Baden-Württemberg
Mehr Menschen in Gewässern im Südwesten ertrunken
Eins ist sicher: Die Seen sind es auch in diesem Sommer nicht. Zumindest nicht alle. Denn vor allem dort ertrinken viele Menschen Jahr für Jahr. Das hat sich auch im vergangenen Jahr nicht geändert.

© dpa/Marijan Murat
In Baden-Württemberg sind wieder mehr Menschen in Gewässern ertrunken. (Symbolbild)
Von red/dpa
In baden-württembergischen Seen, Flüssen und Bächen sind nach Zahlen der DLRG erneut mehr Menschen ertrunken als im Jahr zuvor. Insgesamt kamen 48 Menschen vor allem beim Baden ums Leben, das waren 4 mehr als im Jahr zuvor, wie die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) mitteilte.
Wie entwickelt sich die Zahl? Wo lauert das Risiko?
Die Opfer
Auf lange Sicht schwankt die Zahl der Ertrunkenen in Baden-Württemberg, mal geht sie zurück, mal steigt sie. Seit 2019 kennt sie allerdings nur noch eine Richtung. Deutlich mehr Menschen als im vergangenen Jahr starben zuletzt vor sechs Jahren, erklärte die DLRG, nach eigenen Angaben die größte Wasserrettungsorganisation der Welt. Damals kamen nach einem langen Sommer sogar 62 in baden-württembergischen Gewässern und Schwimmbädern ums Leben.
Entwicklung in anderen Regionen
Auch bundesweit legte die Zahl der Wasser-Opfer zu. Laut DLRG wurden im vergangenen Jahr 411 tödliche Unglücke in den Gewässern verzeichnet, das sind 31 mehr als im Jahr zuvor. „Damit zählt diese Statistik erstmals seit 2019 wieder mehr als 400 Opfer“, sagte DLRG-Präsidentin Ute Vogt. Mehr Menschen als im Südwesten starben nach Angaben der Organisation für Wasserrettung im vergangenen Jahr nur in Nordrhein-Westfalen (57) und in Bayern (70).
Gibts eine besonders gefährliche Zeit zum Baden?
Vor allem im Sommer wird das Risiko bei oft schwüler Hitze oder stechender Sonne immer wieder unterschätzt, warnen die DLRG-Lebensretter. Weit mehr als die Hälfte der tödlichen Unfälle ereignete sich in Baden-Württemberg in den drei Sommermonaten ab Juni, die meisten im überdurchschnittlich heißen August, als 15 Menschen starben, fast dreimal so viele wie im Jahr zuvor.
„Dieses Ergebnis sensibilisiert hoffentlich möglichst viele Menschen für die bevorstehende warme Jahreszeit“, sagte Vogt. Eltern kleiner Kinder will die DLRG in den kommenden Monaten auf besondere Gefahren aufmerksam machen.
Männer und Frauen
Etwas mehr als zwei von drei Opfern beim Baden sind Männer (68 Prozent). Im vergangenen Jahr waren zahlreiche der verunglückten Menschen zwischen 31 und 40 Jahre alt (12), es kamen auch viele Senioren ab 71 Jahren im Wasser ums Leben (14).
Wo ist es besonders gefährlich, ins Wasser zu steigen?
Ein Mann im Riedsee in Hüfingen im August, ein weiterer im Steißlinger See (Landkreis Konstanz) oder auch ein Badender in einem Baggersee nahe Karlsruhe - mit Abstand am häufigsten gehen Menschen in baden-württembergischen Seen unter, allerdings wird dort sicher auch am meisten geschwommen oder gesurft. Laut DLRG starben im vergangenen Jahr 26 Männer und Frauen in Seen, in Flüssen ertranken weitere 14 und in Schwimmbädern 3, darunter ein Mann in Lörrach.
Die DLRG warnt vor allem vor unbewachten Badestellen. „Ertrinken ist leise“, sagt Markus Mang. „Wenn niemand von Ihnen weiß, kann auch niemand helfen.“
Warum ertrinken auch Schwimmer?
Die Tücken der Gewässer können auch erfahrene Schwimmer in Gefahr bringen. Strömungen und Unterströmungen im Meer können sie aufs offene Wasser ziehen. Ein Schwimmer kann verkrampfen oder die Erschöpfung überkommt ihn. Nach DLRG-Angaben kann zudem kaltes Wasser die Atmung unkontrolliert beschleunigen. Gute Schwimmer unterschätzen auch manchmal Risiken oder schwimmen zu weit raus, ohne ausreichend Kraft zu haben für den Rückweg, sie können falsch urteilen, weil sie angetrunken sind oder in Panik geraten und die Orientierung verlieren.
Wie geht man beim Schwimmen auf Nummer sicher?
Nach Überzeugung der DLRG sind Menschen weniger gefährdet an Stellen, an denen die Rettungsschwimmer im Einsatz sind. „Gehen Sie vor allem dort schwimmen, wo Sie nicht alleine sind, am besten an bewachten Stellen“, sagt DLRG-Mitarbeiter Mang. „Gehen Sie nicht alleine. Und nutzen sie am besten eine Schwimmboje.“
Die aufblasbaren und signalfarbenen Bojen können mit einem langen Gurt am Körper befestigt und beim Schwimmen hinterhergezogen werden. Sie dienen bei Notfällen wie einem Krampf als eine Art Rettungsring und können bei Pausen als Polster genutzt werden.
Und wenn man auf einem Stand-up-Paddle unterwegs ist?
Die DLRG rät Wassersportlern wie zum Beispiel Stand-Up-Paddlern zudem, eine Schwimmweste zu tragen. Sie unterstützt mit ihrem Auftrieb beim Schwimmen und sorgt dafür, dass der Sportler an der Wasseroberfläche bleibt. Ein plötzlicher Sturz ins kühle Nass könne für einen aufgeheizten Körper lebensgefährlich werden, warnt die DLRG.
Wie viele Nichtschwimmer gibt es in Deutschland?
Insgesamt hat sich die Zahl der Grundschulkinder, die nicht schwimmen können, laut DLRG zwischen 2017 und 2022 bundesweit auf 20 Prozent verdoppelt. Auffällig sei dabei, dass die Schwimmfähigkeit sich je nach Einkommen der Eltern stark unterscheidet. Besonders groß ist die Zahl der Nichtschwimmer demnach in armen Haushalten.
Aber man lernt doch Schwimmen in der Schule?
Nur wenn man Glück hat. Und eigentlich hat sich das Land auch zum Ziel gesetzt, dass Schülerinnen und Schüler bis zum Ende ihrer Grundschulzeit Schwimmen gelernt haben sollten. Doch im vergangenen Schuljahr konnte nach Angaben des Kultusministeriums jede fünfte Schule keinen Schwimmunterricht anbieten. Die Lage habe sich aber im Vergleich zum Schuljahr 2018/2019 verbessert. Damals hatte noch knapp jede vierte Schule keinen Schwimmunterricht angeboten.
Gründe für den fehlenden Schwimmunterricht sind aus Sicht der Grundschulen der fehlende Zugang zu Wasserflächen oder fehlende qualifizierte Lehrkräfte.