CDU-Aschermittwoch in Fellbach

Merz’ Schulden-Wumms verhagelt der CDU nicht die Laune

Beim Aschermittwoch in Fellbach nimmt die Südwest-CDU die Landtagswahl in den Blick und bläst zur Attacke auf die Grünen. Im Eifer des Gefechts outet Gastredner Carsten Linnemann sogar den Spitzenkandidaten.

CDU feiert Aschermittwoch in Fellbach noch im  Siegestaumel nach der Bundestagswahl.

© dpa/Bernd Weißbrod

CDU feiert Aschermittwoch in Fellbach noch im Siegestaumel nach der Bundestagswahl.

Von Bärbel Krauß

Eigentlich ist am Aschermittwoch die Sause vorbei. Aber mit dem gigantischen Investitionspaket, das die Sondierer der schwarz-roten Koalition unter dem wahrscheinlichen künftigen Kanzler Friedrich Merz beschlossen hat, kann einem auch zum traditionellen politischen Abschluss der närrischen Zeit der Satz in den Sinn kommen, dass die Party erst richtig los gehen könnte.

Deshalb klingt es zwar wie immer, als der Musikverein Fellbach und der Spielmannszug Weinstadt schmissige Märsche und romantische Schlager spielen, um für Stimmung in der Halle zu sorgen. Doch spannend ist schon wie der Generalsekretär der Bundes-CDU Carsten Linnemann und Landeschef Manuel Hagel erklären, dass ausgerechnet der Christdemokrat Friedrich Merz, dessen starke Verankerung im Land auf seinem Profil ökonomischer Kompetenz und Vernunft gründet, das erste Billionen-Schuldenpaket mindestens seit der deutschen Wiedervereinigung zu beschließen sich anschickt.

In Fellbach hängt der Himmel voller CDU-Fahnen

Der Dachstuhl-Himmel in der Alten Kelter, wo die Christdemokraten im Südwesten ihren Aschermittwoch traditionell feiern, hängt voller hellblauer CDU-Fahnen. Mit dem jüngsten Wahlerfolg – dem besten CDU-Ergebnis aller Landesverbände – ist das Selbstvertrauen der Südwest-CDU in der Halle von Anfang an spürbar. Dennoch begrüßt die CDU-Pressesprecherin Susanne Stehle sowohl den CDU-Generalsekretär der Bundes-CDU Carsten Linnemann als auch Landeschef Manuel Hagel im Stil eines Boxpromotors mit Betonung auf der lang gezogenen zweiten Silbe des Vornamens. Zu erklären werden haben die beiden etwas nach den schwarz-roten Vereinbarungen des Vorabends mit dreistelligen Milliardensummen für Verteidigung, Infrastruktur, neuen Verschuldungsrechten für die Länder und der Ankündigung, die Schuldenbremse mittelfristig ganz grundsätzlich zu reformieren.

Vergessen ist nicht, dass Merz im Wahlkampf eine Lockerung der Schuldenbremse strikt abgelehnt und der CDU-Landeschef Manuel Hagel ihr sogar eine Ewigkeitsgarantie ausgesprochen hat. Auf den Bierbänken kann man Besuchern des Aschermittwoch und auch hochrangigen CDU-Politikern zuhören, wie sie verdutzt von den Berliner Beschlüssen vom Vorabend Fragen zu diesem Thema hin und her wenden.

Siegfried Lorek, für Migration zuständiger Staatssekretär im Justizministerium und Kreisvorsitzender in Fellbach, macht den Einheizer. Er bezeichnet den designierten grünen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl Cem Özdemir als „trojanisches“ Pferd der grünen Bundespolitik und freut sich daran, dass die Deutschen ausweislich der Bundestagswahl „keine Selbsthilfegruppe in Berlin mehr wollen, sondern eine leistungsfähige Regierung“.

Hagel problematisiert Gerede von der Brandmauer

Dann hat Hagel das Wort. Er beginnt mit Mannheim. „Schon wieder Mannheim, schon wieder Tote, schon wieder bei uns.“ Nach der Gedenkminute fordert er, dass die öffentlichen Plätze wieder sicherer werden und Datenschutz und solche Dinge die Politik nicht mehr behindern dürften. „Lebensschutz ist wichtiger als Datenschutz“, wetterte er mit überkippender Stimme bei aufrauschendem Beifall in den Saal. Die Landtagswahl in einem Jahr fest im Auge, wiederholt Hagel feste Bestandteile seines Wahlkampfarsenals. Dass die Politik sich viel zu lange um die gekümmert habe, die den ganzen Tag demonstrierten, die CDU sich dagegen denjenigen zuwenden werde, „die dazu keine Zeit haben, weil sie beim Schaffen sind“. Außerdem wettert er gegen das „undemokratische“ Bundestagswahlrecht, und irregeleitete politische Korrektheit, die sogar seine Narrenzunft „Wilde Weiber“ in „Wilde Frauen“ umbenennen wolle. Damit tritt er nicht nur den Ton, der dem Publikum in der Alten Kelter Bravos und donnernden Applaus entlockt. Carsten Linnemann outet ihn später geradezu als den – noch nicht offiziell gekürten – CDU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl. In der Auseinandersetzung mit der AfD problematisiert Hagel „das Gerede von der Brandmauer“. Die ganze Ausgrenzerei der vergangenen Jahre habe nichts gebracht. Es gehe darum, „den Brand hinter der Brandmauer endlich zu löschen“. Für die billionenschwere Schuldenwende von Friedrich Merz hat er nur ein Wort: Angesichts der wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Herausforderungen sei der Beschluss vom Dienstagabend „okay“.

Linnemann lobt die Baden-Württemberger

In der Alten Kelter gibt es Jubel und stehende Ovationen für den Hoffnungsträger. Auch Carsten Linnemann macht sich Hagels Methode zu eigen, am elefantösen Schuldenbeschluss fast komplett vorbeizureden. Außerdem weiß auch er, wie man dem Publikum Zucker verabreicht. Nicht nur, dass er die „besten Abgeordneten im Bundestag“ als aus dem Ländle stammend identifiziert, er lobt natürlich den Landesverband für das beste Bundestagswahlergebnis bundesweit. Das neue Wahlrecht, dessentwegen einige Parlamentarier aus dem Land nicht nach Berlin zurückkehren können, nennt er eine „absolute Schweinerei“. Mit Friedrich Merz als letztem Kanzler werde Schluss sein mit der übergriffigen, arroganten Politik der Grünen. Führen werde der, in Deutschland und Europa. Liefern müsse die neue Regierung, Ausreden dürften nicht mehr gelten.

Drei Grundsätze würden ab jetzt gelten: Der Staat müsse sich wieder auf seine Kernaufgaben konzentrieren. Die Bürger müssen wieder mehr netto vom Brutto haben und in Deutschland dürften „nicht mehr alle Probleme mit Geld zugeschüttet werden“. Erläuterungen, wie das mit der Schuldenwende vom Vortag zusammenpasst? Fehlanzeige.

Zum Artikel

Erstellt:
5. März 2025, 13:18 Uhr
Aktualisiert:
5. März 2025, 15:21 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen