Mehrheit mit AfD im Bundestag

Merz‘ Tabubruch – und wie er die Republik verändert

Ein Antrag der Union für eine schärfere Migrationspolitik wird auch mit Stimmen der AfD angenommen. Nie konnte sich die AfD so mächtig fühlen wie heute. Das wird dauerhaft politische Folgen haben, kommentiert unser Hauptstadtkorrespondent Tobias Peter.

Ein Unionsantrag zur Verschärfung der Migrationspolitik hat eine Mehrheit bekommen – auch mit Stimmen der AfD.

© AFP/John MacDougall

Ein Unionsantrag zur Verschärfung der Migrationspolitik hat eine Mehrheit bekommen – auch mit Stimmen der AfD.

Von Tobias Peter

Es war ein bewegender Moment, als der Kanzler Olaf Scholz über eine Begegnung am Tag nach der Gewalttat von Aschaffenburg berichtete. Ein Mann aus Afghanistan hatte ihm gesagt, er wolle dem Kanzler und allen Deutschen versichern: Diese Tat erschüttere ihn wie alle anderen. Es sind auch die gut integrierten Menschen mit Einwanderungsgeschichte, für die eine gelungene Debatte über die Migrationspolitik wichtig ist.

Ist das im Bundestag gelungen, als über die Gewalttat von Aschaffenburg und ihre Folgen gesprochen wurde? Nein. Groß ist die gegenseitige Verachtung der politischen Kontrahenten. Es ist schlimm genug, dass in dieser Legislaturperiode beim Thema Migration keine gemeinsamen Lösungen in der politischen Mitte gefunden wurden. Doch was am Mittwoch im Bundestag zu hören und zu beobachten war, wirft die Frage auf, wie es den demokratischen Parteien nach der Wahl überhaupt gelingen soll, zusammenzukommen. Insbesondere, aber nicht nur beim Thema Migration.

Für diese Zerrüttung trägt Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz eine große Verantwortung. Wer ihn kennt, weiß, dass er nicht mit der AfD koalieren will. Aber mit der Ansage, es sei ihm egal, ob für seinen Antrag zur Migrationspolitik eine Mehrheit auch mit Stimmen der AfD zusammenkomme, hat Merz ein Tabu gebrochen. Dass diese Mehrheit zustande gekommen ist, wird dauerhaft Spuren im politischen System hinterlassen. Die Republik hat sich an diesem Tag derart verändert, dass sich Historiker noch damit beschäftigen werden.

Wer die Tür zur Zusammenarbeit auch nur einen Spalt weit aufmacht, muss befürchten, dass sie irgendwann kraftvoll aufgestoßen wird. Die in Teilen rechtsextreme AfD konnte sich nie so mächtig fühlen wie in dieser Woche. Das hat dauerhaft politische Folgen – nicht nur für Menschen mit Migrationshintergrund.

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Erstellt:
29. Januar 2025, 18:24 Uhr
Aktualisiert:
29. Januar 2025, 19:14 Uhr

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