Halbleiterproduktion

Mikrochips sichern Taiwan das Überleben

Während US-Präsident einmal mehr Strafzölle verteilt, versuchen Unternehmen damit umzugehen. Der taiwanische Chiphersteller TSMC sieht sich gedrängt, weiter im Ausland zu investieren. Dem bedrohten Heimatland Taiwan würde das schaden.

Flottenmanöver Rotchinas im Oktober 2024 –  die Drohung ist unmissverständlich.

© Uncredited/Taiwan Coast Guard/TA/Uncredited

Flottenmanöver Rotchinas im Oktober 2024 – die Drohung ist unmissverständlich.

Von Felix Lill

Mitte Februar wurde bei der Taiwan Semiconductor Manufacturing Corporation – besser bekannt unter der Abkürzung TSMC – Firmengeschichte geschrieben. Erstmals im 38-jährigen Bestehen des Chipherstellers wurde ein Meeting der Unternehmensführung nicht mehr im Heimatland Taiwan abgehalten, sondern im US-amerikanischen Bundesstaat Arizona. Schließlich hatte TSMC dort um die 65 Milliarden US-Dollar investiert, um drei große Halbleiterfabriken zu bauen. Seitdem fragt man sich: Was würde noch alles kommen?

Trumps Drohung mit Zöllen greift auch in Taiwan

Wird TSMC – der weltweit mit großem Abstand führende Fertiger der anspruchsvollsten Chips – immer mehr seiner Produktion aus Taiwan abziehen und diese in andere Länder verschieben? Darauf hat jedenfalls schon die Ortswahl für das jüngste Treffen der Konzernführung schon gedeutet. Zumal der Präsident der USA, wo Arizona liegt, seit kurzem wieder Donald Trump heißt – jener Mann also, der schon nach seinem ersten Amtsantritt als Präsident vor acht Jahren weltweit Strafzölle verteilte, und dies nun wieder tut.

Wo der Zusammenhang liegt? Seit Ende Januar, als der Rechtspopulist Trump erneut Präsident der USA geworden ist, müssen diverse Staaten, die in hohem Ausmaß Produkte in die USA exportieren, wieder in mehreren Branchen Strafzölle fürchten: Dazu gehören neben den Staaten der EU auch China, Japan und Südkorea. Gegenüber Taiwan hat Trump gar Strafzölle von bis zu 100 Prozent auf den wohl bedeutendsten Sektor des Staates angedroht: auf Halbleiter.

Donald Trump scheint besessen vom Gedanken, dass möglichst viele Produkte, die man in den USA verarbeitet oder konsumiert, auch in den USA hergestellt werden. So will er Jobs ins Land holen und die USA autark machen – womöglich um den Preis teurerer Herstellungskosten. Um dies zu erreichen, wählt Trump als Maßnahme die Erhebung von Zöllen. Denn so wird der Export eines Produkts in die USA teurer. Verlagert ein Unternehmen aber direkt in die USA, fallen bei der Fertigung eben keine Zölle mehr an.

Dabei ist das Verhalten Donald Trumps für Taiwan viel mehr als nur ein ökonomisches Ärgernis um Standortpolitik. Der Inselstaat vor der Küste Festlandchinas sieht sich in seiner Existenz bedroht. Der von Peking aus regierte Ein-Parteienstaat Volksrepublik China – besser bekannt als China – sieht die Republik als China – meist Taiwan genannt – sein Eigen. Seit Jahren droht der Nachbar immer wieder mit einer Invasion. Ein Grund, der China vor einem Angriff zurückschrecken lässt, ist wohl die Chipindustrie Taiwans.

Chipindustrie gilt als eine Art Lebensversicherung für Taiwan

Denn die würde bei einem Angriff auf Taiwan wohl zum Erliegen kommen – was für die Weltwirtschaft ein Desaster wäre. Denn Halbleiter – oder Mikrochips – sind in allen möglichen Elektroprodukten enthalten, von Smartphones über Kühlschränke bis zu Autos. Und rund die Hälfte der globalen Produktion entfällt auf Unternehmen aus Taiwan, im Segment der anspruchsvollsten Halbleiter liegt der Anteil gar bei rund 90 Prozent. Auch China braucht die Chips und ihre zuverlässige Wertschöpfungskette.

Daher gilt die Chipindustrie bisher auch als eine Art Lebensversicherung für Taiwan: Ein Angriff wäre für China bis auf Weiteres wohl ökonomisch zu gefährlich. Da sich aber diverse andere Staaten dennoch gegen das Szenario eines chinesischen Angriffs auf Taiwan absichern wollen, haben sie in den vergangenen Jahren versucht, insbesondere den Branchenprimus TSMC zum Bau neuer Fertigungsstätten im Ausland zu bewegen. Deutschland zum Beispiel hat mit großen Förderprogrammen eine Fabrik nach Dresden geholt, Japan nach Kumamoto, die USA nach Arizona.

Trump schwärmt für das Engagement TSMCs in den USA

Und neuerliche Strafzölle aus den USA lösen für Taiwans Chiphersteller nun weitere Sogwirkung aus, was Taiwans geopolitische Lage umso prekärer macht. Mehrere Analysten haben schon länger eine weitere Orientierung taiwanischer Industrie ins Ausland erwartet. TSMC aber hat immer wieder erklärt, nach den letzten Investitionen keine weiteren Fabriken in den USA eröffnen zu wollen. Bis zu Beginn dieser Woche.

Am Montag dann erklärte Donald Trump, dass TSMC nach den bisherigen 65 Milliarden US-Dollar (rund 60 Milliarden Euro) nun noch 100 weitere Milliarden in Fabriken auf US-amerikanischem Boden investieren will. „Dies ist ein enormer Schritt des mächtigsten Unternehmens der Welt“, schwärmte Trump, während er TSMC-Chef C.C. Wei in Washington empfing. In den USA sollen damit Tausende Arbeitsplätze entstehen. Trump hatte im US-Wahlkampf noch behauptet, Taiwan habe der USA ihre Chipindustrie gestohlen. Jetzt holt er sie zurück.

TSMC reklamiert die anspruchsvollsten Chips für Taiwan

„Es ist eine Frage der ökonomischen Sicherheit“, sagte Trump. Wobei der US-Präsident in dieser Hinsicht vor allem – oder ausschließlich – an die Sicherheit der USA denkt, kaum an jene Taiwans. Der Regierung des ostasiatischen Inselstaats bereitet die Industriepolitik seit Jahren Kopfzerbrechen. Bisher hat TSMC stets argumentiert, dass die anspruchsvollsten Chips weiterhin nur auf taiwanischem Boden produziert würden. So soll auch Taiwans „Halbleiter-Schutzschild“ weiter seine Wirkung behalten.

Wie lang dies nach der jüngsten Verkündung noch seine Gültigkeit hat, ist allerdings unklar.

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Erstellt:
10. März 2025, 16:12 Uhr

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