begrüßenswert. Ein Eigentümer und Geschäftsführer, der für alle Schäden und Verluste mit seinem persönlichen Vermögen haftet, agiert verantwortungsvoller, aufmerksamer, engagierter. Das zumindest ist die Annahme. In einem wichtigen Punkt aber hat Müller diese Verantwortung bis heute vermissen lassen. Der 91-Jährige hat keinen Nachfolger von Format aufbauen können oder wollen. Auch seinen leiblichen Sohn hielt er nicht zur Leitung des Unternehmens befähigt. Zwar existiert eine österreichische Stiftung, deren Vorstand einmal die Leitungsfunktion übernehmen soll. Allerdings wechselten auch dort schon munter die Köpfe.

Diese späte Adoption mit ihren beiderseitigen, vor Gericht geäußerten Herz-Schmerz-Bekundungen hat für Außenstehende etwas Bizarres. Sie darf zumindest als Indiz dafür verstanden werden, wie sehr – und wie quälend – Erwin Müller die Frage umtreibt, was nach ihm werden soll. Dass er dafür nie eine Antwort gefunden hat und vermutlich auch nicht mehr finden wird, dürfte unter den rund 35 000 Beschäftigten des Unternehmens, die sich über die Zukunft ihrer Arbeitsplätze Gedanken machen, weiter beunruhigend wirken.

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Erstellt:
29. Juli 2024, 12:02 Uhr
Aktualisiert:
29. Juli 2024, 14:50 Uhr

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