Sexueller Missbrauch von Behinderten: Ex-Pfleger verurteilt
dpa/lsw Stuttgart. Ein Heilerziehungspfleger hat über Jahre hinweg geistig behinderte Frauen missbraucht. Es sei eine Sucht gewesen, sagt er selbst. Jetzt tritt er seine Strafe an.

Auf einer Richterbank liegt ein Richterhammer. Foto: Uli Deck/dpa/Symbolbild
Ein ehemaliger Pfleger ist wegen sexuellen Missbrauchs und Vergewaltigung von Behinderten zu vier Jahren Jugendstrafe verurteilt worden. Das Landgericht Stuttgart ordnete am Freitag außerdem an, den Angeklagten zur Behandlung seiner Sexsucht auf unbestimmte Zeit in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen.
Der 30-Jährige hatte eingeräumt, in einer Einrichtung in Deckenpfronn (Kreis Böblingen) mehrere schwer geistig behinderte Frauen missbraucht zu haben. Zudem hatte er sich von 2012 bis 2014 an zwei Kindern in Überlingen (Bodenseekreis) vergangen. Er befürwortete selber die Unterbringung in einer forensischen Klinik, da er sich damals selbst gestellt habe und für die Taten Verantwortung übernehmen wolle.
Das Gericht folgte dem Bericht des Gutachters, der dem gelernten Heilerziehungspfleger eine schwere sexuelle Störung bescheinigt hatte. Die Vorsitzende Richterin Sina Rieberg sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte wegen seiner Sexsucht vermindert schuldfähig war. Sie betonte, dass es ohne die Selbstanzeige im Januar dieses Jahres wohl nie zu einer Anklage gekommen wäre.
Der Mann hatte am ersten Verhandlungstag seinen Anwalt ein umfangreiches Geständnis vorlesen lassen und die Opfer um Verzeihung gebeten. Die missbrauchten Frauen wurden außerhalb des Gerichtssaals von einer Gutachterin befragt.
Laut Urteilsbegründung geht die Strafkammer davon aus, dass der Angeklagte tatsächlich reinen Tisch machen und sich selbst vor weiteren Straftaten schützen wollte. „Das Gericht hat dem Geständnis eine massive Wirkung bemessen“, sagte die Richterin. Der 30-Jährige sei nach dem Jugendstrafrecht zu verurteilen, weil seine „Tatwurzeln“ weit zurück in der Jugend lägen. Zum Zeitpunkt der ersten Straftaten war er erst 14 Jahre alt.
Die Kammer wollte den Angeklagten aber auch nicht ohne eine Haftstrafe verurteilen: Nur eine Einweisung in die Psychiatrie wären „den Taten nicht gerecht geworden“. Ohne eine Behandlung wäre der Angeklagte aber eine bleibende Bedrohung für die Gesellschaft. Das Gericht will regelmäßig prüfen, ob die Therapien Wirkung zeigen, und entscheiden, wann sich eine Haft anschließt.
Der Verteidiger hatte eine Jugendstrafe von dreieinhalb Jahren beantragt. Die Staatsanwaltschaft hatte fünf Jahre gefordert.