Meister am Braukessel, Haudrauf am Ball
Karrieren abseits des Sports (13): Andreas Huber vom SV Unterweissach ist ein Mitspieler, den wohl alle Amateurfußballer gerne im Team hätten – weil der 30-Jährige ein zuverlässiger, vereinstreuer Typ ist und weil er stets den Biernachschub garantieren kann.
Von Steffen Grün
„Fußball ohne Bier ist wie Tennis“, lautet ein Spruch, den Andreas Huber sofort unterschreiben würde. Auch für ihn bilden Hopfenkaltschalen und die Hobbykickerei eine Symbiose. „Das Bier nach dem Spiel gehört dazu“, sagt er, um lachend und mit beinahe schwärmerischem Unterton fortzufahren: „Das Geräusch der klingelnden Flaschen im Kasten, der ums Eck getragen wird, habe ich im Ohr. Es ist eines der schönsten Geräusche der Welt.“ Mag sich etwas dick aufgetragen anhören, aber aus ihm spricht eben nicht nur der begeisterte Biertrinker, sondern auch der Braumeister vom Weissacher Tälesbräu. Wenn man so will, ist Bier also sein Beruf und deshalb hofft Andreas Huber „nicht ganz uneigennützig, dass auch in den höheren Ligen ab und zu eine Kiste in der Kabine steht“.
Nachfragen könnte er bei einem einstigen Mannschaftskameraden, der es wissen muss: „Ich habe in der F-Jugend mit Julian Schieber zusammengespielt.“ Mit dem Stürmer, der vom SV Unterweissach über die TSG Backnang den Sprung in die große Fußballwelt schaffte und für Stuttgart, Nürnberg, Dortmund, Berlin und Augsburg bisher 167 Bundesliga- und sogar 18 Champions-League-Duelle absolviert hat. Vergleichsweise kleine Erfolge sind es, die Huber große Freude bereiteten. „Ich habe in der Jugend mal ein Tor von der Mittellinie gemacht“, erinnert er sich. „Ein Fallrückzieher in Anführungszeichen“ fällt ihm auch noch ein. Pokale stemmte er in die Höhe, als es zum Sieg beim SVU-Turnier zum 75-Jahr-Jubiläum reichte, zudem „haben wir mit dem Brauerei-Team den ersten Tälescup gewonnen. Das wurde gefeiert wie ein Champions-League-Sieg“.
Dass ihn im Umgang mit dem runden Leder Lichtjahre von einem Profi wie Julian Schieber trennen, stört Andreas Huber kein bisschen: „Mir ging es immer vor allem um den Spaß und die Freundschaften. Meine engsten Freunde sind bis heute aus dem Fußballbereich, teilweise spielen wir seit der Jugend zusammen.“ Wie seinen beiden älteren Brüdern sei aber auch ihm ohnehin nicht das nötige Talent in die Wiege gelegt worden, gibt er zu bedenken und sagt lachend: „Wir Hubers können es gut, dem Gegner auf den Füßen zu stehen und das Spiel zu zerstören.“ Das reichte in seinem Fall in Unterweissach nie für die erste Mannschaft. Er schnürte die Kickstiefel für die Zweite oder die Reserve, im Moment ist die Dritte sein Einsatzgebiet, deren Trainer er auch schon mal war.
Braumeister Andreas Huber hat sein Hobby zum Beruf gemacht.
Es woanders zu versuchen, war für Andreas Huber dennoch kein Thema. Der gebürtige Backnanger, der mit seinen Eltern aber schon als Kind in die Tälesgemeinde zog, blieb seinem SVU treu. Obwohl erst 30 Jahre alt, wurde er bereits für 25 Jahre Mitgliedschaft geehrt. Sein Pass lag auch im Klubheim an der Jägerhalde, als er von 2011 bis 2017 im Freisinger Stadtteil Weihenstephan wohnte und mit einem Zweitspielrecht für die SG Eichenfeld kickte. Dass es den Schwaben nach Bayern verschlug, lag an seinem Studiengang: Brauwesen und Getränketechnologie, das gibt’s nicht überall. Als begeisterte Hobbybrauer hatten Sohn und Vater schon viel ausprobiert, doch die Idee, die Leidenschaft zum Beruf zu machen, musste erst reifen. Nach der Realschule machte Andreas Huber eine Ausbildung zum Industriemechaniker, die Abschlussfahrt beinhaltete eine Brauereiführung bei Spatenbräu in München. Daran erinnerte er sich, als er nach dem nachgeholten Abitur zunächst an ein Maschinenbaustudium dachte und rechtzeitig erkannte, „dass ich ein Generalist bin, vor allem in Naturwissenschaften“.
An der Stelle sieht er eine Parallele zum Fußball, denn da hat er in der Offensive und Defensive auch schon viele Positionen eingenommen. Sogar im Tor stand er mal, als in seiner Dritten alle Keeper ausfielen und ihm als Coach nichts Besseres einfiel. Ihn auf dem Platz überall hinstellen zu können, bedeutet aber wohl auch, dass er alles ein bisschen und nichts perfekt kann. Das würde im Beruf nicht reichen, denn da ist eine breite Kenntnis in vielen Bereichen die Grundvoraussetzung, um ein guter Braumeister zu sein. Wer meint, es genüge bereits, gerne Bier zu trinken, irrt gewaltig. „Es geht sehr tief in die Materie rein“, betont Huber: „Ich habe gelernt, eine Brauerei zu bauen, zu führen und Bier zu brauen.“ Den Gerstensaft selbst zu mögen, ist natürlich auch ein Plus, verlangt während des Studiums aber viel Disziplin, „denn es gibt viele Möglichkeiten, Bier zu trinken und man sollte längst nicht alle nutzen“. Das scheint geklappt zu haben, denn er hat den Bachelor und den Master längst in der Tasche und erfüllte sich mit der Brauerei in der Heimat einen Traum.
Ein Traum ist es auch für die Mitspieler, einen derartigen Bierprofi in den eigenen Reihen zu wissen. Mittlerweile zumindest, denn als Huber noch ein Lernender war, „waren die Teamkollegen teilweise meine Versuchskaninchen. Da waren auch sonderliche Kreationen dabei, für die ich fast gesteinigt wurde“. Erfahrungen, die beiden Seiten halfen. Während die Mitspieler die Vielfalt der Bierkultur zu schätzen lernten, konnte der angehende Brauer live erleben, was ankommt und was durchfällt. Inzwischen ist die Qualität über jeden Zweifel erhaben. Umso größer ist die Freude, „dass ich öfter mal ein Kistchen mitbringe“. Vor allem dann, wenn über ihn und seine Firma berichtet wird, die Kollegen es registrieren und deshalb eine sogenannte „Zeitungskiste“ fällig wird. Heute rechnet Huber wieder damit, „dass ich schon morgens viele Nachrichten auf dem Handy habe“, in denen die nächste Kiste gefordert wird.
Die Erwartungshaltung bleibt aber im Rahmen, vielmehr sind die Kumpels auch gute Kunden. Weil die Brauerei nur einen Steinwurf vom Sportplatz weg ist, „hält öfter einer auf dem Weg zum Training und kauft eine Kiste. Clever, dass wir genau da gebaut haben“, grinst Huber. Auch wenn das Bier zu späterer Stunde aus ist, ist der Weg nicht weit, „aber das ist länger her, das war zu unseren wilderen Zeiten“. Seine exponierte Rolle im Hopfenteebereich nutzte er auch schon zur Motivation: „Ich habe mal einen Liter pro Punkt aller drei Aktiven-Teams ausgelobt.“ Beim Saisonabschlussfest rann der Lohn ratzeputz die Kehlen hinab, denn wie lautet der Spruch: „Fußball ohne Bier ist wie Tennis.“
In dieser Serie stellen wir Athleten in ihrem Berufsalltag vor. Dabei geht es um bekannte Sportler und um solche, die ungewöhnliche Jobs haben oder bei der Arbeit besonders erfolgreich sind. Weitere Kandidaten können sich unter sportredaktion@bkz.de melden.