Ministerin reklamiert „Faulen Pelz“ für Uni

dpa/lsw Heidelberg. In der romantischen Heidelberger Altstadt soll eine Anstalt für psychisch kranke Straftäter geschaffen werden. Dafür soll das ehemalige Gefängnis „Fauler Pelz“ reaktiviert werden. Das Vorhaben entzweit jetzt auch grüne Minister.

Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) spricht bei einer Pressekonferenz. Foto: Bernd Weißbrod/dpa/Archivbild

Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) spricht bei einer Pressekonferenz. Foto: Bernd Weißbrod/dpa/Archivbild

Die mögliche Nutzung eines ehemaligen Gefängnisses für den Maßregelvollzug in Heidelberg sorgt nun auch für Streit im Kabinett. Sie halte nichts von den Plänen des Sozialministers Manne Lucha (Grüne), den leerstehenden Komplex namens „Fauler Pelz“ wieder für Straftäter zu aktivieren, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) am Freitag. Lucha hatte nach dem Ausbruch von vier Männern aus dem Maßregelvollzug in Weinsberg den Ausbau der Kapazitäten an zwei Standorten angekündigt und dabei einzig Heidelberg genannt. Vor Bauer hatten sich die Spitzen von Universität und Stadtverwaltung gegen die Reaktivierung des Gefängnisses im Landesbesitz ausgesprochen.

Die Ministerin betonte: „Der „Faule Pelz“ liegt mitten in der Altstadt und in unmittelbarer Nähe zu geisteswissenschaftlichen Fächern der Universität, die unter erheblicher Raumnot leiden.“ Der Flächenbedarf sei schon lange anerkannt und das Areal bestens für Studierende, Doktoranden und Wissenschaftler geeignet. „Eine entsprechende Nutzung ist vereinbart und die Vorbereitungen dazu sind im Gange“, so die Landtagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Heidelberg.

Der Heidelberger Uni-Rektor Bernhard Eitel bläst in dasselbe Horn. Er sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Ich sehe die Zwangslage von Sozialminister Lucha, halte die Idee aber für nicht realisierbar.“ Auch bei Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) kommen die „besorgniserregenden“ Äußerungen nicht gut an. „Wir hatten große Hoffnungen in eine attraktivere Nachnutzung durch das Land gesetzt.“ Mitten in der Altstadt psychisch kranke oder suchtkranke Straftäter unterzubringen, halte er für problematisch. Lucha will in Heidelberg rund 75 Plätze für den Maßregelvollzug schaffen.

Rektor Eitel verwies auf die bereits jahrelangen Planungen mit dem Ziel, für die Geisteswissenschaften in direkter Nachbarschaft zum Altstadtcampus mehr Raum bereitstellen zu können. Unter anderem für die Fächer Geschichte und Kunstgeschichte sowie eine große Zahl von Doktoranden seien bereits mehrere hundert Arbeits- und Forschungsplätze in dem bis zu 3000 Quadratmeter großen Komplex vorgesehen. Alternative Standorte im Besitz des Landes gebe es nicht, lediglich die Anmietung von Gebäuden sei noch möglich. Das sei aber sicherlich nicht im Sinne des Finanzministeriums, das die Liegenschaften des Landes verwaltet.

Das Geschehen zeige, so Rektor Eitel, wie lang Planungs- und Genehmigungsverfahren zwischen Bauamt Heidelberg und dem Land als Eigentümer dauerten. Bei schnelleren Abläufen hätte sich die Frage einer anderen Nutzung der 1848 in Betrieb genommenen und 2015 aufgegebenen Anstalt gar nicht gestellt.

Ressortchef Lucha betonte, die Nutzung durch die Universität werde nicht in Frage gestellt. „Aber wir wollen, bis die universitären Planungen umgesetzt werden können, was sicherlich noch zwei bis drei Jahre dauern wird, diese leerstehende Einrichtung für den Maßregelvollzug nutzen.“ Schnelle, pragmatische Lösungen seien gefragt, um die zusätzliche Unterbringung der vom Gericht zugewiesenen Patienten zu gewährleisten.

Bauer konterte: Eine Übergangsnutzung bis Ende 2024 für den Maßregelvollzug sei nicht realistisch. Dafür wären sowohl rechtliche als auch bauliche Voraussetzungen zu schaffen, die Geld und Zeit bräuchten. „Es macht keinen Sinn, einen solchen Aufwand zu treiben, um dann in drei Jahren das Gebäude wieder zu räumen für die Universität.“ Auch Eitel und Würzner befürchten eine Dauernutzung, wenn einmal in die Modernisierung der Gebäude investiert worden sei.

© dpa-infocom, dpa:211015-99-609538/4

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Erstellt:
15. Oktober 2021, 14:22 Uhr

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