Mit dem Flugtaxi vom Airport in die Innenstadt
Das Bruchsaler Start-up Volocopter kooperiert mit dem Frankfurter Flughafen
Zusammenarbeit - Volocopter entwickelt mit dem Flughafenbetreiber Fraport Konzepte für den Betrieb von Flugtaxis. Die könnten in nicht allzu ferner Zukunft in Frankfurt abheben und landen.
Bruchsal Das Bruchsaler Start-up Volocopter, an dem auch der Stuttgarter Autobauer Daimler beteiligt ist, arbeitet mit dem Flughafenbetreiber Fraport zusammen. Es geht dabei um elektrische Flugtaxis, die in nicht allzu ferner Zukunft auch über dem größten deutschen Flughafen schweben sollen. Gemeinsam wollen die beiden Unternehmen Konzepte für die Bodeninfrastruktur und den Betrieb von Flugtaxis an Flughäfen entwickeln, heißt es in einer Mitteilung der Unternehmen. „Die optimale Anbindung des Stadtzentrums an den Flughafen ist eine riesige Herausforderung für fast alle Großstädte dieser Welt. Gemeinsam mit Fraport nun die erstmalige Umsetzung eines Flugtaxidienstes an einem der wichtigsten Flughäfen Europas anzugehen ist großartig“, sagt Volocopter-Chef Florian Reuter. Dabei setzte man auf die Expertise von Fraport, den Volocopter-Service sicher und effizient in die komplexen Prozesse eines internationalen Großflughafens zu integrieren.
Auch Anke Giesen, Vorstandsmitglied von Fraport, hält große Stücke auf die Partnerschaft: „Dasautonome Fliegen wird die Luftfahrt grundlegend verändern. Wir wollen als erster Flughafen Europas das Potenzial des elektrischen Flugtaxis gemeinsam mit dem Pionier Volocopter erschließen zum Vorteil unserer Fluggäste und der Region Frankfurt/Rhein-Main.“ Im Vordergrund der Zusammenarbeit von Volocopter und Fraport stehen die reibungslose Fluggastabfertigung sowie die effiziente Anbindung an die bestehende Verkehrsinfrastruktur. „Wir wollen Teil des öffentlichen Nahverkehrs sein und können von Fraport lernen, die täglich Tausende Menschen durch den Flughafen schleusen“, sagt eine Volocopter-Sprecherin. Es gehe doch darum, langfristig Leute möglichst nahe an ihr Ziel zu bringen. Das wird bei der Zusammenarbeit beispielhaft an einem sogenannten Volocopter-Port – einer Start- und Landebasis – untersucht. Diese könnten in Zukunft Knotenpunkte in Städten miteinander verbinden – auch eine Verbindung vom und zum Flughafen Frankfurt soll geprüft werden, heißt es weiter. Solche Landebasen sind etwa an Einkaufszentren, Hotels oder Bahnhöfen denkbar.
Zunächst müssten Sicherheitsfragen und technische Voraussetzungen mit allen Beteiligten abgeklärt werden. Die Volocopter-Sprecherin rechnet damit, in den nächsten zwei Jahren die Zulassung für die Aufnahme des Regelverkehrs durch die europäische Flugsicherheitsbehörde EASA zu bekommen. Eine Fraport-Sprecherin nannte indes einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren. Ein Testbetrieb ist schon früher möglich.
Volocopter hat schon Erfahrung mit Tests: Bereits im September 2017 ist das gleichnamige Flugtaxi erstmals geschwebt, wenn auch nicht in Deutschland, sondern zwischen den Hochhäusern Dubais, der Millionenstadt am Persischen Golf. Bei den Testflügen in Dubai konnte Volocopter nach eigenen Angaben beweisen, dass sein elektrisch betriebener und senkrecht startender Multikopter den Anforderungen der sogenannten Urban Aerial Mobility (das bedeutet so viel wie Luftfahrt in der Stadt) gerecht wird. Noch dieses Jahr wird auch in Singapur getestet.
Der Volocopter basiert auf Drohnentechnologie, bietet Platz für zwei Personen und „eigne sich durch leises und emissionsfreies Fliegen ideal für den Stadtverkehr“, so das Unternehmen. Der Flughafen Frankfurt – als bedeutendstes deutsches Luftverkehrsdrehkreuz mit mehr als 69,5 Millionen Fluggästen im vergangenen Jahr – biete ideale Rahmenbedingungen für diese innovative Kooperation. Fraport verfügt über langjährige Expertise im Flugbetrieb, insbesondere bei Bodeninfrastruktur, Bodenabfertigung sowie Terminal- und Passagierservices. Im Rahmen des Programms „FraDrones“ erprobte der Flughafenbetreiber bereits Szenarien zur betrieblichen Nutzung von Drohnen. Fraport ist an 30 Flughäfen auf vier Kontinenten aktiv.
Flugtaxis haben offenbar Zukunft. Nach einer Studie der Stuttgarter Unternehmensberatung Horváth & Partners sollen schon in sechs Jahren die ersten Flugtaxis über den großen Metropolen dieser Welt schweben. „Schon 2025 werden Flugtaxis in großen Städten auf ersten, festgelegten Routen Passagiere transportieren“, prognostiziert Studienleiter Daniel Guffarth. Vorreiter werden Megacitys ab zehn Millionen Einwohnern wie etwa Shanghai oder Peking sein oder Metropolregionen mit dieser Bevölkerungsdichte. In Deutschland könnten sich Pilotstrecken auf stark strapazierten Pendlerstrecken durchsetzen, etwa in der Rhein-Ruhr-Region.
Auch Autohersteller sind im Boot – das zeigt nicht nur die Daimler-Beteiligung an Volocopter. Audi und Airbus haben gemeinsam ein modulares Flugauto entwickelt. „Automobilhersteller punkten durch Markenbekanntheit, Kundennähe und vielfach positive Erfahrungen in puncto Qualität und Sicherheit. Gerade deutsche Premiumhersteller verfügen hier über einen Vertrauensvorschuss“, sagt Guffarth. Den Analysen zufolge ist die Akzeptanz der Bevölkerung bei selbstfliegenden Passagierdrohnen höher als bei selbstfahrenden Autos. Flugtaxis werden laut Horváth zu einem Milliardengeschäft. Die Produktion der Flugtaxis wird nur fünf Prozent Wertschöpfung ausmachen, der Betrieb maximal ein Drittel. Der Löwenanteil mit 55 Prozent entfällt auf Flugvermittlung und begleitende Services – etwa Gastronomie- und Entertainmentangebote in den Flugkapseln oder auch die Beförderung zu oder von den Flugtaxihaltestellen.